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Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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Geldkassette, aber dieses Ding eignet sich ausgezeichnet dafür.«
    Miss Harbottle blickte mit Abscheu auf den Krug. »Sie stopfen das Geld einfach...« Zerknitterte Schecks und Banknoten ragten aus dem Gefäß; viele waren auch auf den Feuerrost geflattert. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie Tag für Tag weggehen und das Geld herumliegen lassen?«
    »Da passiert schon nichts«, sagte Siegfried.
    »Und wo ist Ihre Portokasse?«
    Siegfried grinste verlegen. »Alles in dem Krug. Für kleine und große Ausgaben, wissen Sie.«
    Miss Harbottles rotwangiges Gesicht wurde blaß. »Aber Mr. Farnon, das ist ja entsetzlich. Ich verstehe nicht, wie Sie so lange vor sich hin wursteln konnten. Ich verstehe es einfach nicht. Nun, jedenfalls werde ich das bald in Ordnung bringen. Es dürfte, soweit ich sehe, keine besonderen Schwierigkeiten machen. Eine einfache Kartei wäre für Ihre Buchführung wohl das Richtige. Und alles andere –« sie blickte vielsagend auf den Krug – »werde ich sehr schnell regeln.«
    »Wunderbar, Miss Harbottle, wunderbar.« Siegfried rieb sich die Hände. »Wir erwarten Sie also Montag morgen.«
    »Punkt neun Uhr, Mr. Farnon.«
    Als sie gegangen war, blieb es eine Weile still. Tristan schien von Miss Harbottles Besuch sehr angetan und lächelte nachdenklich. Ich aber war mir nicht so sicher.
    »Wissen Sie, Siegfried«, sagte ich, »vielleicht ist sie ein Ausbund von Tüchtigkeit, nur... finden Sie nicht, daß sie ein bißchen tyrannisch ist?«
    »Tyrannisch?« Siegfrieds Lachen war zu laut. »Keine Spur. Überlassen Sie sie nur mir. Ich werde schon mit ihr fertig.«

Kapitel 11
     
    Ich sortierte mechanisch die Morgenpost. Der übliche Stoß von Rechnungen, Rundschreiben, bunten Werbeprospekten für neue Medikamente; nach ein paar Wochen hatten derartige Sendungen für mich den Reiz der Neuheit verloren, und ich las sie kaum noch. Ich hatte fast den Boden des Stapels erreicht, als ich auf etwas Ungewöhnliches stieß: ein Umschlag aus schwerem Büttenpapier, an mich persönlich adressiert. Ich riß ihn auf und zog eine goldumrandete Karte hervor, die ich schnell überflog. Das Blut stieg mir in die Wangen, und ich schob die Karte hastig in meine Brusttasche.
    Siegfried, der mit dem Abhaken der Besuche fertig war, blickte auf. »Warum sehen Sie denn so schuldbewußt aus, James? Ist Ihnen Ihre Vergangenheit auf den Fersen? Vielleicht ein Brief von einer empörten Mutter?«
    Ich reichte ihm die Karte. »Da haben Sie was zum Lachen. Sie würden ja sowieso dahinterkommen.«
    Siegfried verzog keine Miene, während er die Karte laut las. »Tricki bittet um Onkel Herriots Gesellschaft am Freitag dem 5. Februar. Getränke und Tanz.« Er sah auf und sagte todernst: »Na, ist das nicht reizend? Tricki scheint einer der großzügigsten Pekinesen in England zu sein. Nicht genug damit, daß er Ihnen Bücklinge, Tomaten und Präsentkörbe schickt – er lädt Sie auch noch zu einer Party ein.«
    Ich entriß ihm die Karte und verbarg sie. »Gut, gut, ich weiß. Aber was soll ich jetzt tun?«
    »Tun? Sich auf der Stelle hinsetzen und einen Brief schreiben, in dem Sie mit herzlichem Dank für die Einladung Ihr Erscheinen am 5. Februar zusagen. Mrs. Pumphreys Parties sind berühmt. Berge von exotischen Leckerbissen, Ströme von Champagner.«
    »Werden viele Leute da sein?« fragte ich und scharrte unbehaglich mit den Füßen.
    Siegfried schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Natürlich werden viele Leute da sein. Was dachten Sie denn? Daß Sie als einziger Gast geladen wären? Daß Sie und Tricki ein paar Glas Bier trinken und dann einen Slowfox zusammen tanzen würden? O nein, die Spitzen der Gesellschaft werden im höchsten irdischen Glanz erscheinen, aber der Ehrengast dürfte der liebe Onkel Herriot sein. Warum? Mrs. Pumphrey lud die anderen ein, aber Ihre Einladung kam von Tricki.«
    »Okay, okay«, sagte ich seufzend. »Dann bin ich also ein Außenstehender, und noch dazu besitze ich keinen Abendanzug. Ich finde das Ganze gräßlich.«
    Siegfried erhob sich und legte mir die Hand auf die Schulter. »Mein lieber Junge, machen Sie keinen Quatsch. Bedanken Sie sich jetzt für die Einladung, und dann fahren Sie nach Brawton, wo es einen Frackverleih gibt. Sie werden nicht lange abseits stehen – die Debütantinnen werden sich gegenseitig niedertrampeln, um mit Ihnen zu tanzen.« Er gab mir einen Klaps auf die Schulter, bevor er zur Tür ging. Dort drehte er sich noch einmal um und sagte mit ernster Miene: »Und

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