Der Dorfpfarrer (German Edition)
schnell, vom Winde aus Mangel an Bäumen fortgetragen, die sie anderswo überall festhalten und ihre nebelhaften Substanzen an sich saugen. Mehrere solche ähnliche Punkte bepflanzen, hieße ihnen das Heil bringen. Von der nächsten großen Stadt durch einen für arme Leute unüberwindbaren Entfernungsraum, der eine Einöde zwischen beide legte, getrennt, hatten sie keine Abnehmer für ihre Produkte, wenn sie etwas produziert hätten, und bei einem nicht ausgebeutet werdenden Wald angesiedelt, der ihnen Holz und die unsichere Nahrung der Wilddieberei gab, waren die Bewohner den Winter über vom Hunger hart bedrängt. Da die Ländereien nicht die für Getreidebau nötigen Bedingungen besaßen, hatten die Unglücklichen weder Tiere noch Ackerbaugeräte, sie lebten von Kastanien.
Kurz, die Leute, welche, in einem Museum die Summe der zoologischen Produktionen betrachtend, die unsagbare Melancholie empfanden, die der Anblick der braunen Farben, welche die europäischen Produkte kennzeichnen, verursacht, werden vielleicht begreifen, wie sehr der Anblick solcher grauen Flächen die moralischen Anlagen durch den trostlosen Gedanken an die Unfruchtbarkeit, die sie fortwährend zur Schau stellen, beeinflussen muß. Da gibt's keine Frische, keinen Schatten, keinen Kontrast, keine Ideen, keines der Schauspiele, die das Herz erfreuen. Man möchte dort einen elenden verkümmerten Kartoffelacker ins Herz schließen, wie man es mit einem Freunde tun würde.
Eine kürzlich gebaute Bezirksstraße schlug ihren Weg durch diese Ebene ein bis zu einem Gabelungspunkte der Hauptstraße. Nach einigen Meilen stieß man am Fuße eines Hügels, wie sein Name es anzeigt, auf Montégnac, den Hauptort eines Kreises, wo einer der Bezirke der Haute-Vienne anfängt. Der Hügel fällt nach Montégnac hin ab, das in seiner Umgrenzung die Gebirgsnatur und die Natur der Ebenen zugleich besitzt. Die Gemeinde ist mit seinem Tief- und Hochland ein Schottland im kleinen. Hinter dem Hügel, an dessen Fuße der Flecken liegt, erhebt sich in einer Meile Entfernung etwa eine erste Spitze der corrèziennischen Bergkette. In diesem Zwischenräume dehnt sich der nach Montégnac genannte große Wald aus, der am Hügel von Montégnac beginnt, ihn überschreitet, die Täler und die unfruchtbaren Hänge, wo es große kahle Plätze gibt, füllt, die Bergspitze überzieht und bis an die Aubussonner Straße mit einer Zunge reicht, deren Ende an einer steilen Böschung dieser Straße verläuft. Die steile Böschung beherrscht eine Schlucht, durch welche die große Straße von Bordeaux nach Lyon führt. Oft waren Wagen, Reisende und Fußgänger im Grunde dieser gefährlichen Schlucht von Dieben aufgehalten worden, deren Handstreiche unbestraft blieben: die Lage begünstigte sie, auf ihnen bekannten Fußpfaden gewannen sie die unzugänglichen Teile des Waldes. Ein solches Land bot den Nachforschungen der Justiz wenig Handhaben. Niemand kam dorthin. Ohne Verkehr konnte sich dort weder Handel noch Industrie, noch Ideenaustausch, keine Art von Reichtum behaupten: die physischen Wunder der Zivilisation sind stets das Ergebnis angewandter Grundideen. Ständig ist der Gedanke der Ausgangs- und Endpunkt jeder Gemeinschaft. Die Geschichte von Montégnac ist ein Beweis dieses Axioms der Sozialwissenschaft. Als die Verwaltung sich mit den dringenden und materiellen Bedürfnissen des Landes befassen konnte, holzte sie die Waldzunge ab, legte dort einen Gendarmerieposten hin, der die Verkehrsmittel nach beiden Wechselstationen begleitete; doch zur Schande der Gendarmerie war es das Wort und nicht das Schwert, der Pfarrer Bonnet und nicht der Unteroffizier Chervin, welcher diese bürgerliche Schlacht gewann, indem er die Moral der Bevölkerung änderte. Dieser Pfarrer, der von religiöser Liebe für das arme Land entflammt war, versuchte es sittlich zu erneuern und kam zu seinem Ziele.
Nachdem der Abbé Gabriel eine Stunde lang durch diese bald steinigen bald staubigen Ebenen, wo die Rebhühner friedlich in Ketten leben und beim sich Nähern eines Wagens beim Auffliegen das dumpfe und schwere Geräusch ihrer Flügel hören lassen, gefahren war, sah er, wie alle Reisenden, welche hier durchgekommen sind, mit einer gewissen Freude die Dächer des Fleckens auftauchen. Beim Eingange von Montégnac ist eine jener wunderlichen Poststationen, wie man ihnen nur in Frankreich begegnet. Ihr Merkmal besteht in einem Eichenbrett, in das ein anmaßlicher Postillon folgende Worte: »Pohst und
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