Der Doktor und das liebe Vieh
Bücklingen, Tomaten und Geschenkkörben. Ich adressierte das Dankschreiben an Master Tricki Pumphrey, Barlby Grange und warf es fast ohne Gewissensbisse in den Briefkasten.
Bei meinem nächsten Besuch nahm mich Mrs. Pumphrey beiseite. »Mr. Herriot«, flüsterte sie, »Tricki war ganz entzückt von Ihrem bezaubernden Brief, und er wird ihn immer aufbewahren. Nur etwas hat ihn sehr verstimmt – Sie adressierten den Brief an Master Tricki, und das ist doch eine Anrede für kleine Jungen. Er besteht auf Mister. Zuerst war er furchtbar beleidigt, aber als er sah, daß der Brief von Ihnen war, kehrte seine gute Laune zurück. Ich weiß gar nicht, woher er diese kleinen Eigenheiten hat. Vielleicht liegt es daran, daß er ein Einzelhund ist – ich glaube, ein Einzelhund entwickelt mehr Eigenheiten als einer, der viele Geschwister hat.«
Als ich Skeldale House betrat, hatte ich das Gefühl, in eine kältere Welt zurückzukehren. Auf dem Gang lief mir Siegfried in die Arme. »Ach, wen haben wir denn da? Ist das nicht der liebe Onkel Herriot? Und was haben Sie heute gemacht, Onkelchen? Sich in Barlby Grange abgemüht, vermute ich. Armer Junge, Sie müssen ja völlig fertig sein. Glauben Sie wirklich, daß es sich lohnt, bis zum Umfallen für einen neuen Geschenkkorb zu schuften?«
Kapitel 10
Wenn ich zurückblicke, kommt es mir unwahrscheinlich vor, daß wir Stunden und Stunden mit der Herstellung von Arzneien verbrachten. Aber unsere Präparate kamen nicht in Markenpackungen zu uns, und bevor die Besuchsrunde beginnen konnte, mußten wir unsere Autos mit einer Vielzahl sorgfältig gemischter und zum größten Teil nutzloser Medikamente füllen.
Eines Morgens, als Siegfried herunterkam, hielt ich gerade eine Flasche in Augenhöhe und füllte sie mit Coccilana-Sirup. Tristan mischte schlechtgelaunt Magenpülverchen in einem Mörser und bewegte den Stöpsel schneller, als er die Augen seines Bruders auf sich gerichtet sah. Er war umgeben von Päckchen mit Pulver, und weiter hinten auf der Bank lagen Stapel von Pessaren, die er hergestellt hatte, indem er Cellophanrollen mit Borsäure füllte.
Tristan machte einen sehr eifrigen Eindruck; sein Ellenbogen fuhr wild hin und her, während er das Ammoniumkarbonat mit der Brechnuß vermischte. Siegfried lächelte wohlwollend.
Ich lächelte ebenfalls. Wenn Spannung zwischen den Brüdern herrschte, spürte ich es sofort, aber an diesem Morgen schienen die beiden friedlich gestimmt. Die Atmosphäre hatte sich merklich gebessert, seit Tristan gleich nach Weihnachten ins College zurückgekehrt war und – scheinbar ohne jede Vorbereitung – seine Examen bestanden hatte. Aber Siegfried hatte zweifellos einen besonderen Grund zur Freude, denn er strahlte vor innerer Zufriedenheit.
»Ich bringe euch eine gute Nachricht.«
Ich preßte den Korken in die Flasche. »Dann spannen Sie uns nicht auf die Folter. Sagen Sie’s schon.«
Siegfried sah Tristan an und dann mich. Er grinste. »Erinnert ihr euch noch an dieses gräßliche Durcheinander, als Tristan für die Rechnungen verantwortlich war?«
Tristan wandte den Blick ab und rührte noch schneller, aber Siegfried klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Nur keine Angst, ich will dir nicht etwa zumuten, es noch einmal zu tun. Du brauchst dich nie wieder damit zu befassen, denn in Zukunft wird das alles von einer Fachkraft erledigt.« Er machte eine Pause und räusperte sich. »Wir bekommen nämlich eine Sekretärin.«
Als wir ihn verdutzt anstarrten, fuhr er fort: »Ja, ich habe sie selbst ausgesucht und halte sie für perfekt.«
»Wie sieht sie aus?« fragte ich.
Siegfried schürzte die Lippen. »Hm, es ist schwierig, sie zu beschreiben. Aber überlegt mal – was brauchen wir hier? Keinesfalls so ein unbedarftes junges Ding, das hier nur herumhockt. Keine hübsche kleine Blondine, die hinter dem Schreibtisch sitzt, sich die Nase pudert und jedem schöne Augen macht.«
»So eine brauchen wir nicht?« unterbrach ihn Tristan sichtlich erstaunt.
»Nein.« Siegfried drehte sich zu ihm um. »Sie würde die Hälfte der Zeit mit offenen Augen von ihren Freunden träumen, und gerade wenn wir sie eingearbeitet hätten, würde sie kündigen und heiraten.«
Tristan schien noch immer nicht überzeugt davon, und Siegfried fügte gereizt hinzu: »Außerdem können wir unmöglich ein attraktives junges Mädchen ins Haus nehmen, solange du hier bist. Du würdest sie keine Minute in Ruhe lassen.«
»Wie steht’s mit dir?« gab
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