Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Seele in Frieden ruhen! Bitte, Majestät, sprecht nicht so von Lluth!«
    Elias richtete seine Smaragdaugen auf Fluiren und schien im Begriff, seinen Zorn auf diesen altersschwach gewordenen Helden zu lenken, als Pryrates erneut am dunklen Ärmel des Königs zupfte und sich nah an ihn heranneigte, um ihm einige Worte ins Ohr zu flüstern. Die Miene des Königs wurde sanfter, aber die Linie seines Kinns behielt die Spannung einer Bogensehne. Sogar die Luft über der Tafel schien sich zusammenzuziehen, ein klammes Netz aus schrecklichen Möglichkeiten.
    »Verzeiht mir das Unverzeihliche, Graf Eolair«, sagte Elias endlich, und ein sonderbar törichtes Grinsen zog seine Mundwinkel auseinander. »Vergebt mir meine harten, grundlosen Worte. Es ist weniger als einen Monat her, dass der Regen begann, und der Zwölfmond davor war für uns alle schwierig.«
    Eolair nickte, Unbehagen in den klugen Augen. »Natürlich, Hoheit. Ich verzeihe gern. Bitte schenkt auch Ihr mir Eure Vergebung, wenn ich Euch herausgefordert haben sollte.« Auf der anderen Seite der ovalen Tafel faltete Fluiren mit befriedigtem Nicken die fleckigen Hände.
    Jetzt erhob sich auch Isgrimnur, schwerfällig wie ein brauner Bär, der auf eine Eisscholle klettert. »Auch ich, Majestät, will versuchen, in sanftem Ton zu reden, obgleich Ihr alle wisst, dass das ganz und gar gegen meine Soldatennatur geht.«
    Elias behielt die vergnügte Grimasse bei. »Vorzüglich, Onkel Bärenhaut – wir wollen uns alle miteinander in Vornehmheit üben. Was wollt Ihr von Eurem König?«
    Der Herzog von Elvritshalla holte tief Atem und zerwühlte sich mit unruhigen Fingern den Bart. »Mein und Eolairs Volk sind in großer Not, Herr. Zum ersten Mal seit den frühesten Tagen der Herrschaft von Johan Presbyter ist die Frostmarkstraße wieder unpassierbar geworden – Schneestürme im Norden, Straßenräuber weitersüdlich. Mit der königlichen Nordstraße am Weldhelm vorbei steht es nicht viel besser. Wir brauchen diese Straßen, und sie müssen offen sein und offen gehalten werden.« Isgrimnur wandte sich ab und spuckte auf den Boden. Fluiren zuckte zusammen. »Wie mein Sohn Isorn in seinem letzten Brief schreibt, leiden viele Stammesdörfer unter Nahrungsmangel. Wir können keinen Handel mit unseren Waren treiben und die Verbindung zu entfernter wohnenden Stämmen nicht aufrechterhalten.«
    Guthwulf, der an der Tischkante herumschnitzte, gähnte auffällig. Heahferth und Godwig, zwei jüngere Edelleute, die ihre grünen Schärpen betont zur Schau stellten, kicherten leise.
    »Gewiss, Herzog«, näselte Guthwulf und schmiegte sich an seine Stuhllehne wie eine in der Sonne sitzende Katze, »macht Ihr das alles nicht uns zum Vorwurf. Verfügt denn unser Herr, der König, über die Kräfte des allmächtigen Gottes, dass er den Schnee und die Stürme mit einer Handbewegung zum Stillstand bringen kann?«
    »Ich habe ihn nicht dazu aufgefordert!«, knurrte Isgrimnur.
    »Vielleicht«, bemerkte Pryrates vom oberen Ende der Tafel, und sein breites Lächeln wirkte merkwürdig anstößig, »lastet Ihr dem König auch das Verschwinden seines Bruders an, wie wir gerüchtweise vernommen haben?«
    »Niemals!« Isgrimnur war aufrichtig empört. Die Augen des neben ihm sitzenden Eolair wurden schmal, als habe er etwas Unerwartetes gesehen. »Niemals!«, wiederholte der Herzog und sah Elias hilflos an.
    »Nun, Männer, ich weiß, dass Isgrimnur so etwas nie denken würde«, erklärte der König mit müder Gebärde. »Der alte Onkel Bärenhaut hat uns beide auf den Knien geschaukelt, Josua und mich. Ich hoffe natürlich, dass meinem Bruder nichts Übles zugestoßen ist – die Tatsache, dass er Naglimund nach so langer Zeit immer noch nicht erreicht hat, scheint besorgniserregend –, aber wenn irgendeine Untat passiert sein sollte, dann ist es nicht mein Gewissen, das besänftigt werden muss.« Doch als er zu sprechen aufhörte, wirkte Elias einen Augenblick unruhig und starrte ins Leere, als streife ihn eine verwirrende Erinnerung.
    »Lasst mich wieder zur Sache kommen, Herr«, setzte Isgrimnurseine Rede fort. »Die Straßen im Norden sind nicht mehr sicher, und daran ist nicht allein das Wetter schuld. Meine Männer sind zu weit verstreut. Wir brauchen Unterstützung – starke Männer, die der Frostmark wieder Sicherheit geben. Das Markland wimmelt von Räubern und Gesetzlosen und … und noch Schlimmerem, wie manche behaupten.«
    Pryrates beugte sich gespannt vor, das Kinn auf die

Weitere Kostenlose Bücher