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Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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ja, ich meine, sie weiß, wie es ist. Ihr Vater ist auch gestorben. «
    » Ach ja? «
    » Ja, vor ein paar Jahren. Auch bei einem Autounfall. Sie standen sich nicht sehr nahe… «
    » Wer ist gestorben? « , fragte Janet, die schwankend hinter uns aufgetaucht war, eine krause, seidenbebluste Präsenz, die nach Gras und Kosmetika roch. » Ist noch jemand gestorben? «
    » Nein « , antwortete ich knapp. Ich mochte Janet nicht– sie war die dumme Tussi, die angeboten hatte, sich um Popper zu kümmern, und ihn dann mit seinem Futter-Portionierer allein gelassen hatte.
    » Nicht du, er. « Sie machte einen Schritt zurück und wandte ihre benebelte Aufmerksamkeit Boris zu. » Ist jemand gestorben? Dem du nahestandest? «
    » Mehrere Menschen, ja. «
    Sie blinzelte. » Woher kommst du? «
    » Warum? «
    » Deine Stimme klingt komisch. Irgendwie britisch oder so– nein, warte. Wie eine Mischung aus Britisch und Transsylvanien. «
    Boris johlte. » Transsylvanien? « Er bleckte die Zähne. » Willst du, dass ich dich beiße? «
    » Oh, ihr albernen Jungen « , sagte sie undeutlich, tippte Boris mit dem Fuß ihres Weinglases auf den Kopf und schlenderte davon, um sich von Stewart und Lisa zu verabschieden, die im Aufbruch begriffen waren.
    Xandra hatten offenbar eine Pille genommen. ( » Vielleicht mehr als eine « , flüsterte Boris mir ins Ohr.) Sie schien kurz vor der Bewusstlosigkeit. Boris– es war mies von mir, aber ich weigerte mich schlichtweg– nahm ihr die brennende Zigarette aus der Hand und drückte sie aus, bevor er Courtney half, sie die Treppe hinauf in ihr Zimmer zu manövrieren, wo sie bei offener Tür, das Gesicht nach unten auf ihrem Bett lag.
    Ich stand in der Tür, während Boris und Courtney ihr die Schuhe auszogen– neugierig, wenigstens einmal den Raum zu sehen, den sie und mein Dad immer abgeschlossen hatten. Schmutzige Tassen und Aschenbecher, Stapel von Glamour -Heften, ein bauschiger grüner Bettüberwurf, der Laptop, den ich nie benutzen durfte, ein teures Rad– wer hätte geahnt, dass sie dort drinnen ein Trimmrad hatten?
    Xandras Schuhe waren abgestreift, doch sie hatten beschlossen, sie ansonsten bekleidet zu lassen. » Willst du, dass ich über Nacht bleibe? « , fragte Courtney Boris leise.
    Boris räkelte sich schamlos und gähnte. Sein Hemd rutschte hoch, und seine Jeans saß so tief, dass man sehen konnte, dass er keine Unterhose trug. » Nett von dir « , sagte er. » Aber sie ist fürs Erste weggetreten, glaube ich. «
    » Es macht mir nichts aus. « Vielleicht war ich stoned– ich war stoned–, aber sie lehnte sich so dicht zu ihm hin, dass es aussah, als wollte sie ihn anmachen, was ich urkomisch fand.
    Irgendwie muss ich ein halb würgendes oder lachendes Geräusch von mir gegeben haben, da Courtney sich umdrehte, gerade rechtzeitig, um meine Geste an Boris mitzubekommen, ein Daumen, der zur Tür wies– schaff sie hier raus!
    » Alles okay mit dir? « , fragte sie kühl und musterte mich von oben bis unten. Boris lachte auch, setzte jedoch ein ernstes Gesicht auf, ehe sie sich wieder ihm zuwandte, seine Miene ganz seelenvoll und besorgt, was mich noch mehr zum Lachen brachte.
    XIX
    Xandra blieb bewusstlos, bis alle gegangen waren– so tief ohnmächtig, dass Boris einen Taschenspiegel aus ihrer Handtasche (die er auf Pillen und Bargeld gefilzt hatte) nahm und ihr unter die Nase hielt, um zu sehen, ob sie noch atmete. In ihrer Brieftasche waren zweihundertneunundzwanzig Dollar, die zu nehmen mir kein allzu schlechtes Gewissen bereitete, weil Xandra noch all ihre Kreditkarten und einen nicht eingelösten Scheck über zweitausendfünfundzwanzig Dollar besaß.
    » Wusste ich’s doch, dass Xandra nicht ihr richtiger Name ist. « Ich warf Boris ihren Führerschein zu: orangestichiges Gesicht, eine andere Dauerwellenfrisur, Name Sandra Jaye Terrell, keine Einschränkungen. » Ich frag mich, wozu diese Schlüssel passen? «
    Boris saß wie ein Arzt aus einem alten Film auf der Bettkante, fühlte ihren Puls und hielt den Spiegel ins Licht. » Da da « , murmelte er und dann noch etwas, das ich nicht verstand.
    » Hä? «
    » Sie ist bewusstlos. « Er stupste mit einem Finger gegen ihre Schulter, bevor er sich über sie beugte und in die Nachttischschublade blickte, wo ich hektisch durch einen verwirrenden Haufen Kleinkram wühlte: Münzen, Roulettechips, Lipgloss, Bierdeckel, falsche Wimpern, Nagellackentferner, abgegriffene Taschenbücher ( Der wunde Punkt: Die Kunst, nicht

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