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Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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mit euch beiden? Habt ihr zwei hier draußen heute Nachmittag irgendwelche Probleme? «
    » Ähm, nein, eigentlich nicht. « Weder schwang der Typ den Schläger, noch machte er sonst irgendwie bedrohliche Gesten, doch ich konnte nicht umhin, mir ziemlich bewusst zu sein, dass er den Schläger überhaupt hatte.
    » Denn wenn « , fuhr Mr. Silver fort, » falls du je Probleme irgendwelcher Art hast? Kann ich mich, zack, einfach so, darum kümmern. «
    Wovon redete er? Ich blickte an ihm vorbei auf die Straße zu seinem Wagen. Selbst durch die getönten Scheiben konnte ich die anderen Männer sehen, die darin warteten.
    Mr. Silver seufzte. » Freut mich zu hören, dass du keine Probleme hast, Theodore. Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen. «
    » Verzeihung? «
    » Denn die Sache ist die « , fuhr er fort, als hätte ich gar nichts gesagt, » ich habe ein Problem. Ein wirklich großes. Mit deinem Vater. «
    Da ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte, starrte ich auf seine Cowboystiefel. Sie waren aus schwarzem Krokodilleder, mit schrägen Absätzen und so glänzend poliert, dass sie mich an die Girlie-Westernstiefel erinnerten, die Lucie Lobo, eine abgefahrene Stylistin aus der Agentur meiner Mutter, immer getragen hatte.
    » Weißt du, die Sache ist die « , sagte Mr. Silver. » Mir gehören fünfzig Riesen von einem Schuldschein deines Dads. Und das bereitet mir ein paar sehr große Probleme. «
    » Er kriegt das Geld zusammen « , sagte ich verlegen. » Wenn Sie ihm, ich weiß nicht, vielleicht noch ein wenig mehr Zeit geben… «
    Mr. Silver sah mich an. Er rückte seine Brille zurecht.
    » Hör zu « , sagte er freundlich. » Wenn dein Dad sein letztes Hemd darauf wetten will, wie irgendwelche Schwachköpfe mit einem beschissenen Ball rumhantieren– ich meine, verzeih meine Ausdrucksweise. Aber es fällt mir schwer, Mitleid mit einem Typen wie ihm aufzubringen. Er erfüllt seine Verpflichtungen nicht, ist drei Wochen mit den Raten im Rückstand, erwidert meine Anrufe nicht « , er zählte die Vergehen an den Fingern ab, » er trifft eine Verabredung, mich heute Mittag zu treffen, und dann taucht er nicht auf. Weißt du, wie lange ich gesessen und auf den Penner gewartet habe? Eineinhalb Stunden. Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte. « Er legte den Kopf zur Seite. » Es sind Typen wie dein Dad, die Typen wie mich und Yurko hier im Geschäft halten. Meinst du, es gefällt mir, zu euch nach Hause zu kommen? Den weiten Weg hier raus zu fahren? «
    Ich hatte das für eine rhetorische Frage gehalten– offensichtlich würde niemand bei klarem Verstand gerne den ganzen Weg bis zu unserem Haus zurücklegen–, da jedoch ungeheuerlich viel Zeit verstrich und er mich immer noch anstarrte, als würde er tatsächlich eine Antwort erwarten, blinzelte ich schließlich unbehaglich und sagte: » Nein. «
    » Nein. Vollkommen richtig, Theodore. Ganz gewiss nicht. Wir haben Besseres zu tun, ich und Yurko, glaub mir, als den ganzen Nachmittag hinter einem Penner wie deinem Dad herzujagen. Also tu mir bitte einen Gefallen und richte ihm aus, dass wir das Ganze wie Gentlemen regeln können, sobald er sich mit mir zusammensetzt und die Sache klärt. «
    » Die Sache klärt? «
    » Er muss mir bringen, was er mir schuldet. « Er lächelte, doch die graue Tönung am oberen Rand seiner Pilotenbrille ließ seine Augen beunruhigend verschlagen wirken. » Und ich möchte, dass du ihm sagst, er soll das für mich tun, Theodore. Denn, glaub mir, wenn ich das nächste Mal hier rauskomme, werde ich nicht mehr so nett sein. «
    XVII
    Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, saß Boris still da, guckte Zeichentrickfilme ohne Ton und streichelte Popper– der trotz seiner vorherigen Aufgeregtheit fest in seinem Schoß schlief.
    » Lächerlich « , meinte er knapp.
    Er sprach das Wort so aus, dass ich einen Moment brauchte, um zu begreifen, was er gesagt hatte. » Genau « , sagte ich, » ich sag ja, er ist ein Spinner. «
    Boris schüttelte den Kopf und lehnte sich auf der Couch zurück. » Ich meine nicht den alten Typen mit der Perücke, der aussieht wie Leonard Cohen. «
    » Du glaubst, es ist eine Perücke? «
    Er verzog das Gesicht, als wollte er sagen, wen kümmert’s. » Ihn auch, aber ich meine den großen Russen mit dem Metall- wie sagt man? «
    » Baseballschläger. «
    » Das war bloß Show « , sagte er abschätzig. » Er hat nur versucht, dir Angst zu machen, der Wichser. «
    » Woher weißt du, dass er Russe war? «
    Er

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