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Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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den beiden hübschen Mädchen vor. Und ich mußte zugeben, die Art, wie sie mich mit leuchtenden Augen ansahen, die Lippen halb geöffnet, hatte etwas Wohltuendes, Befreiendes. Sie strahlten, als sei ich die Antwort auf alle Gebete, die sie je zum Himmel geschickt hatten.
    Sie sahen einander überraschend ähnlich, nur daß Brenda sehr dunkles Haar hatte, während Connies Haar kupferrot war und im Licht des Eingangs feurig schimmerte und glänzte. Beide sahen aus wie das blühende Leben – apfelfrische Wangen, weiße Zähne, lebhafte, muntere Augen. Und sie hatten noch etwas, wofür ich besonders empfänglich war: den Wunsch zu gefallen.
    Tristan öffnete mit großer Geste die hintere Tür des Wagens. »Sei vorsichtig, Connie«, sagte er. »Zwar sieht er harmlos aus, aber nimm dich in acht. Er ist ein Teufelskerl und weit und breit als großer Liebhaber bekannt.«
    Die Mädchen kicherten und musterten mich neugierig. Tristan sprang auf seinen Sitz hinter dem Steuer, und wir schossen in halsbrecherischem Tempo davon.
    Während draußen die dunkle Landschaft vorüberflog, saß ich zurückgelehnt in meiner Ecke und hörte Tristan zu, der groß in Fahrt war. Ich weiß nicht, ob er mich aufmuntern wollte oder ob ihm einfach danach zumute war, jedenfalls redete er ununterbrochen. Die Mädchen waren ein ideales Publikum. Was er auch sagte, sie lachten und schüttelten sich vor Vergnügen. Hin und wieder stieß Connie leicht gegen mich. Sie saß dicht neben mir, während auf ihrer anderen Seite viel freier Platz war. Als der Wagen durch eine scharfe Kurve sauste, flog sie gegen mich und verharrte ganz selbstverständlich in dieser Stellung, den Kopf an meiner Schulter. Ich fühlte ihr Haar an meiner Wange. Ich spürte ihren Duft. Sie duftete nach Seife, nach Frische; Parfüm schien sie kaum zu benutzen. Meine Gedanken wanderten zurück zu Helen. Ich dachte nicht sehr viel an sie in diesen Tagen. Es war lediglich eine Frage der Übung, und ich hatte es schon recht gut heraus, jeden Gedanken an sie in dem Augenblick, da er auftauchte, zu unterdrücken. Jedenfalls war das alles vorbei – vorbei, noch ehe es richtig begonnen hatte.
    Ich legte den Arm um Connie, und sie hob mir ihr Gesicht entgegen. Oh, wie gut, dachte ich, als ich sie küßte. Tristan sang jetzt mit lauter Stimme ein Lied, Brenda gluckste, und der alte Wagen ratterte die holperige Chaussee entlang.
    Schließlich kamen wir nach Poulton. Die einzige Straße in diesem gottverlassenen Dorf kroch den Hang hinauf und endete an einer kreisrunden Grünfläche mit einem alten Steinkreuz und einer steilen Erhebung, auf der das Institut thronte.
    Hier also sollte getanzt werden. Aber Tristan hatte zunächst anderes mit uns vor. »Es gibt hier einen hübschen kleinen Pub. Wir trinken erst ein Schlückchen, damit wir in Stimmung kommen.« Wir stiegen aus, und Tristan führte uns in ein niedriges Haus.
    Wir traten in einen großen quadratischen Raum mit weißgekalkten Wänden und einem schwarzen Kochherd, in dem ein helles Feuer brannte. Über dem Herd erstreckte sich ein riesiger alter Balken, knorrig, voller Narben und vom Rauch geschwärzt. Wir ließen uns dem Herd gegenüber auf einer langen Sitzbank mit hoher Rückenlehne nieder und fühlten uns angenehm geborgen vor der Kälte draußen. Wir waren die einzigen Gäste.
    Dann erschien der Wirt. Er trug ein gestreiftes Hemd ohne Kragen und eine Hose, die nicht nur von Hosenträgern, sondern zusätzlich von einem breiten Ledergürtel gehalten wurde. Sein freundliches rundes Gesicht strahlte, als er Tristan sah. »Na, Mr. Farnon, geht’s gut?«
    »Ausgezeichnet, Mr. Peacock, und wie geht’s Ihnen?«
    »Gut, Sir, recht gut. Ich kann nicht klagen. Und ich erkenne auch den anderen Herrn wieder. Sie waren schon einmal hier, nicht wahr?«
    »Ja, Mr. Peacock, und sollte ich jemals auf einer verlassenen Insel verhungern, werde ich bis zuletzt an das wunderbare Mahl denken, das Sie mir damals vorgesetzt haben.«
    Der Wirt zuckte mit den Schultern. »Na, so großartig wird’s nicht gewesen sein, Sir. Nur das übliche«, sagte er, doch offensichtlich freute er sich.
    »Gut, gut«, sagte Tristan ungeduldig. »Aber heute wollen wir nicht essen, sondern was trinken. Mr. Peacock hat eines der besten Faßbiere in Yorkshire. Ich bin gespannt, was Sie davon halten, Jim. Bringen Sie uns doch bitte zwei Maß und zwei Halbe, Mr. Peacock.«
    Es fiel mir auf, daß die Mädchen gar nicht erst gefragt wurden, was sie haben wollten, aber sie

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