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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und stießen dünne Schreie aus, wenn die Axt eines Rimmersmannes zubiss. Es klang fast wie eine Sprache, und das war mitten in diesem Alptraum beinahe das Grauenhafteste.
    Simon duckte sich hinter den Felsen, der ihm Schutz gewährt hatte, drehte sich im Kreis und suchte fieberhaft nach etwas, mit dem er sich verteidigen könnte. Eine Gestalt rannte auf ihn zu, nur um einen Schritt vor ihm zu Boden zu taumeln – einer der Nordmänner, das halbe Gesicht eine feuchte Masse. Simon sprang vor, um die Axt aus seiner verkrampften Hand zu reißen; der Mann, noch nicht tot, gurgelte, als der Junge ihm die Waffe entwandt. Eine Sekunde später spürte Simon einen knochigen Griff am Knie und fuhr herum. Hinter der Greifkralle gewahrte er ein grässliches kleines, menschenähnliches Gesicht mit weißlich starrenden Augen. Er schwang die Axt danach, so hart er konnte, und hörte ein Knirschen wie von einem zertretenen Käfer. Die steifen Finger lösten sich, und Simon sprang zur Seite. Er würgte.
    Blitze zuckten, das Licht vom Himmel blühte kurz auf und erstarb schon einen Augenblick später, sodass es so gut wie unmöglich warfestzustellen, was sich abspielte. Die schwankenden Gestalten der Rimmersmänner standen überall, aber die Menge der hüpfenden, pfeifenden Dämonen war viel größer. Anscheinend war der beste Ort –
    Ohne Warnung wurde Simon umgeworfen. Eine Krallenhand griff um seinen Nacken. Er fühlte, wie sein Gesicht seitlich in den Schlamm gedrückt wurde, schmeckte ihn, bäumte sich auf gegen das Ding auf seinem Rücken. Eine grobe Klinge sauste an ihm vorbei und bohrte sich mit saugendem Geräusch in die Erde. Simon kämpfte sich auf die Knie, aber eine zweite Hand griff ihm ins Gesicht und hielt ihm die Augen zu. Sie stank nach Schlamm und fauligem Wasser, und die Finger wanden sich wie Nachtkriecher. Wo ist die Axt? Ich habe die Axt fallen lassen!
    Wacklig kam er auf die Füße, die Beine auf dem schlüpfrigen Boden weit gespreizt, und versuchte, die klammernden Finger von seiner Luftröhre wegzureißen. Er stolperte vorwärts und wäre um ein Haar wieder gefallen. Es gelang ihm nicht, das schreckliche, würgende Wesen von seinem Rücken abzustreifen. Die Knochenhand schnitt ihm die Luft ab, die spitzen Knie bohrten sich in seine Rippen; ihm war, als hörte er das klebrige Geschöpf triumphierend quäken. Er schaffte noch ein paar Schritte, ehe er in die Knie sank; der Lärm der Schlacht hinter ihm wurde leiser. In seinen Ohren dröhnte es; aus seinen Armen und dem Körper rann die Kraft wie Mehl aus einem zerrissenen Sack.
    Ich sterbe … mehr konnte er nicht denken. Vor seinen Augen war nur noch ein stumpfes rotes Licht.
    Dann war der schnürende, kratzende Griff um seine Kehle plötzlich weg. Simon sackte schwer auf Brust und Gesicht und lag keuchend, fast leblos da.
    Schnaufend blickte er auf. Von einem flachen Blitz auf den schwarzen Himmel gemalt, zeichnete sich vor ihm eine Silhouette ab: ein kleiner Mann auf einem Wolf.
    Binabik!
    Simon sog Luft in seinen zerkratzten Hals und wollte sich aufrichten, schaffte es aber nur bis zu den Ellenbogen, bevor der kleine Mann an seiner Seite war. Einen Schritt weiter lag der Körper desErdwesens, zusammengekrümmt wie eine versengte Spinne, die blinden Augen himmelwärts gerichtet.
    »Sag nichts!«, zischte Binabik. »Wir müssen fort! Schnell!« Er half Simon in eine sitzende Stellung, aber der Junge winkte ihm, sich zu entfernen, schlug mit säuglingsschwachen Händen auf den Troll ein.
    »Muss … muss …« Simon deutete mit zitternder Hand nach dem Chaos, das kaum zwanzig Schritte entfernt im Lager tobte.
    »Lächerlich!«, schnappte Binabik. »Die Rimmersmänner können sich selber wehren. Meine Pflicht ist es, dich in Sicherheit zu bringen. Nun komm!«
    »Nein«, beharrte Simon verbissen. Binabik hielt seinen hohlen Stab in der Hand; der Junge begriff, was seinen Angreifer überwältigt hatte. »Wir m-müssen ihnen … h-helfen.«
    »Sie werden es überleben«, erklärte Binabik grimmig. Qantaqa war ihrem Herrn gefolgt und schnüffelte jetzt besorgt an Simons Wunde. »Ich bin für dich verantwortlich.«
    »Was meinst du …«, begann Simon, als Qantaqa zu grollen anfing; ein tiefer, bedrohlicher Laut der Unruhe.
    Binabik sah auf. »Tochter der Berge!«, stöhnte er. Simon folgte seinem Blick.
    Ein Klumpen hatte sich aus dem dunklen, wirbelnden Getümmel gelöst und bewegte sich rasch auf sie zu. Man konnte schlecht sagen, wie viele der Wesen das

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