Der Dominoeffekt
Hirn passt, es geht uns beiden nicht nur um Sex. Er ist ein Mann, mit dem ich reden kann.«
Der Detektiv hob zweifelnd die Augenbrauen und grinste dann wieder unverschämt. »Von reden hab ich aber nie viel gesehen. Wie lange geht die Geschichte mit euch denn schon?«
»Ein Dreivierteljahr. Wir haben uns in der Volkshochschule kennen gelernt.«
»Was war das denn für ein Kurs? Ehebruch für Fortgeschrittene?«
»Der Minnesang im Mittelalter«, ätzte Schepers zurück. Mit einer wütenden Handbewegung hätte sie beinahe das Mineralwasser vom Tablett der Bedienung gefegt.
»Putzig«, erklärte Vollmert, als die Kellnerin sie wieder verlassen hatte. »Ihr Ulf scheint ja ein richtiger Frauenversteher zu sein.«
»Sie langweilen mich«, entgegnete Schepers. »Was wollen Sie eigentlich von mir?«
»Kommt darauf an.«
»Worauf?«
»Was Ihnen Ihre Ehe wert ist.«
Die Rothaarige lachte verbittert auf. »Meine Ehe? Keine fünf Cent. Meinetwegen kann mein Mann in der Hölle schmoren.«
Vollmert warf demonstrativ einen Blick auf die Fotos, die Schepers mit der Rückseite nach oben auf den Tisch gelegt hatte. »Ich kann nicht gerade behaupten, dass mir Ihr Mann sympathisch wäre. Ich kann verstehen, dass Sie sich einen Liebhaber zugelegt haben.«
»Sie haben doch keine Ahnung. Schon seit Jahren behandelt mich dieser Schuft wie ein Stück Dreck, so als existiere ich gar nicht. Und loswerden will er mich auch.«
»Ups. Hat der auch was am Laufen? Vielleicht seine Sekretärin?«
Schepers verzog das Gesicht. »Eher sein achtzehnjähriger Auszubildender.«
Vollmert stutzte und lachte. »Das ist ein Homo? Und steht auch noch auf halbe Kinder? Sie tun mir leid.«
Die Frau klopfte die Glut ihrer eben angerauchten Zigarette heftig in den Aschenbecher und sah Vollmert böse an. »Schreien Sie noch lauter, damit es bloß jeder mitbekommt.«
Der Gescholtene winkte ab, nahm einen Schluck Wasser und lächelte. »Tja, jeder wie er will. Kann ja sein, dass Ihnen Ihre Ehe nichts wert ist; Ihr Lebensstandard aber bestimmt, oder nicht? Wie sagte Ihr Gatte doch so schön? ›Wenn die Schlampe mich betrügt, mach ich sie fertig. Wenigstens hab ich damals Gütertrennung mit ihr vereinbart.‹ Trifft das zu?«
Schepers nickte stumm.
»Also«, erklärte Vollmert. »Es liegt an Ihnen. Machen Sie mir ein seriöses Angebot und ich erzähle Ihrem Mann morgen, dass Sie die Treueste der treuen Ehefrauen sind. Ich höre.«
»Was bezahlt Ihnen mein Mann?«
»Etwa zweitausend.«
Die Rothaarige überlegte einen Moment. »Fünf. Und ich kriege dafür alle Fotos, Berichte und kann dabei zusehen, wie Sie Ihre Computerdateien löschen. Sie haben das doch auf dem PC, oder?«
»Kluges Köpfchen«, bestätigte Vollmert. »Sagen wir zehn und die Sache ist geritzt.«
»Sie sind ja wahnsinnig!«, erregte sich Schepers.
»Ja? Ich möchte nicht wissen, wie viel Kohle Sie im Monat allein für Kleidung und Schuhe ausgeben. Dafür sind zehntausend Euro doch wirklich nicht unverschämt. Wenn ich Ihrem Mann den Bericht überreiche, haben Sie gar nichts mehr. Na ja, zumindest wesentlich weniger als jetzt.«
Schepers überlegte noch einen Moment, signalisierte dann aber ihr Einverständnis.
»Morgen früh um zehn«, befahl Vollmert nachdrücklich. »Und kommen Sie dann nicht und sagen, Sie hätten das Geld nicht so schnell auftreiben können. Entweder oder.«
»Sie kriegen Ihren Judaslohn«, giftete Schepers.
»Und noch was«, erklärte Vollmert geheimnisvoll. »Wenn ich will, kann ich genauso verständnisvoll sein wie dein Ulf. Verstanden?«
14
»Hier sind eure Tickets.«
Alexej und Miguel sahen erst ihren Boss und dann sich gegenseitig verwundert an. Kamarov hielt jedem einen dicken Umschlag unter die Nase.
»Euer Zug geht um Viertel nach zwei vom Bochumer Hauptbahnhof, um zwanzig vor sechs seid ihr am Frankfurter Flughafen.«
»Aber warum?«, fragte Alexej.
»Hier ist es im Moment zu heiß«, erklärte Kamarov. »Der Chef will euch lieber im Ausland haben. Der tote Wachmann ist ein Problem.«
»Was ist mit Kohle?«, ließ Miguel zur Überraschung der beiden anderen Männer seine Stimme hören.
Der Russe nickte. »Im Umschlag sind für jeden von euch zweitausend Euro, damit kommt ihr erst mal über die Runden. In zwei, drei Monaten ist hier Gras über alles gewachsen, dann könnt ihr zurückkommen.«
»Sind da auch Pässe drin?«
»Klar. Sonst kommt ihr doch gar nicht in den Flieger. Macht euch eine schöne Zeit und erholt
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