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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Ferde« eingegraben, sie dann mit Tinte geschwärzt und das Holz mit vier Nägeln über einem elenden Pferdestall ohne Pferde angebracht hat. Die beinahe immer offene Tür hat als Schwelle eine Planke, die in die Erde eingegraben ist, um den Stallboden, der tiefer als der des Weges liegt, vor Regenüberschwemmungen zu bewahren. Der trostlose Reisende erblickt blanke, abgescheuerte, geflickte Geschirre, die bereit sind, beim ersten Anziehen der Pferde zu zerreißen. Die Pferde sind bei der Arbeit, auf der Wiese, immer wo anders als im Stalle. Wenn sie zufällig im Stalle sind, fressen sie; wenn sie gefressen haben, ist der Postillon bei seiner Tante oder Base; fährt Heu ein oder er schläft, niemand weiß, wo er ist. Man muß warten, bis man ihn holt; er kommt erst, nachdem er sein Geschäft verrichtet hat. Wenn er angelangt ist, braucht er eine unendliche Zeit, bis er einen Rock, seine Peitsche gefunden oder seine Pferde angeschirrt hat. Auf der Hausschwelle steht eine gute dicke Frau, die immer ungeduldiger ist als der Reisende, und sich, um ihn am Loswettern zu hindern, mehr Bewegung macht, als die Pferde sich dabei machen würden. Sie stellt die Postmeisterin vor, deren Mann auf dem Felde ist.
    Der Günstling Hochwürdens ließ seinen Wagen vor einem Stalle dieser Art, dessen Mauern einer Landkarte glichen und dessen Strohdach, das wie ein Beet blühte, unter der Last des Hauswurzes nachgab. Nachdem er die Meisterin gebeten hatte, alles für seine Abreise vorzubereiten, die in einer Stunde stattfinden sollte, erkundigte er sich nach dem Wege zum Pfarrhofe. Die gute Frau zeigte ihm zwischen zwei Häusern ein Gäßchen, das nach der Kirche führte, die Pfarrei war daneben.
    Während der junge Abbé diesen steinbesäten und von Hecken eingefaßten Pfad hinanging, fragte die Postmeisterin den Postillon aus. Seit Limoges hatte jeder ankommende Postillon seinem abfahrenden Kollegen die Mutmaßungen des Bischofs, die von dem Hauptstadtpostillon geäußert worden waren, mitgeteilt. Daher teilten sich, während die Bewohner von Limoges aufstanden und sich über die Hinrichtung des Mörders des Vater Pingret unterhielten, auf dem ganzen Wege die Landleute die vom Bischof erlangte Begnadigung des Unschuldigen mit und schwatzten über die angeblichen Irrungen der menschlichen Gerechtigkeit. Wenn Jean-François später hingerichtet sein wird, muß er vielleicht für einen Märtyrer gehalten werden.
    Nachdem er diesen, von Herbstblättern roten, von Brombeeren und Schlehen schwarzen Pfad hinaufkletternd, einige Schritte getan, drehte Abbé Gabriel sich um, durch eine unwillkürliche Regung getrieben, die uns alle überkommt, die Orte, wo wir zum ersten Male gehen, kennenzulernen, eine Art angeborener physischer Neugierde, welche die Pferde und Hunde teilen. Die Lage von Montégnac erklärte sich ihm durch einige Quellen, die der Hügel aussendet, und durch einen kleinen Fluß, an dem die Bezirksstraße entlang führt, welche den Kreishauptort mit der Präfektur verbindet. Wie alle Dörfer dieser Hochebene ist Montégnac aus an der Sonne getrocknetem und in gleiche Vierecke geformtem Lehm gebaut. Nach einem Brande kann man ein aus Ziegeln erbautes Haus finden. Die Dächer sind aus Stroh. Alles wies damals auf Armut hin. Vor Montégnac dehnten sich mehrere Roggen-, Rüben- und Kartoffelfelder aus, die der Ebene abgerungen waren. Auf dem Hügelabhang sah er einige bewässerte Wiesen, wo man die berühmten Limousiner Pferde aufzieht, die, wie es heißt, ein Vermächtnis der Araber sind, als sie über die Pyrenäen nach Frankreich kamen, um zwischen Tours und Poitiers unter den Aexten der von Karl Martell befehligten Franken zu sterben. Das Aussehen der Höhen deutete auf Trockenheit hin. Verbrannte, rötliche, heiße Plätze kündigten das trockene Erdreich an, welches die Kastanienbäume lieben. Die zur Bewässerung sorgsam verwendeten Wasserläufe belebten nur die von Kastanienbäumen umrandeten, von Hecken eingeschlossenen Wiesen, wo jenes zarte und seltene, beinahe zuckersüße Gras wächst, das jene Rasse stolzer und kostbarer Pferde hervorbringt, die bei Strapazen wenig Widerstand zeigen, doch an den Orten, wo sie geboren werden, ganz ausgezeichnet sind, sich jedoch verändern, wenn man sie verpflanzt. Einige erst kürzlich gepflanzte Maulbeerbäume wiesen auf die Absicht hin, Seidenraupen zu züchten. Wie die meisten Dörfer der Welt hatte Montégnac nur eine einzige Straße, durch welche die Fahrstraße ging. Aber es gibt

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