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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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unwiderstehlichen Priester Johan sprach, einen Mann, der in so vielen Liedern und Geschichten vorkam, dass einzig Usires Ädons Name auf der Welt noch bekannter war, und das keineswegs mit großem Vorsprung.
    » Im Gegensatz dazu «, hieß es in dem Absatz weiter, » war der einzige Mann, der Johan im Felde gleichkam, sein gänzliches Widerspiel. Camarissá-Vinitta, letzter Prinz des königlichen Hauses von Nabban und Bruder des damaligen Herzogs, war ein Mensch, für den der Krieg nur eine von vielen irdischen Versuchungen bedeutete. Auf seinem Ross Atarin, das gewaltigeSchwert Dorn in der Hand, war er wohl der tödlichste Mann unserer Welt – und doch fand er kein Vergnügen in der Schlacht, und seine große Gewandtheit bedeutete ihm nichts als eine Last, weil sein machtvoller Ruf viele gegen ihn führte, die eigentlich keinen Grund dazu gehabt hätten, sodass er töten musste, wo er es gar nicht wollte.
    Im Buch Ädon heißt es, dass, als die Priester von Yuvenis kamen, um den Heiligen Usires zu verhaften, er willig mit ihnen ging; aber als sie auch seine Jünger Sutrines und Granis mit sich nehmen wollten, duldete Usires Ädon es nicht und erschlug die Priester mit der Berührung seiner Hand.
    Er weinte viele Tränen, weil er sie getötet hatte, und segnete ihre Leichname.
    Genauso verhielt es sich, wenn ein so gotteslästerlicher Vergleich erlaubt ist, mit Camaris. Wenn irgendein Mensch an die furchtbare Macht und allumfassende Liebe heranreicht, die Mutter Kirche Usires zuschreibt, dann Camaris, ein Krieger, der tötete, ohne seine Feinde zu hassen, und dennoch der schrecklichste Kämpfer seiner Zeit war oder wahrscheinlich aller Zeiten … «
    »Simon! Willst du bitte schnell kommen! Ich brauche Wasser, und zwar sofort!«
    Der Ton in Binabiks Stimme, rauh vor Dringlichkeit, ließ Simon schuldbewusst aufspringen. Er rannte die Uferböschung hinauf zum Lager.
    Aber Camaris war doch ein großer Kämpfer! Alle Lieder stellten ihn so dar, wie er herzlich lachte, als er den wilden Männern der Thrithinge die Köpfe abhieb. Shem hatte immer so etwas gesungen, wie ging es noch?
    Nach rechts und nach links
    setzt sein Schwert sie in Marsch,
    er rief und er sang,
    und sie zeigten den Arsch.
    Camaris kam lachend,
    Camaris kam kämpfend,
    Camaris kam reitend
    durch die Thrithingschlacht …
    Als er aus dem Gebüsch auftauchte, sah Simon im hellen Sonnenschein – wieso stand die Sonne schon so hoch am Himmel? –, dass Hengfisk wieder da war und sich mit Binabik über die liegende Gestalt von Bruder Langrian beugte.
    »Hier, Binabik.« Simon reichte dem knienden Troll den Lederschlauch.
    »Es war eine ganz schön lange Zeit, die du …«, begann Binabik, brach ab und schüttelte den Schlauch. »Halb voll?«, fragte er, und der Ausdruck seines Gesichts ließ Simon vor Scham erröten.
    »Ich hatte gerade etwas getrunken, als du riefst«, versuchte er zu erklären. Hengfisk musterte ihn mit Reptilaugen und machte eine finstere Miene.
    »Nun gut«, bemerkte Binabik und wandte sich wieder Langrian zu, der weit rosiger aussah, als Simon ihn im Gedächtnis hatte. »›Geklettert ist geklettert, abgestürzt ist abgestürzt.‹ Ich glaube, mit unserem Freund hier steht es besser.« Er hob den Schlauch und spritzte Langrian einige Tropfen Wasser in den Mund. Der bewusstlose Mönch hustete und spuckte einen Moment, dann bewegte sich seine Kehle krampfhaft, und er schluckte.
    »Siehst du?«, meinte Binabik stolz. »Es ist die Wunde auf dem Kopf, von der ich denke, dass ich …«
    Noch ehe Binabik jedoch seine Erläuterung beenden konnte, flatterten Langrians Augen auf. Simon hörte, wie Hengfisk scharf den Atem einzog. Langrians Blick wanderte verschwommen über die über ihn geneigten Gesichter, dann fielen ihm die Lider von neuem zu.
    »Mehr Wasser, Troll«, zischte Hengfisk.
    »Ich weiß, was ich tue, Rimmersmann«, entgegnete Binabik mit eisiger Würde. »Du hast bereits deine Pflicht getan, als du ihn aus den Ruinen zogst. Jetzt tue ich die meine und brauche keine Ratschläge.« Während er sprach, tröpfelte der kleine Mann Wasser zwischen Langrians aufgesprungene Lippen. Bald schob sich die vor Durst geschwollene Zunge des Mönches aus seinem Mund wie ein Bär nach dem Winterschlaf. Binabik feuchtete sie aus dem Schlauch an, machte dann ein Tuch nass und legte es Langrian auf die Stirn, die mit bereits heilenden Schnittwunden übersät war.
    Endlich schlug Langrian wieder die Augen auf und schien denBlick auf Hengfisk zu

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