Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer
zerrte die mit Stroh gefüllte Matratze vom Bettgestell, um sie auszuklopfen, aber Yanko fiel ihr in die Arme.
»Lass mich«, sagte er. »Das staubt ziemlich, und das wäre schade um dein schönes Kleid.«
Sie lächelte und überließ ihm die Matratze. »Du findest mein Kleid also schön?«
Yanko wurde rot und schickte sie aus dem Zimmer, damit sie bei dem ganzen Geklopfe nicht vom Staub zugeregnet würde. Wenn sie sich daneben stellte, könne sie es ja auch gleich selbst machen. Nica ging bis zur Zimmertür und sah ihm von dort aus zu. Er hatte das Gefühl, alles, was er hier tat, war falsch, doch er klopfte weiter. Als die Matratze leidlich sauber war, schleppten sie sie aus dem Schlafzimmer in die große Wohnküche hinüber und legten sie dort auf den Boden. Lächelnd nahm Nica Platz, klopfte einladend neben sich auf die Matratze und fragte, was Byasso erzählt hatte. Zögernd setzte sich Yanko ganz ans andere Ende der Matratze und wiederholte ihr Gespräch fast wörtlich.
»Er findet also, dass die Jungfrau Ivallya schön ist. Du auch?«, fragte Nica und erwische Yanko damit auf dem falschen Fuß.
»Ja, schon«, stammelte er. »Aber nicht so schön wie...«
»Wie wer?« Sie sah ihn an, fragend und mit einem Lächeln und glühenden Augen.
Yankos Herz schlug so laut, dass sie es hören musste. Ganz Trollfurt musste es hören. Plötzlich schien sie so nah, obwohl er doch ganz am Rand der Matratze saß. War sie näher gerückt?
Er wollte es nicht sagen, wegen Ben, und weil er Angst hatte, sie würde lachen oder einfach aufstehen und gehen und dabei den Kopf schütteln, und morgen würde ganz Trollfurt lachen und den Kopf schütteln, und sie und er würden nicht weiter zusammen nach dem wahren Mörder suchen, und deshalb würde Ben gefasst und hingerichtet werden, und er wäre nie wieder allein mit ihr und... Und es half alles nichts, er sagte es einfach.
»Wie du. Keine ist so schön wie du.«
Es war ihm egal, dass er dabei knallrot wurde, er sah ihr nur einfach in die Augen, ängstlich und hoffend, und wartete auf ihr Urteil.
Sie schien ihn jedoch nicht verurteilen zu wollen, zumindest nicht gleich. Lächelnd rückte sie nun wirklich ein Stück näher, nur ein ganz kleines, wie aus Versehen. »Und warum hast du so lange gebraucht, das zu sagen?«
»Weil... weil du du bist, und ich nur ich.« Yanko stammelte noch immer. »Sohn des Schmieds und Tochter des Minenbesitzers. Das ist doch zum Lachen. Meine Mutter würde darüber lachen.«
»Und meine würde weinen.« Nica lachte. »Wenn sie es wüsste. Aber sie muss ja nicht alles wissen, oder? Und jetzt komm schon her zu mir. Ich beiß dich nicht.«
Yanko rückte zu ihr, und sie hielt ihr Versprechen. Als er ihr Gesicht in die zitternden Hände nahm und vorsichtig küsste,
biss sie nicht, sondern erwiderte den Kuss. Ganz sanft, und dann intensiver.
Erst als es draußen zu dämmern begann, lief Nica nach Hause. Allein, denn sie würde ohnehin Ärger bekommen, weil sie das Essen versäumt hatte, aber es war besser, sie wurde dann nicht auch noch mit einem Jungen gesehen. Ganz besonders nicht mit ihm, der vor kurzem noch zu einem gesuchten Mörder gehalten hatte.
Yanko wartete noch eine Weile und summte glücklich vor sich hin. Sie hatten sich für morgen wieder hier verabredet. Die Schuldgefühle gegenüber Ben waren wie weggeschwemmt, er konnte sich einfach nicht schuldig fühlen, dafür war er zu glücklich.
Er konnte nicht einmal an den Mörder denken, denn heute war der schönste Tag seines Lebens gewesen. Und morgen würde wieder der schönste werden.
Sanft zog er die Haustür hinter sich ins aufgebrochene Schloss und klemmte sie dann mit einem Ruck im verzogenen Rahmen fest. Er murmelte eine Verabschiedung, die eigentlich Nica galt, und machte sich auf den Weg.
Trollfurt hatte sich verändert, und das merkte man vor allem am Abend. Aus vielen Fenstern starrten bei jedem Geräusch misstrauische Gesichter, und nur wenige Leute waren nach Sonnenuntergang allein unterwegs. Auch jeder Torwächter wurde seit dem Mord von einem Hilfsbüttel unterstützt, so dass nun immer zwei Männer nachts Wache standen. Mit einer Mörderbande vor der Stadt könne man nicht achtsam genug sein.
Auf dem Heimweg warf Yanko einen Blick zum Bergtor hinüber und erkannte im Schein der Torlaterne zwei Hilfsbüttel.
Und als er dann noch am Trollfass vorbeilief, wusste er, wo der alte Nachtwächter des Bergtors geblieben war.
Das Trollfass war eine Spelunke, die nur von
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