Der Doktor und das liebe Vieh
Tage alten Bart und trug einen verbeulten Hut, dessen Krempe ihm bis über die Ohren reichte. Er lehnte mit hängenden Schultern an der Wand. Die eine Hand hatte er in die Jackentasche gestopft, in der anderen hielt er eine Fahrradlampe mit einer fast ausgebrannten Batterie.
»Ist das alles an Licht, das wir haben?« fragte ich.
»Ja, alles«, antwortete Mr. Atkinson, offensichtlich erstaunt. Er sah mich mit einer Miene an, die deutlich besagte: Sonst noch Wünsche?
»Dann geben Sie mal her.« Ich richtete den schwachen Strahl auf meine Patientin: »Ist noch ein junges Tier, wie?«
»Ja, wirft das erste Mal.«
Das Schwein streckte sich, erzitterte und lag wieder still.
»Irgendwas festgefahren, schätze ich. Würden Sie mir einen Eimer mit heißem Wasser, ein Stück Seife und ein Handtuch bringen?«
»Hab kein heißes Wasser. Das Feuer ist aus.«
»Gut, dann bringen Sie mir, was Sie haben.«
Der Bauer polterte den Kuhstall entlang. Er nahm das Licht mit, und in der Dunkelheit kehrte die Musik wieder. Es war ein Walzer von Strauß, und ich tanzte ihn mit Lady Frenswick. Sie war sehr jung, sehr hübsch, und sie lachte, als ich sie herumschwenkte. Ich sah ihre weißen Schultern, die Diamanten, die an ihrem Hals funkelten, und die kreisenden Spiegel.
Mr. Atkinson kam zurückgeschlurft und setzte den Eimer mit Nachdruck auf den Boden. Ich tauchte einen Finger ins Wasser; es war eiskalt. Und der Eimer hatte schon vieles mitgemacht – ich mußte aufpassen, daß ich mich nicht an dem zackigen Rand verletzte.
Rasch zog ich meine Jacke und das Hemd aus. Ich hielt die Luft an, denn es zog fürchterlich durch eine Ritze in der Wand.
»Die Seife, bitte«, murmelte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
»Im Eimer.«
Ich tauchte einen Arm ins Wasser und suchte zitternd vor Kälte herum, bis ich einen rundlichen Gegenstand fand, der etwa die Größe eines Golfballes hatte. Ich zog ihn heraus und untersuchte ihn; er war glatt und gesprenkelt wie ein Kieselstein am Strand. Optimistisch rieb ich ihn zwischen meinen Händen, in der Erwartung, es werde sich Schaum bilden. Aber die Seife war steinhart und gab nichts her.
Ich mochte nicht um ein anderes Stück bitten, denn vielleicht hätte das den Bauern gegen mich eingenommen. Statt dessen ließ ich mir die Lampe geben und ging nach draußen. Auf dem Hof spritzte der Schlamm an meinen Wellingtons hoch; eine Gänsehaut überzog meine nackte Brust. Zähneklappernd suchte ich im Kofferraum herum, bis ich auf eine Dose mit antiseptischer Salbe stieß.
Als ich wieder in dem Verschlag war, schmierte ich die Salbe auf meinen Arm, kniete mich hinter das Schwein und schob meine Hand vorsichtig in die Vagina. Schließlich waren Hand, Handgelenk und Ellenbogen im Innern des Schweins verschwunden, und ich sah mich gezwungen, eine seitliche Lage einzunehmen. Die Steine waren kalt und feucht, aber ich vergaß mein Unbehagen, als meine Finger etwas berührten. Es war ein winziger Schwanz. Fast quer liegend steckte ein großes Ferkel im Leib der Muttersau wie ein Korken in einer Flasche.
Ich drückte mit einem Finger die Hinterbeine zurück, bis ich sie packen und das Schweinchen herausziehen konnte. »Sehen Sie, deshalb ging es nicht weiter. Das Ferkel ist tot – ist zu stark gequetscht worden. Vielleicht sind noch ein paar lebende Tiere drinnen. Ich werde mal fühlen.«
Wieder fettete ich meinen Arm ein und kniete mich hin. Genau innerhalb der Uterusmündung ertastete ich ein zweites Ferkel, und plötzlich gruben sich winzige, aber sehr scharfe Zähne in meinen Finger.
Ich schrie auf. »Na, das hier lebt jedenfalls«, sagte ich zu dem Bauern. »Ich hab’s gleich draußen.«
Das Ferkel hatte jedoch andere Ideen im Kopf. Es zeigte keine Neigung, den warmen Hafen zu verlassen, und sooft ich seinen glitschigen kleinen Fuß zu packen bekam, zog es ihn weg. Nach ein oder zwei Minuten fühlte ich einen Krampf im Arm. Ich lehnte mich zurück, schloß die Augen, und sofort war ich wieder im Ballsaal, in der Wärme und dem strahlenden Licht. François schenkte mir Champagner ein; dann tanzte ich, und der Kapellmeister drehte sich zu mir um und verbeugte sich lächelnd.
Ich lächelte zurück, aber das Gesicht des Kapellmeisters zerfloß, und nun war Mr. Atkinson da, der ausdruckslos auf mich hinabsah. Mühsam hob ich den Kopf. Es ging doch nicht, daß ich bei der Arbeit einschlief. Wieder tastete ich umher. Diesmal gelang es mir, den Fuß fest mit zwei Fingern zu packen und das Ferkel trotz
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