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Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schaukeln, weil sie von heftigen Wellen erfaßt wurde. Auch der Unheimliche geriet etwas aus dem Rhythmus, so gewann Renate Gehrmann eine knappe Galgenfrist, die sie allerdings nicht mehr voll nutzen konnte. Auf der schmalen Heckplattform verlor sie den Halt.
    Rücklings kippte sie dem Kanal entgegen und schrie endlich auf…
    ***
    Es war der Henker, und er wollte töten!
    Wir hatten blitzschnell unsere Positionen gewechselt. Jane übernahm die Führung des Bootes, während ich mich um die Mordgestalt kümmern wollte.
    »Schneller!« feuerte ich sie an. »Noch schneller. Wir müssen die Frau bekommen!«
    In den letzten Sekunden waren wir auf 180. Die Düsternis der Umgebung hatte auch auf unsere Psyche abgefärbt, das lag nun hinter uns. Mich interessierte zunächst die Frau und dann der Henker. Tief wühlte sich der Bug durch das schmutzige Wasser. So etwas kostete Zeit.
    Aber wir hatten auch Glück. Das aufgewühlte Wasser erfaßte ebenfalls den Rumpf der Gondel und ließ ihn schaukeln. Dadurch geriet nicht nur der Henker aus dem Rhythmus, auch die Frau verlor ihr mühsam gehaltenes Gleichgewicht und kippte ins Wasser.
    Ihr lauter Schrei drang durch den Motorenlärm, und im gleichen Augenblick hatten wir sie erreicht.
    Ich stand hinter Jane an der Backbordseite, brüllte mein »Stop!« und griff zu.
    Es war Zufall, daß ich sie zu packen bekam. Ich hätte sie gern an der Schulter erwischt, aber meine Hände rutschten ab, umklammerten ihre Hüften, ihr Gewicht warf auch mich nach hinten, so daß ich fast über Bord gegangen wäre.
    Zum Glück hatte ich mich fallenlassen, so landeten wir noch im Boot, und die Frau lag auf mir. Ich sah ihr verzerrtes Gesicht dicht vor dem meinen, hörte ihr Wimmern und sprach beruhigend auf sie ein, während ich sie zur Seite drehte.
    Auch Jane hatte rasch reagiert und das Boot angehalten. Dabei hatten wir die Brücke schon passiert, wir schaukelten heftig und wurden noch weiter nach vorn getrieben.
    »Bleiben Sie hier sitzen!« fuhr ich die Unbekannte an und drückte sie in das Heck. »Rühren Sie sich nicht von der Stelle!«
    Sie reagierte nicht. Apathie und Angst hielten sie noch umklammert. Mit einer bittenden Geste streckte sie noch die Arme aus, doch ich entwand mich ihr.
    »Drehen!« rief ich Jane zu, die augenblicklich reagierte. Es war wie bei einem Auto, das einen zu großen Wendekreis für die enge Straße hatte. Wir kamen beim erstenmal nicht herum und mußten rangieren. Ich überließ das Jane Collins und hielt selbst Ausschau nach der unheimlichen Gestalt.
    Ich sah ihn nicht mehr.
    Wahrscheinlich war er auch von der schaukelnden Gondel in das dunkle Wasser gestürzt und hielt sich nun verborgen.
    Endlich hatten wir gedreht. Jane wollte wieder anfahren, ich winkte ab.
    »Langsam, Mädchen, langsam…«
    »Okay.«
    Wir glitten schaukelnd und schwankend an die Stelle heran, wo auch die Gondel lag. Sie hatte sich durch den Wellenschlag gedreht und stand jetzt quer.
    Eine leere Gondel, auch ohne den Gondoliere. Um ihn machte ich mir Sorgen. »Stell den Motor ab!« rief ich Jane zu.
    Mit dem Rest an Fahrt trieben wir auf die Gondel zu. Ich hatte das Gefühl, als würde sie uns entgegenkommen. Ein breiter, unheimlich wirkender Schatten, der auf und nieder schaukelte. Auch unser Boot stoppte unter der Brücke. Zu sehen war nichts mehr. Der Henker mußte untergetaucht sein. Vielleicht hielt er sich auf dem schlammigen Grund verborgen und wartete auf eine günstige Gelegenheit, um uns zu töten. Nicht einmal eine Handbreit tief konnten wir in das Wasser hineinschauen. Hinzu kam der Schatten der Brücke. Über uns hörten wir Stimmen. Einige Menschen überquerten den Kanal. Sie bekamen nichts von dem mit, was sich unter ihnen abspielte.
    Ich hatte mich auf die flache Reling gestützt und beide Seiten abgesucht. Etwas enttäuscht richtete ich mich wieder auf. Wenn wir den Henker nicht fanden, blieb uns nur die Aussage der Frau. Ich glaubte fest daran, daß wir den Henker entdeckt hatten, es fehlte nur noch der untote Doge. In Sicherheit fühlte ich mich allerdings nicht. Ich rechnete immer damit, daß er aus dem Wasser schnellen und uns angreifen würde. Hinter mir regte sich die Frau. Aus Angst, noch einmal kippen zu können, blieb sie auf den Knien, atmete schwer und stotterte einige Dankesworte in deutscher Sprache.
    »Sind Sie Deutsche?« fragte ich.
    »Ja, aus Frankfurt. Ich wollte eine Woche in Venedig bleiben. Ich liebe diese Stadt, ich habe sehr viel über sie gelesen und

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