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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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einem Lächeln. »Gut siehst du aus.«
    »Du nicht«, erwiderte Josua knapp, und Deornoth sah die Sorge in seinen Augen. irgendetwas Furchtbares stimmte hier nicht, das stand außer Zweifel. »Du hast diese Unterredung gewünscht, Elias. Was willst du?«
    Die Augen des Königs wurden so schmal, dass nur ein grüner Schatten übrigblieb. Er ließ eine lange Weile verstreichen, bevor er antwortete. »Meine Tochter. Ich will meine Tochter. Und da ist noch jemand … ein Junge … aber er ist weniger wichtig. Nein, ich will vor allem Miriamel. Wenn du sie mir auslieferst, gebe ich dir mein Wort, dass allen Kindern und Frauen in Naglimund freier Abzug gewährt wird. Wenn nicht, werden alle, die sich in seinen Mauern verstecken und mir im Weg stehen … sterben.«
    Er sagte das letzte Wort mit einem so selbstverständlichen Mangel an Bosheit, dass der hungrige Blick, der unverhüllt über sein Gesicht huschte, Deornoth zutiefst erschreckte.
    »Ich habe sie wirklich nicht, Elias«, erklärte Josua langsam, aber bestimmt.
    »Wo ist sie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Lügner!« Die Stimme des Königs war so voller Zorn, dass Deornoth um ein Haar das Schwert gezogen hätte, weil er glaubte, Eliaswolle vom Stuhl aufspringen. Stattdessen verharrte der König fast regungslos und winkte Pryrates heran, der aus einer Kanne mit einer schwarzen Flüssigkeit seinen Pokal nachfüllte.
    »Halte mich nicht für einen schlechten Gastgeber, weil ich dir nichts anbiete«, sagte Elias, nachdem er einen tiefen Zug genommen hatte. »Ich fürchte, dieses Getränk würde dir nicht bekommen.« Er reichte den Becher Pryrates zurück, der ihn vorsichtig mit den Fingerspitzen ergriff und auf den Tisch stellte. »Nun also«, begann Elias von neuem, »können wir uns dieses nutzlose Geplänkel nicht ersparen? Ich will meine Tochter, und ich werde sie bekommen.« Sein Ton wurde plötzlich kläglich. Es war grotesk. »Hat denn ein Vater kein Recht mehr auf die Tochter, die er geliebt und großgezogen hat?«
    Josua holte tief Atem. »Die Rechte, die du auf sie hast, gehen nur dich und sie etwas an. Ich habe deine Tochter nicht, und wenn ich sie hätte, würde ich sie nicht gegen ihren Willen zu dir schicken.« Hastig, bevor der König etwas entgegnen konnte, fuhr er fort. »Elias – ich bitte dich. Du warst einmal mein Bruder in allem. Unser Vater liebte uns beide, dich mehr als mich, aber unser Land liebte er noch mehr. Begreifst du denn nicht, was du tust? Nicht mit diesem Krieg allein – Ädon weiß, dass dieses Land schon manchen Streit erlebt hat. Aber da ist noch etwas anderes. Pryrates weiß, wovon ich spreche. Ich zweifle nicht, dass er es war, der zuerst deine Schritte auf diesen Pfad gelenkt hat.«
    Deornoth sah, dass sich Pryrates bei diesen Worten des Prinzen umdrehte und eine überraschte Atemwolke ausstieß.
    »Bitte, Elias«, fuhr Josua fort, und sein strenges Gesicht war voll Trauer. »Wende dich ab von dem Weg, den du gewählt hast, schick das verfluchte Schwert an jene Unseligen zurück, die dich und Osten Ard vergiften wollen … und ich bin bereit, mein Leben in deine Hände zu legen. Ich werde dir die Tore von Naglimund öffnen, wie eine Jungfrau dem Geliebten ihr Fenster auftut. Ich werde jeden Stein im Himmel und auf der Erde umdrehen, um Miriamel zu finden. Wirf dieses Schwert weg, Elias! Wirf es weg! Es war kein Zufall, der ihm den Namen Leid gab.«
    Der König starrte Josua an wie betäubt. Pryrates, vor sich hin murmelnd, wollte auf ihn zueilen, aber Deornoth machte einen Satzund packte ihn. Unter seinem festen Griff wand sich Pryrates wie eine Schlange, und seine Berührung hatte etwas Grausiges, aber Deornoth hielt fest.
    »Bewegt Euch nicht!«, zischte er Pryrates ins Ohr. »Und wenn Euer Zauber mich verbrennt – bevor ich sterbe, schneide ich Euch noch den Lebensfaden durch!« Mit dem gezückten Dolch stach er in die Seite des Scharlachgewandes, eben tief genug, um bekleidetes Fleisch zu berühren. »Ihr habt Euch hier nicht einzumischen, so wenig wie ich. Das geht nur die beiden Brüder an.«
    Pryrates rührte sich nicht mehr. Josua hatte sich vorgebeugt und starrte den Hochkönig an. Elias machte einen verwirrten Eindruck, als wüsste er nicht, wo er sich befand.
    »Sie ist schön, meine Miriamel«, flüsterte er leise. »Manchmal sehe ich ihre Mutter Hylissa in ihr – armes, totes Kind!« Das Gesicht des Königs, eben noch starr und böse, wurde weich und verstört. »Wie konnte Josua das zulassen? Wie konnte er? Sie

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