Der Drache aus dem blauen Ei
verbeuge dich!“
Mogli zog anmutig eine Vorderpfote zu seiner Brust hoch und neigte den Kopf.
„Das ist ja toll“, rief Anja.
„Und rollen!“, sagte Herr Meisenbeißer. Mogli streckte sich auf den Boden aus und rollte so flink über den Teppich, dass seine Ohren umklappten.
Herr Meisenbeißer nahm den Regenschirm aus dem Schirmständer und hielt ihn waagrecht über den Boden. „Und jetzt – hopp!“
Mogli nahm Anlauf und sprang hinüber.
„Wo hat er das denn alles gelernt?“, fragte Anja.
„Ich war mit ihm in der Hundeschule.“ Herr Meisenbeißer deutete zur Wand, an der ein neuer Rahmen hing. „Da ist sein Zeugnis.“
„Ouuu!“ Anja und Herr Meisenbeißer zuckten zusammen. Aber es war nicht Mogli, der hier heulte. Es war der gekränkte Lavundel. „Ooouuu! Sogar Mogli hat ein Zeugnus!“
Er sauste in das Wohnzimmer und kroch unter ein Sofakissen. Dort jammerte und schimpfte er bitterlich vor sich hin.
Anja seufzte tief und erzählte, was Lavundel so wütend machte.
„Oh, oh“, sagte Herr Meisenbeißer. „Und ich habe ihm auch noch Moglis Urkunde gezeigt.“
„Er will unbedingt ein richtiges Zeugnis haben“, sagte Anja leise. „Aber es gibt nun mal keine Drachenschule.“
„Hm“, meinte Herr Meisenbeißer und zwinkerte ihr verschmitzt zu. „Warum eigentlich nicht?“
Er beugte sich vor und flüsterte Anja ein paar Sätze ins Ohr. Anja war ganz verblüfft. So einfach sollte das sein?
„Das ist eine wirklich tolle Idee!“, flüsterte sie. „Ich muss sofort Yasemin anrufen.“
So kam es, dass Lavundel am nächsten Morgen um halb acht von einem schrillen Wecker unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde. „Aufwachen!“, rief Anja. „Wir müssen in die Schule!“
„W… Wus?“ Lavundel blinzelte verwirrt.
„Schule!“, wiederholte Anja und zog sich in Windeseile an. In der Küche lagen schon die Pausenbrote bereit. Ihre Eltern und ihre Brüder waren schon ganz früh aufgebrochen.
Lavundel erschien verschlafen in der Küche. „Aber es sind doch Furien“, brummelte er und gähnte.
„In deiner Schule nicht“, antwortete Anja. „Los, hol dein Schreibheft.“
Lavundel verschränkte die Arme und kniff misstrauisch die Augen zusammen. „Ist das eine von deinen Geschuchten?“
„Nein.“ Anja zog sich schon die Sandalen an.
„Du schwundelst doch nicht, oder?“, fiepte Lavundel.
Anja zuckte mit den Schultern und blickte Lavundel an. „Glaub, was du willst. Ich will jedenfalls nicht zu spät zur Schule kommen. Tschüss!“
Und sie lief zur Tür.
„Hult!“, schrie Lavundel und flitzte ihr hinterher. „Ich komme mut!“
Im nächsten Augenblick hatte er sich schon sein Schreibheft geschnappt und sich im Schulranzen verkrochen.
Blöderweise war Frau Heck-Schaube auch schon wach. Im Morgenmantel stand sie am Briefkasten und holte die Zeitung heraus. Als sie Anja mit ihrem Schulranzen vorbeigehen sah, blieb ihr der Mund offen stehen.
„Was soll das denn?“, keifte sie. „Bist du nicht ganz gescheit, Kind? Es sind doch Ferien!“
„Nö“, sagte Anja. „Sonst hätte ich wohl kaum meinen Schulranzen auf, oder?“
Frau Heck-Schaube kratzte sich verwirrt am Kopf. „Aber …“
„Mampf deinen Hut, Schreckschraube!“, kam es leise aus dem Ranzen.
„Was war das?“, rief die Nachbarin empört.
Anja bekam sofort knallrote Ohren. „Ähhh … Ich sagte gerade: Machen Sie’s gut, Frau Heck-Schaube“, antwortete sie hastig und ging rasch weiter.
Die Drachenschule
Als Herr Meisenbeißer die Tür aufmachte, blieb Anja vor Staunen der Mund offen stehen. Wie hatte er sich verändert! Er trug eine eckige Brille, eine schwarze Anzugjacke und eine Krawatte. Außerdem sah er streng drein.
„Du kommst aber spät zur Schule“, sagte er tadelnd. „Die anderen sind alle schon da.“ Er blickte auf eine Liste in seiner Hand. „Wie heißt du?“
„Anja Lukas, Herr Lehrer.“
„Aha. Und wer ist der andere Schüler?“ Herr Meisenbeißer deutete auf ihre Schulter. Lavundel war aus dem Schulranzen geklettert und sah ihn mit großen Augen an.
„Das ust doch Herr Meisenbeißer“, flüsterte er Anja ins Ohr.
„Da irrst du dich aber gewaltig, mein Junge“, antwortete Herr Meisenbeißer. „Ich bin Herr Plusminusquadrat, euer Mathematiklehrer.“
„Leg dich nicht mit Herrn Plusminusquadrat an“, wisperte Anja Lavundel warnend zu. „Er versteht leider gar keinen Spaß.“
Jetzt war Lavundel sprachlos. Dann entdeckte er das riesige Schild, das an einer
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