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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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beschäftigten Manne, der vom beständigen Herumreisen müde, mit Arbeit überhäuft und in der Verfolgung seiner Geschäfte hitzig war wie ein Jäger bei der des Wildes, so sehr, daß Graslin in keine der Fallen ging, die von ehrgeizigen Müttern gelegt worden waren, welche diese glänzende Stellung für ihre Töchter begehrten. Graslin, der Sauviat der oberen Gesellschaftsschicht, gab keine vierzig Sous täglich aus, und ging gekleidet wie sein zweiter Gehilfe. Zwei Gehilfen und ein Kassenbote genügten ihm zur Erledigung seiner Geschäfte, die in Anbetracht der vielfältigen Einzelheiten unendlich groß waren. Ein Gehilfe erledigte die Korrespondenz, ein anderer saß an der Kasse. Pierre Graslin war für das übrige die Seele und der Leib. Seine aus seiner Familie erwählten Gehilfen waren sichere, kluge und wie er selber für die Arbeit geschaffene Männer. Was den Kassenboten anlangt, so führte er das Leben eines Frachtfuhrwerkspferdes. Graslin stand zu jeder Jahreszeit um fünf auf, legte sich niemals vor elf Uhr zu Bett und hatte eine Tagesaufwartung, eine alte Auvergnatin, welche die Küche besorgte. Das Tongeschirr, das gute derbe Hausmacherleinen standen in Einklang mit dem Leben in diesem Hause. Die Auvergnatin hatte den Befehl, die Summe von drei Franken für die Gesamtheit der täglichen Haushaltsausgaben niemals zu überschreiten. Der Laufbursche war zugleich Diener. Die Gehilfen machten ihre Zimmer selber sauber. Die geschwärzten Holztische, die Stühle, die ihr Stroh verloren hatten, die Fachschränke, die schlechten Bettgestelle, das ganze Mobiliar, welches in dem Kontor und den darüberliegenden drei Zimmern stand, war keine tausend Franken wert, einbegriffen eine kolossale Kasse, die ganz aus Eisen, in die Mauer eingebaut und ihm von seinen Vorbesitzern vermacht worden war, vor welcher der Laufbursche mit zwei Hunden zu seinen Füßen schlief. Graslin verkehrte nicht in der Gesellschaft, wo häufig Rede von ihm war. Zwei- oder dreimal jährlich speiste er bei dem Generaleinnehmer, mit dem seine Geschäfte ihn in beständige Beziehungen brachten. Manchmal aß er auch noch in der Präfektur; zu seinem lebhaften Bedauern war er zum Mitglied des Generalrats des Bezirks ernannt worden. »Er verlöre dort seine Zeit,« sagte er. Manchmal behielten ihn seine Kollegen, wenn er Geschäfte mit ihnen abschloß, zum Frühstück oder zum Mittagessen da. Endlich war er gezwungen, zu seinen ehemaligen Herren zu gehen, die den Winter über immer in Limoges zubrachten. Graslin hielt so wenig von gesellschaftlichen Beziehungen, daß er in fünfundzwanzig Jahren niemandem, wer es auch sein mochte, ein Glas Wasser angeboten hatte.
    Wenn Graslin durch die Straße ging, zeigte ihn jeder sich mit den Worten: »Da ist Monsieur Graslin!« was soviel heißen wollte wie: »Seht, das ist ein Mann, der ohne einen Pfennig nach Limoges gekommen ist und nun ein ungeheures Vermögen erworben hat.« Der Auvergnater Bankier war ein Beispiel, das mehr als ein Vater seinem Sohne vorhielt, ein Epigramm, das mehr als eine Frau ihrem Manne ins Gesicht schleuderte. Jeder kann begreifen, welchen Gedanken zufolge dieser Mann, der die Hauptstütze der ganzen finanziellen Maschine von Limousin geworden war, veranlaßt wurde, die verschiedenen Heiratsvorschläge, die man nicht müde wurde, ihm zu machen, zurückzuweisen. Die Töchter der Herren Perret und Grossetête waren verheiratet worden, ehe Graslin in der Lage gewesen war, sie zu ehelichen; doch da jede dieser Damen jüngere Töchter hatte, ließ man Graslin in Ruhe, in der Annahme, daß der alte Perret oder der schlaue Grossetête schon im voraus Graslins Heirat mit einer seiner Enkelinnen geplant hätte. Sauviat verfolgte aufmerksamer und ernsthafter als jedermann die aufsteigende Linie seines Landsmannes. Seit seiner Niederlassung in Limoges kannte er ihn. Doch ihre beiderseitigen Positionen wechselten so sehr, wenigstens dem Anschein nach, daß ihre oberflächlich gewordene Freundschaft nur selten aufgefrischt wurde. Nichtsdestoweniger verschmähte es Graslin in seiner Eigenschaft als Landsmann niemals, mit Sauviat zu plaudern, wenn sie sich zufällig trafen. Alle beide hatten sie ihr anfängliches Duzen, aber nur im Auvergnater Platt, beibehalten. Als der Generaleinnehmer von Bourges, der jüngste der Brüder Grossetête, seine Tochter 1823 mit dem jüngsten Sohne des Grafen von Fontaine verheiratet hatte, erriet Sauviat, daß der Grossetête Graslin nicht in seine Familie

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