Der Doktor und das liebe Vieh
Landwirtschaftsministeriums, und sie alle sprachen mich darauf an, oft genug mit belustigtem Lächeln. Mr. Handshaws Worte waren immer dieselben: »Da ist die Kuh, von der Mr. Herriot gesagt hat, sie würde nie wieder aufstehen.«
Ich bin sicher, daß Mr. Handshaw nicht aus Bosheit so. handelte. Er hatte es besser gewußt als »der junge Klugscheißer«, und niemand konnte ihm verübeln, wenn er sich darauf etwas einbildete. Übrigens hatte ich der Kuh einen Gefallen erwiesen, indem ich ihre Lebensspanne bedeutend verlängerte. Mr. Handshaw behielt sie nämlich als Ausstellungsstück. Noch Jahre, nachdem sie aufgehört hatte, mehr als neun Liter Milch täglich zu geben, graste sie fröhlich auf der Wiese am Straßenrand.
Eines ihrer Hörner war merkwürdig verkrümmt, so daß man sie leicht erkannte. Oft hielt ich meinen Wagen an und betrachtete nachdenklich die Kuh, die nie wieder aufstehen würde.
Kapitel 17
Siegfried kam vom Telefon. »Das war Mrs. Pumphrey. Sie möchte, daß Sie sich ihr Schwein ansehen.«
»Ihren Pekinesen, meinen Sie«, sagte ich.
»Nein, ihr Schwein. Sie hat ein sechs Wochen altes Schwein und wünscht, daß Sie es gründlich untersuchen.«
Ich grinste verlegen. Meine Beziehungen zu Mrs. Pumphreys Pekinesen waren ein heikles Thema. »Schön, schön, sparen Sie sich Ihre Frotzeleien. Was wollte sie nun wirklich? Bockt es wieder mal bei Tricki Woo?«
»James«, sagte Siegfried todernst, »ich weiß nicht, warum Sie an meinen Worten zweifeln. Ich will Ihnen Mrs. Pumphreys Auftrag wiederholen, und dann erwarte ich, daß Sie ihn sofort ausführen, ohne weitere Fragen zu stellen. Die Dame hat mir mitgeteilt, daß sie ein sechs Wochen altes Schweinchen erworben hat und das Tier gründlich untersuchen lassen will. Sie wissen, was ich von solchen Untersuchungen halte, und ich möchte auf keinen Fall, daß dabei gepfuscht wird. Achten Sie besonders auf die Atmung des Schweinchens – lassen Sie es ausgiebig galoppieren, bevor Sie Ihr Stethoskop ansetzen. Und übersehen Sie um Himmels willen keine ins Auge springenden Phänomene wie Warzen, Überbeine und Ähnliches. Übrigens sollten Sie auch die Größe des Tieres messen, wenn Sie schon einmal dabei sind; Sie finden den Zollstock im...«
Ich ergriff die Flucht, und seine Worte verhallten hinter mir. Diese Sache kam mir ein bißchen merkwürdig vor. Zwar wurde ich des öfteren geneckt, seit ich Trickis Adoptivonkel geworden war und regelmäßig Geschenke, Briefe und Fotos mit Widmungen von ihm erhielt, aber so weit pflegte Siegfried den Spaß nun doch nicht zu treiben. Mrs. Pumphrey mit einem Schwein – der Gedanke war unvorstellbar; in ihrem eleganten Haus war kein Platz für irgendwelches Viehzeug. Bestimmt hatte Siegfried sie mißverstanden.
Aber es war kein Mißverständnis. Mrs. Pumphrey empfing mich mit einem Freudenschrei. »Oh, Mr. Herriot, stellen Sie sich nur vor, ich habe das süßeste Schweinchen der Welt! Als ich jetzt bei Vettern von mir war, die auf einem Bauernhof wohnen, habe ich es mir selbst ausgesucht. Es wird Tricki Gesellschaft leisten – Sie wissen, wie traurig ich bin, daß er ein Einzelkind ist.«
Ich starrte Mrs. Pumphrey entgeistert an. Bei meinen Besuchen bekam ich von ihr oft genug phantastische Dinge zu hören, aber diesmal wußte ich überhaupt nicht mehr, woran ich war.
»Wollen Sie damit sagen, Sie hätten das Schwein hier im Haus?«
»Selbstverständlich.« Mrs. Pumphrey sah mich erstaunt an. »Es ist in der Küche. Kommen Sie mit.«
Ich war schon mehrmals in dieser Küche gewesen und hatte ehrfurchtsvoll ihre blinkende Makellosigkeit bewundert. Jetzt stand in einer Ecke ein Pappkarton mit einem winzigen Schwein darin, das die Vorderbeine auf den Rand des Kartons stützte und anerkennend seine neue Umgebung betrachtete.
Die ältliche Köchin blickte nicht auf, als wir eintraten; sie zerkleinerte Möhren und schleuderte sie mit übertriebener Heftigkeit in einen Kochtopf.
»Ist es nicht zauberhaft!« Mrs. Pumphrey bückte sich und kitzelte den kleinen Kopf. »Ich finde es so aufregend, ein eigenes Schwein zu haben. Mr. Herriot, ich habe beschlossen, ihn Nugent zu nennen.«
Ich schluckte. »Nugent?« Der breite Rücken der Köchin schien zu erstarren.
»Ja, nach meinem Großonkel Nugent. Er war ein kleiner rosiger Mann mit winzigen Augen und einer Stupsnase. Die Ähnlichkeit ist verblüffend.«
»Aha«, sagte ich, und die Köchin begann wieder Möhren zu hacken.
Im ersten Augenblick wußte ich
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