Der Dorfpfarrer (German Edition)
gelegene Rückseite trägt wie eine Einfriedigungsmauer einen schönen Waldteil, der sich auf dem anderen Abhänge dieses langen Hügels hinzieht, dessen Dürre einen völligen Gegensatz zu dem bildet, auf welchem Farrabesches Haus steht. Auf einer Seite rauhe und zerklüftete Formen, auf der anderen anmutige Formen, reizvolle Krümmungen; auf der einen Seite die kalte und schweigende Unbeweglichkeit unfruchtbarer Bodenstücke, die durch horizontale Steinblöcke, nackte und kahle Felsen gehalten werden, auf der anderen Bäume von verschiedenem Grün, deren Mehrzahl in diesem Augenblick zwar der Blätter beraubt sind, deren schöne, gerade und verschieden gefärbte Stämme sich in jeder Terrainfalte erheben und deren Zweige sich dann nach des Windes Willen bewegen. Einige Bäume, die widerstandsfähiger als die anderen sind, wie Eichen, Ulmen, Rüstern, Kastanien behalten ihre gelben, bronzenen und veilchenblauen Blätter. Nach Montégnac hin, wohin das Tal sich auf übermäßige Weise verbreitert, bilden die beiden Abhänge ein ungeheures Hufeisen; und von der Stelle aus, wo Véronique an einen Baum gelehnt stand, konnte sie die wie Stufen eines Amphitheaters sich aufbauenden Täler sehen, wo die Baumwipfel einander wie Menschengestalten überragen. Diese schöne Landschaft bildete die Rückseite ihres Parks, in den sie später einbezogen wurde. Auf der Seite von Farrabesches Hütte verengerte sich das Tal mehr und mehr und lief schließlich in einen Paß von etwa hundert Fuß Breite aus.
Die Schönheit dieser Aussicht, über welche Véroniques Augen mechanisch hinirrten, brachte sie bald auf sich selbst zurück. Sie wandte sich wieder dem Hause zu, wo Vater und Sohn schweigend aufrecht standen, ohne sich die merkwürdige Geistesabwesenheit ihrer Herrin zu erklären zu suchen. Sie untersuchte das Haus, das mit mehr Sorgfalt gebaut, als die Strohbedachung es vermuten ließ, und zweifelsohne seit der Zeit verlassen worden war, als die Navarreins sich nicht mehr um diese Domäne gekümmert hatten. Je mehr Jagdbezirke, desto mehr Wächter. Obwohl das Haus seit mehr als hundert Jahren leer stand, waren die Mauern gut, doch hatten sie Efeu und Schlinggewächse von allen Seiten überwuchert. Als man Farrabesche erlaubt hatte, dort zu bleiben, hatte er das Dach mit Stroh bedecken lassen, selbst hatte er den Raum innen mit Fliesen belegt und dort den gesamten Hausrat zusammengebracht. Beim Eintreten bemerkte Véronique zwei Bauernbetten, einen schweren Nußbaumschrank, einen Backtrog fürs Brot, eine Anrichte, einen Tisch, drei Stühle, und in den Anrichtenfächern verschiedene irdene Teller, kurz, alle fürs Leben notwendigen Geräte. Ueber dem Kamine hingen zwei Flinten und zwei Jagdtaschen. Eine Menge vom Vater für das Kind verfertigter Sachen verursachten Véronique eine tiefe Rührung: ein aufgetakeltes Schiff, eine Schaluppe, ein geschnitzter Holzbecher, eine wundervoll gearbeitete Holzdose, eine Lade aus Strohmosaik, ein Kruzifix und ein Rosenkranz; alles prächtige Dinge. Der Rosenkranz bestehend aus Pflaumenkernen, die auf jeder Seite einen Kopf von wunderbarer Feinheit zeigten, da gab's einen Christus, die Apostel, die Madonna, den heiligen Johannes den Täufer, den heiligen Josef, die heilige Anna und die beiden Magdalenen.
»Das hab' ich gemacht, um den Kleinen an langen Winterabenden zu unterhalten,« sagte er, wie um sich zu entschuldigen.
Die Vorderfront des Hauses ist mit Jasmin und hochstämmigen Rosen bepflanzt, die an die Mauer gebunden sind, und die Fenster des ersten unbewohnten Stocks umblühen, wo Farrabesche seine Vorräte verschloß. Er hatte Hühner, Enten und zwei Schweine; er kaufte nur Brot, Salz, Zucker und einige Spezereien. Weder er noch sein Sohn tranken Wein.
»Alles, was man mir von Ihnen erzählt hat, und ich selber sehe,« sagte Madame Graslin schließlich zu Farrabesche, »erweckt in mir ein lebhaftes Interesse für Sie, das nicht unfruchtbar bleiben soll.«
»Daran erkenne ich Monsieur Bonnet!« rief Farrabesche in gerührtem Ton.
»Sie täuschen sich; der Herr Pfarrer hat mir noch nichts gesagt; der Zufall, oder Gott vielleicht, hat alles getan.«
»Ja, Madame, Gott! Gott allein kann Wunder für einen Unglücklichen wie mich tun!«
»Wenn Sie unglücklich gewesen sind,« sagte Madame Graslin mit zartfühlender weiblicher Aufmerksamkeit, die Farrabesche rührte, ziemlich leise, damit das Kind nichts hörte, »so machen Ihre Reue, Ihre Aufführung und des Herrn Pfarrers
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