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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Zerrissenheit, noch die warmen Schlünde und die öden Gipfel des Apennins, noch die Großartigkeit der Pyrenäen dar; seine durch die Bewegung der Gewässer entstandenen Wellenlinien zeugen von der Besänftigung der großen Katastrophe und der Ruhe, mit welcher die flüssigen Massen zurückgewichen sind.
    Diese, der Mehrzahl der Erdbewegungen Frankreichs gemeinsame Physiognomie hat vielleicht ebensoviel dazu beigetragen, dem Klima die Bezeichnung sanft einzutragen, welche Europa ihm beigelegt hat. Wenn dieser flache Uebergang zwischen den Landschaften des Limousins, der Marche und der Auvergne dem Denker und Dichter, der sich der Bilder des Unendlichen bedient, den Schrecken mancher Seelen darstellt, wenn er die Frau, die sich im Wagen langweilt, in Träumerei versetzt, für den Bewohner ist diese Natur rauh, wüst und ohne Hilfsquellen. Der Boden dieser großen, grauen Planen ist undankbar. Einzig die Nachbarschaft einer Hauptstadt könnte hier das Wunder erneuern, welches während der letzten beiden Jahrhunderte in der Brie geschehen ist. Dort aber fehlen jene großen Residenzen, die manchmal solche Einöden zum Leben erwecken, wo der Landmann Lücken sieht, wo die Zivilisation seufzt, wo der Tourist weder Herbergen, noch was ihn begeistert, das Malerische, findet. Bedeutende Geister hassen solche Steppen, diese auf dem unendlich großen Gemälde der Natur notwendigen Schatten, nicht. Kürzlich hat Cooper dies so melancholische Talent, die Poesie dieser Einöden in der »Prärie« wundervoll enthüllt. Diese vom Pflanzengeschlecht vergessene Landstrecke, die unfruchtbare mineralogische Ueberreste, Kieselgeröll und tote Erdmassen bedecken, fordern die Zivilisation zum Kampfe heraus. Frankreich muß sich die Lösung solcher Schwierigkeiten angelegen sein lassen, wie die Engländer jene betreiben, welche ihnen in Schottland geboten werden, wo ihre Geduld, ihre heroische Agrikultur die trockensten Ginsterfelder in fruchtbare Pachtungen verwandelt hat. Ihrer Wüstheit und ihrem Anfangsstadium überlassen, erzeugen derartige soziale Brachfelder aus Mangel an Nahrung Entmutigung, Faulheit, Schwäche und das Verbrechen, wenn die Bedürfnisse zu laut sprechen. Diese wenigen Worte erzählen die alte Geschichte von Montégnac. Was tun, in einem weiten unbebauten Landstriche, der von der Verwaltung vernachlässigt, vom Adel aufgegeben und von der Industrie verwünscht worden ist? Krieg führen mit der Gesellschaft, die ihre Pflichten verkennt! So lebten denn die Bewohner Montégnacs ehedem von Diebstahl und Mord, wie vormals die Schotten im Hochland. Beim Anblick des Landes verstand ein Denkender sehr wohl, warum die Bewohner dieses Dorfes vor zwanzig Jahren mit der Gesellschaft im Krieg lebten. Dies große Plateau, das auf einer Seite vom Tale der Vienne, auf der anderen von den hübschen kleinen Tälern der Marche, dann der Auvergne eingeschnitten und von den Bergen der Corrèze abgesperrt wird, gleicht, abgesehen von der Landwirtschaft, der Hochebene der Beauce, welche das Loirebecken von dem Seinebecken trennt, denen der Touraine und des Berri und so vielen anderen, welche gleichsam kleine Rauten auf Frankreichs Oberfläche und zahlreich genug sind, um die Gedanken der größten Administratoren zu beschäftigen. Es ist unerhört, daß man sich über das ständige Aufsteigen der Volksmassen nach den sozialen Höhen hin beklagt, und daß eine Regierung in einem Lande, wo die Statistik mehrere Millionen Hektar Brachfeld bedauert, von denen bestimmte Teile, wie in Berri, sieben oder acht Fuß Humus haben, kein Heilmittel dafür findet! Viele dieser Ländereien, die ganze Dörfer ernähren würden, die ungeheuer fruchtbar sind, gehören widerspenstigen Gemeinden, die sich weigern, sie an Spekulanten zu verkaufen, um sich das Recht zu bewahren, hundert Kühe dort weiden zu lassen. Ueber allen diesen bestimmungslosen Ländereien steht das Wort: »Unfähigkeit« geschrieben. Jedes Land besitzt irgendeine besondere Fruchtbarkeit. Weder Arme noch guter Wille fehlen, sondern Gewissen und Verwaltungstalent. In Frankreich sind diese Hochebenen bislang den Tälern aufgeopfert worden; die Regierung hat nur da, wo die Interessen sich selber schützten, Hilfe gewährt und ihre Sorgfalt walten lassen. Den meisten solcher unglückseliger Einöden fehlt es an Wasser, dem ersten Grundstoff jeder Produktion. Die Nebel, welche diese grauen und toten Ländereien fruchtbar machen könnten, indem sie ihre Oxyde dort abladen, bestreichen sie

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