Der Drachenbeinthron
sich für einen hilfreichen Freund gehört – und das, obwohl sein eigenes Herz ihm gegen den Brustkorb hämmerte wie ein Specht. »Es ist ja alles gut«, erklärte er. »Jetzt ist alles gut.«
Der Mönch hatte die Augen mit dem Ärmel bedeckt. »Alle habt ihr umgebracht, nun wollt ihr uns auch noch töten!«, rief er, und in seiner Stimme, so erstickt sie sich auch anhörte, lag eher Selbstmitleid als Furcht.
»Ein Rimmersmann ist er«, bemerkte Binabik, »als ob man sich das nicht schon denken könnte, so wie er die Qanuc verleumdet.
Pah.« Der Troll stieß einen angewiderten Laut aus. »Hilf ihm auf, Simon, wir wollen ihn ans Licht führen.«
Simon ergriff den knochigen, schwarzverhüllten Ellenbogen des Mannes und brachte ihn mühsam auf die Füße. Aber als er ihn zu Binabik leiten wollte, riss der Mann sich los.
»Was tust du da?«, schrie er und tastete nach dem Baum auf seiner Brust. »Soll ich die anderen im Stich lassen? Nein, bleib bloß weg von mir!«
»Die anderen?« Simon schaute fragend auf Binabik. Der Troll zuckte die Achseln und kraulte die Ohren der Wölfin. Qantaqa schien zu grinsen, als erheitere sie das Schauspiel.
»Leben noch andere?«, fragte der Junge sanft. »Wir wollen dir helfen und ihnen auch, sofern wir können. Ich heiße Simon, und das ist mein Freund Binabik.« Der Mönch glotzte ihn misstrauisch an. »Und Qantaqa hast du ja schon kennengelernt, denke ich«, fügte Simon hinzu und bedauerte sofort den schlechten Scherz. »Sag uns, wer du bist. Und wo sind diese anderen?«
Der Mönch, dessen Fassung zurückzukehren begann, musterte ihn mit einem langen, argwöhnischen Blick, um danach auch Troll und Wolf kurz zu beäugen. Als er sich wieder Simon zuwandte, war sein Gesicht etwas entspannter.
»Wenn du wirklich … ein guter Ädoniter bist und aus Wohltätigkeit handelst, so bitte ich dich um Vergebung.« Der Ton des Mönches war steif wie bei einem Menschen, der nicht gewöhnt ist, sich zu entschuldigen. »Ich bin Bruder Hengfisk. Ist dieser Wolf …«, er wandte den Blick ab, »… euer Gefährte?«
»Allerdings«, entgegnete Binabik streng, bevor Simon etwas antworten konnte. »Zu bedauern ist es, dass sie dich erschreckt hat, Rimmersmann, aber du wirst selber erkennen, dass sie dir nichts Übles getan hat.«
Hengfisk würdigte Binabik keiner Antwort. »Ich habe meine beiden Pfleglinge schon zu lange alleingelassen«, erklärte er, zu Simon gewandt, »ich muss wieder zu ihnen.«
»Wir begleiten dich«, erwiderte der Junge. »Vielleicht kann Binabik helfen. Er kennt sich mit Kräutern und anderen Dingen vorzüglich aus.«
Der Rimmersmann hob kurz die Brauen, wodurch seine Augen noch weiter hervorzutreten schienen. Sein Lächeln war bitter.
»Das ist ein freundlicher Gedanke, Junge, doch ich fürchte, irgendwelche … Waldkräuterumschläge können Bruder Langrian und Bruder Dochais nicht mehr helfen.« Er machte auf dem Absatz kehrt und ging auf recht unsicheren Beinen tiefer in den Wald hinein.
»So warte doch!«, rief Simon ihm nach. »Was ist denn überhaupt in der Abtei geschehen?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Hengfisk, ohne sich umzudrehen. »Ich war nicht dabei.«
Simon sah sich hilfesuchend nach Binabik um, aber der Troll machte keine Anstalten mitzukommen. Stattdessen rief er hinter dem humpelnden Mönch her: »Ach – Bruder Hängfisch?«
Wutschnaubend schoss der Mönch herum. »Mein Name ist Hengfisk, Troll!« Simon fiel auf, wie schnell ihm die Farbe ins Gesicht stieg.
»Ich habe nur Übersetzungsdienste für meinen Freund geleistet«, grinste Binabik sein gelbes Grinsen, »der nicht die Sprache von Rimmersgard spricht. Du sagst, du weißt nicht, was geschehen ist. Wo warst du denn, als man deine Brüder so furchtbar abschlachtete?«
Der Mönch schien schon im Begriff, etwas zurückzufauchen, griff dann aber nach seinem Baum und umklammerte ihn. Gleich darauf sagte er mit ruhigerer Stimme: »So komm mit und sieh. Ich habe keine Geheimnisse vor dir, Troll, oder vor meinem Gott.« Er stakste davon.
»Warum hast du ihn wütend gemacht, Binabik?«, flüsterte Simon. »Ist hier nicht schon genug Schlimmes geschehen?«
Binabiks Augen waren Schlitze, aber er hatte sein Grinsen nicht verloren. »Vielleicht bin ich unfreundlich, Simon, aber du hörtest seine Rede; du sahst seinen Blick. Lass dich nicht dadurch täuschen, dass er ein Heiligengewand trägt. Zu oft sind wir Qanuc in der Nacht aufgewacht und haben Augen wie die von Hengfisk auf uns
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