Der Distelfink
‹ . Und das ist der Teil, von dem ich gehofft habe, er würde dir gefallen– vielleicht nicht, wer weiß, aber ich habe es gehofft. Meisterwerke aus den Museen, endlich wieder im öffentlichen Besitz! In der Verwaltung kultureller Schätze! Großes Frohlocken! Die Engel singen! Aber ohne dich wäre das nie passiert. «
Stumm vor Staunen saß ich da.
» Selbstverständlich « , fuhr Boris fort und deutete mit dem Kopf auf die offene Tasche auf dem Bett, » ist das nicht das ganze Geld. Ein hübsches Weihnachtsgeschenk für Myriam und Cherry und Juri. Und ich habe Anton und Dima einen Anteil von dreißig Prozent gegeben, pauschal. Fünfzehn Prozent für jeden. Eigentlich hat Anton die ganze Arbeit gemacht, und deshalb hätte er meiner Meinung nach zwanzig Prozent kriegen müssen und Dima zehn. Aber für Anton ist das eine Menge Geld, und er ist glücklich. «
» Noch andere Bilder wurden sichergestellt. Nicht nur meins. «
» Ja, hast du nicht gehört…? «
» Welche anderen Bilder? «
» Oh, ein paar sehr bekannte, berühmte! Jahrelang verschwunden! «
» Zum Beispiel? «
Boris schnaufte genervt. » Ach, ich weiß die Namen nicht, und du weißt, dass du mich danach nicht fragen darfst. Ein paar moderne Sachen– sehr bedeutend und teuer, und alle waren sehr begeistert, aber offen gesagt, ich verstehe bei manchen den Wirbel nicht. Warum kostet so was so viel, ein Bild wie aus dem Kindergarten? › Hässlicher Klecks ‹ . › Schwarzer Strich mit Krakeln ‹ . Aber dann eben auch– viele Werke von historischer Größe. Eins war von Rembrandt. «
» Eine Seelandschaft? «
» Nein– Leute in einem dunklen Raum. Bisschen langweilig. Aber ein hübscher van Gogh, ein Meeresufer. Und dann… ach, ich weiß es nicht… das Übliche: Maria, Jesus, viele Engel. Sogar ein paar Skulpturen. Und asiatische Kunst. Sah für mich aus, als wär’s nichts wert, aber wahrscheinlich war es kostbar. « Boris drückte energisch seine Zigarette aus. » Wobei mir einfällt. Er ist entkommen. «
» Wer? «
» Saschas China Boy. « Er war zur Minibar gegangen und kam mit dem Korkenzieher und zwei Gläsern zurück. » Er war nicht in der Wohnung, als die Cops kamen. Sein Glück. Und wenn er clever ist– was er ist–, kommt er auch nicht wieder. « Er hob die Hand und drückte den Daumen. » Er wird einen anderen reichen Kerl finden, von dem er leben kann. Das ist sein Beruf. Würde ich mir auch gefallen lassen. Jedenfalls « , er biss sich auf die Lippe, als er den Korken herauszog– plopp!, » ich wünschte, ich wäre selbst auf die Idee gekommen, schon vor Jahren! Ein fetter, sauberer Scheck! Legales Geld! Statt dieses › Folge dem hüpfenden Ball ‹ , so viele Jahre lang. Hin und her « , er wackelte mit dem Korkenzieher, tick, tack, » hin und her. Nervenzerreißend! So viel Zeit, so viele Kopfschmerzen, und die ganze Zeit liegt dieses leicht verdiente Staatsgeld direkt vor meiner Nase! Ich sage dir « , er kam herüber und schenkte mir laut gluckernd von dem Rotwein ein, » in mancher Hinsicht ist Horst wahrscheinlich genauso froh wie du, dass es so gelaufen ist. Er verdient ein paar Dollar genauso gern wie jeder andere, aber er hat auch ein Gewissen, die gleichen Vorstellungen von öffentlichem Wohl, kulturellem Erbe, blablabla. «
» Ich verstehe nicht, was Horst damit zu tun hat. «
» Nein, ich auch nicht, und das werden wir nie erfahren « , sagte Boris mit Entschiedenheit. » Alles sehr vorsichtig und höflich. Und ja, ja « , ungeduldig, verschlagen, trank er rasch einen Schluck Wein, » ja, ich bin wütend auf Horst, ein bisschen, und vielleicht vertraue ich ihm nicht mehr so sehr wie früher, vielleicht vertraue ich ihm überhaupt nicht mehr besonders. Aber– Horst sagt, er hätte Martin nicht losgeschickt, wenn er gewusst hätte, dass wir es waren. Und vielleicht sagt er die Wahrheit. › Niemals, Boris– niemals hätte ich. ‹ Wer kann das wissen? Um ganz ehrlich zu sein– nur so unter uns–, ich glaube, er sagt es vielleicht nur, um sein Gesicht zu wahren. Denn nachdem die Sache mit Martin und Frits in die Hose gegangen ist, was kann er da sonst tun? Außer sich mit Anstand zurückzuziehen? Ahnungslos zu tun? Wohlgemerkt, ich weiß es nicht « , sagte er. » Ist nur eine Theorie von mir. Horst erzählt seine eigene Geschichte. «
» Und die wäre? «
» Horst sagt « , Boris seufzte, » Horst sagt, er wusste nicht, dass Sascha das Bild genommen hatte– erst als wir es uns gegriffen hatten und
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