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Der Drache am Himmel

Der Drache am Himmel

Titel: Der Drache am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Sommer
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schuldig zu sein, den er sich nicht leisten kann. Man kann ihm das kaum verargen, denn seine Frau ist wirklich außergewöhnlich schön, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Akonnor wollte damit andeuten, dass Aldos Mann in Accra erpressbar war und unter Umständen bereit sein könnte zuzugeben, dass er die Anweisungen Mister A. B.s gefälscht habe.
    »Sie meinen also, er hat vollkommen eigenmächtig gehandelt?«
    Diese Frage belohnte Akonnor mit einem Blick der Hochachtung.
    »Sie verfügen über große Klarsicht, Mr Lauterbach. Wir beide kennen Herrn Bellini als verantwortungsbewussten Geschäftsmann, der nie und nimmer die Gesundheit junger Menschen gefährden würde. Er ist doch selbst Vater und, wie Sie sicher bestätigen können, ein liebevoller Vater. Er wäre niemals mit diesem unprofessionellen, kriminellen Recycling der Druckzylinder einverstanden gewesen. Das ist nicht sein Stil, nicht wahr?«
    Ich dachte an Fiona und Fabio, an meine Spielstunden mit ihnen im Park, an Aldos gehetztes Leben, an Carlas Vorwürfe, er hätte für seine Kinder nie Zeit – und fand eine Antwort:
    »Ja. Herr Bellini hat zwei wunderbare Kinder.«
    »Sehen Sie! Das wird den Richter beeindrucken. Und Sie werden sicher auch bestätigen können, dass die Maskensammlung, die Herr Bellini aufgebaut hat, von großer Kennerschaft zeugt.« Als er sah, wie ich die Augen aufriss, weil ich weniger als nichts begriff, hob er beschwichtigend die Hände: »Die Zusammenhänge werde ich Ihnen gleich erläutern. Erlauben Sie aber, dass ich es im Wagen tue. Wir sollten nämlich allmählich aufbrechen. Punkt elf Uhr dreißig werden wir zu Mr Bellini vorgelassen.«
    Den mörderischen Straßenverkehr meisterte Aziz Akonnor ebenso souverän, wie er mir zu Klarheit verhalf.
    In fünf Wochen werde hier in Accra der Jahreskongress von Unicef, dem Kinderhilfswerk, tagen. Als Ehrengäste würden die einschlägigen prominenten Adoptiveltern aus Hollywood erwartet, was weltweite Publizität sichere. Der Regierung könne keinesfalls daran gelegen sein, dass ausgerechnet jetzt ein Fall von übler Kinderausbeutung Schlagzeilen machte. Das schade Ghana und schrecke Investoren ab. Das werde auch der Richter einsehen, der darüber zu entscheiden habe, ob Mr Bellini wegen schwerer Körperverletzung angeklagt werde. Das könne leicht zehn Jahre in Gefängnissen bedeuten, deren Innenleben für Mr Bellini nicht bekömmlich sein würde. (Die Art, wie er Innenleben betonte, machte mich schaudern.)
    Er habe sich nun folgende Taktik überlegt. Zweifellos wolle der Richter seinem Land nicht schaden. Allerdings müsse er auch seiner Berufsehre Rechnung tragen. Der Niederschlagung der Anklage dürfe deshalb nicht der leiseste Ruch von Willkür anhaften. Also müsse dem Ehrwürdigen geholfen werden. Ein Freispruch zum Beispiel sei zu auffällig. Das würde ja auch bedeuten, dass Mr Bellini völlig zu Unrecht festgesetzt worden sei. Für etwas müsse Mr Bellini schon den Kopf hinhalten. In seinem Hotelzimmer seien drei Voodoo-Masken gefunden worden. Diese stellten bedeutendes Kulturgut dar. Zweifellos habe Mr Bellini die schändliche Absicht gehabt, diese Stücke außer Landes zu bringen. Ob ich ihm so weit folgen könne?
    »Als wie schändlich gilt der Export der Masken?«, fragte ich.
    »Ich schätze mal … zehn Millionen.« Obwohl ich wusste, dass er in Cedis rechnete, verschlug mir die Summe zunächst den Atem. Beim Umrechnen kam ich aber schnell auf harmlose tausend Dollar. Akonnor musste meine Erleichterung wahrgenommen haben, denn er schmunzelte und schob fröhlich nach:
    »Je Maske, selbstverständlich!« Erst da wurde mir klar, dass diese Autofahrt nicht bloß der Erläuterung seiner Taktik, sondern als erste Verhandlungsrunde diente.
    »Gegen ein Bußgeld von dreitausend Dollar käme mein Freund also frei?«
    »Richtig!«, sagte Akonnor. »Und damit sind Sie noch überaus gut bedient. Ghanas Gesetze sind nämlich sehr streng. Bis zu fünf Jahre Gefängnis sind für das unerlaubte Ausführen geschützten Kulturguts möglich. Es wird deshalb sehr wichtig sein, dass Sie dem Richter Mr Bellinis Beweggründe überzeugend erklären. Führen Sie aus, dass er nicht von Profitdenken getrieben wurde, sondern von seiner Sammelleidenschaft als international renommierter Experte für Masken. Im Grunde seines Herzens geht es ihm nur um die Bewahrung dieser Schätze für die Nachwelt!«
    Ebenso elegant, wie er Bellinis Motive skizziert hatte, lenkte Akonnor jetzt den BMW an den

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