Der Doktor und das liebe Vieh
denken Sie daran, schreiben Sie um Himmels willen nicht an Mrs. Pumphrey. Adressieren Sie Ihren Brief an Tricki, sonst sind Sie erledigt.«
Mit sehr gemischten Gefühlen fand ich mich am Abend des 5. Februar in Mrs. Pumphreys Haus ein. Ein Mädchen führte mich in die Halle. Mrs. Pumphrey empfing ihre Gäste am Eingang zum Ballsaal, in dem ich eine festlich gekleidete Menschenmenge mit Drinks herumstehen sah. Gedämpftes Stimmengewirr klang herüber, und alles kündete von Reichtum. Ich rückte meine Krawatte zurecht, holte tief Luft und wartete.
Mrs. Pumphrey lächelte freundlich, als sie das Paar vor mir begrüßte, aber bei meinem Anblick strahlte sie über das ganze Gesicht. »O Mr. Herriot, wie reizend, daß Sie gekommen sind. Tricki war so entzückt von Ihrem Brief – wir müssen gleich zu ihm gehen.« Sie führte mich durch die Halle. »Er ist im Frühstückszimmer«, flüsterte sie. »Unter uns gesagt, er findet Parties ziemlich langweilig, aber er wäre wütend, wenn ich Sie nicht für einen Moment zu ihm brächte.«
Tricki lag, behaglich zusammengerollt, in einem Lehnstuhl neben dem lodernden Kaminfeuer. Als er mich sah, sprang er auf die Lehne des Stuhls und bellte freudig. Ich wehrte gerade seine Versuche ab, mir das Gesicht zu lecken, als mein Blick auf zwei große Futternäpfe fiel, die neben dem Sessel standen. Der eine Napf enthielt etwa ein Pfund kleingehacktes Hühnerfleisch, der andere einen Berg Kuchenkrümel.
»Mrs. Pumphrey!« donnerte ich und zeigte auf die Näpfe. Die arme Frau legte die Hand über den Mund und wich erschrocken zurück.
»Oh, verzeihen Sie mir!« Sie war das verkörperte Schuldbewußtsein. »Es ist nur ein kleiner Extraschmaus, weil er heute abend allein ist. Und dazu dieses kalte Wetter.« Sie faltete die Hände und sah mich demütig an.
»Ich verzeihe Ihnen«, sagte ich streng, »aber nur, wenn Sie den Kuchen und die Hälfte vom Hühnerfleisch wegnehmen.«
Nervös wie ein kleines Mädchen, das bei einer Unart ertappt worden ist, führte sie meinen Befehl aus.
Ich trennte mich ungern von meinem Freund, dem Pekinesen. Nach einem anstrengenden Tag und vielen Stunden in der schneidenden Kälte war ich müde, und dieses Zimmer mit seinem Feuer und der sanften Beleuchtung wirkte einladender als die lärmende Pracht der Ballsaals. Ich hätte es mir lieber für ein oder zwei Stunden im Sessel bequem gemacht, mit Tricki auf dem Schoß.
Mrs. Pumphrey wurde lebhaft. »Jetzt müssen Sie aber unbedingt einige meiner Freunde kennenlernen.«
Wir gingen in den Ballsaal, wo drei Kristallüster ein strahlendes Licht verbreiteten, das von den creme- und goldfarbenen Wänden mit ihren vielen Spiegeln reflektiert wurde. Wir gingen von Gruppe zu Gruppe, und Mrs. Pumphrey stellte mich als »Trickis lieber, guter Onkel« vor. Ich wäre am liebsten in die Erde versunken, aber entweder besaßen diese Leute eine phantastische Selbstbeherrschung, oder sie kannten den schwachen Punkt ihrer Gastgeberin, denn sie nahmen die Information auf, ohne mit der Wimper zu zucken.
Im Hintergrund stimmte ein fünfköpfiges Orchester die Instrumente. Kellner in weißen Jacken eilten mit Tabletts voller Speisen und Getränke zwischen den Gästen hindurch. Mrs. Pumphrey hielt einen der Kellner an. »François, ein Glas Champagner für den Herrn.«
»Sehr wohl, Madame.« Der Mann bot sein Tablett an.
»Nein, nein, bringen Sie eines von den großen Gläsern.«
François verschwand und kam mit einem Glas zurück, das aussah wie ein Suppenteller mit einem Stiel. Es war bis zum Rand mit Champagner gefüllt.
»François.«
»Ja, Madame?«
»Dies ist Mr. Herriot. Bitte sehen Sie ihn sich genau an.«
Der Kellner richtete die schwermütigen Augen eines Spaniels auf mich und prägte sich mein Gesicht ein.
»Ich möchte, daß Sie für ihn sorgen. Achten Sie darauf, daß sein Glas immer voll ist und er reichlich zu essen hat.«
»Sehr wohl, Madame.« Er verbeugte sich und ging weiter.
Ich schlürfte den eiskalten Champagner, und als ich aufsah, stand François da und präsentierte mir ein Tablett voller Sandwiches mit geräuchertem Lachs.
So ging es den ganzen Abend. François wich mir nicht von der Seite, er füllte entweder mein Riesenglas nach, oder er servierte mir irgendwelche Delikatessen. Ich fand es herrlich; die salzigen Bissen riefen einen starken Durst hervor, den ich mit Champagner löschte, dann aß ich wieder ein paar Häppchen, die mich von neuem durstig machten, worauf François prompt
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