Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
Vom Netzwerk:
gewesen, ein sinnfreies Stolpern über ein zusammengerolltes Verlängerungskabel oder ein Stück Schnur am Boden.
    » Vergessen? « Havistock gestattete sich ein Lachen. » Oh, ich glaube nicht, dass er es vergessen wird. «
    Statt zu antworten, lächelte ich. Aber Havistock sah immer selbstgefälliger aus.
    » Es ist wirklich überraschend, was man heutzutage mit einem Computer so alles herausfinden kann « , sagte er.
    » Ach ja? «
    » Tja, wissen Sie, Lucius ist es in letzter Zeit gelungen, Informationen über ein paar andere interessante Stücke in Erfahrung zu bringen, die Sie verkauft haben. Tatsächlich glaube ich, die Käufer wissen gar nicht, wie interessant sie wirklich sind. Zwölf › Duncan Phyfe ‹ -Esstischstühle, nach Dallas? « Er nahm ein Schlückchen Champagner. » All die › wichtigen Sheratons ‹ an den Käufer in Houston? Und eine Menge mehr davon nach Los Angeles? «
    Ich bemühte mich, keine Miene zu verziehen.
    »› Stücke von Museumsqualität ‹ . Natürlich « , er bezog Mrs. Barbour in die Unterhaltung ein, » wissen wir alle, nicht wahr, dass › Museumsqualität ‹ in Wahrheit davon abhängt, von welcher Sorte Museum man redet. Ha ha! Aber Lucius war wirklich sehr erfolgreich dabei, ein paar Ihrer unternehmungslustigeren Verkäufe aus jüngerer Zeit zu verfolgen. Und er denkt daran, nach den Feiertagen, eine Reise nach Texas zu machen, zu– aha! « Er wandte sich mit einem gewandten kleinen Tanzschritt von mir ab, als Kitsey in eisblauem Satin hereingerauscht kam, um uns zu begrüßen. » Wahrhaftig eine willkommene und schmückende Ergänzung! Du siehst ja reizend aus, meine Liebe. « Er beugte sich vor, um sie zu küssen. » Ich plaudere gerade mit deinem charmanten künftigen Gemahl. Wirklich schockierend, wie viele gemeinsame Freunde wir haben! «
    » Ach? « Erst als sie sich wirklich zu mir umdrehte, um mich anzuschauen und mir ein Küsschen auf die Wange zu drücken, wurde mir klar, dass Kitsey sich nicht hundertprozentig sicher gewesen war, ob ich kommen würde. Ihre Erleichterung bei meinem Anblick war mit Händen zu greifen.
    » Und erzählen Sie Theo und Mommy jetzt lauter Skandalgeschichten? « , fragte sie und wandte sich wieder Havistock zu.
    » Oh, Kittycat, du bist wirklich ungezogen. « Gemütlich hakte er sich mit einem Arm bei ihr unter und langte mit dem andern vorn herum, um ihre Hand zu tätscheln: ein kleiner, puritanisch aussehender Teufel von einem Mann, dünn, liebenswürdig, agil. » Aber, meine Liebe, ich sehe, du brauchst etwas zu trinken, genau wie ich.Lass uns davonspazieren, ja? « , er warf noch einen kurzen Blick zu mir zurück, » und uns ein nettes, ruhiges Eckchen suchen, wo wirin aller Ausführlichkeit über deinen Verlobten tratschen können. «
    XXXII
    » Gott sei Dank, er ist weg « , sagte Mrs. Barbour leise, als die beiden zum Getränkebuffet gegangen waren. » Dieses Geplapper ermüdet mich ungeheuer. «
    » Mich auch. « Ich war nassgeschwitzt. Wie hatte er das alles herausgefunden? Alle Stücke, die er erwähnt hatte, waren mit demselben Spediteur versandt worden. Trotzdem– ich lechzte nach einem Drink–, woher konnte er das alles wissen?
    Mir wurde bewusst, dass Mrs. Barbour eben etwas gesagt hatte. » Wie bitte? «
    » Ich habe gesagt, ist das nicht außerordentlich? Ich bin erstaunt über diese große Masse von Menschen. « Sie war sehr schlicht gekleidet– schwarzes Kleid, schwarze Pumps und die prachtvolle Schneeflockenbrosche–, aber Schwarz war nicht ihre Farbe und verlieh ihr ein entsagungsvolles Aussehen von Krankheit und Trauer. » Muss ich mich unter die Gäste mischen? Ich muss es wohl. O Gott, sieh nur, da ist Annes Mann. Was für ein Langweiler. Ist es schrecklich, wenn ich sage, ich wünschte, ich wäre zu Hause? «
    » Wer war der Mann eben? « , fragte ich sie.
    » Havistock? « Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn. » Ich bin froh, dass er so beharrlich auf seinem Namen besteht, denn sonst hätte ich Mühe gehabt, euch bekannt zu machen. «
    » Ich hatte den Eindruck, er sei ein guter Freund von Ihnen. «
    Sie kniff unglücklich die Augen zusammen, und angesichts ihrer Bestürzung bereute ich den Ton, den ich angeschlagen hatte.
    » Nun ja « , sagte sie dann mit Entschiedenheit, » er ist sehr vertraut. Das heißt– er hat eine sehr vertrauliche Art. Aber so ist er bei allen. «
    » Woher kennen Sie ihn? «
    » Oh, Havistock arbeitet ehrenamtlich für die New York Historical Society. Kennt alles und

Weitere Kostenlose Bücher