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Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Titel: Der Drachenthron: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Deas
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erlegt hatte, entfachte er ein Feuer, und sie ließen sich für gewöhnlich davor nieder und betrachteten die Flammen. Sie wechselten kein Wort, doch zwischen ihnen wuchs eine Art stille Verbundenheit. Beide wollten überleben, koste es, was es wolle. Jeden Tag gab er ihr das beste Stück Fleisch, und anschließend legten sie sich nebeneinander und dösten eine Weile. Nadira sprach nicht viel und schien oft in Gedanken versunken zu sein, sie befand sich dann an einem weit entfernten Ort, entrückt und selbstvergessen. Oder sie erlitt einen Anfall und schrie wie am Spieß. Sie schien allerdings zu wissen, wann Kemir allein sein wollte. Manchmal, wenn er sie berührte, zuckte sie zusammen und erstarrte. Und manchmal, wenn er sich gerade wieder ins Gedächtnis rief, dass Sollos tot war, sah er in ihren Augen dieselbe wilde Gier nach Rache, die er in sich verspürte.
    Sie passte zu ihm, entschied er. Er hatte nichts dagegen, sie am Leben zu halten.
    Sobald die Dunkelheit einsetzte, kehrten sie langsam wieder um, wobei sie als Wegzehrung an einem Stück rohem Fleisch kauten. Der Knappe hockte immer an derselben Stelle und wartete auf sie. Jeden Tag kamen sie ein bisschen später als am Vortag zurück, doch er erwähnte es mit keiner Silbe. Er aß auch nicht besonders viel. Er schien regelrecht dahinzusiechen und lediglich auf den Moment zu warten, in dem sein Drache endlich erwachte.
    Zweimal sah Kemir andere Drachen in weiter Ferne. Er beobachtete die winzigen Punkte am Himmel, bis sie verschwunden waren. Schneeflockes Schlucht wurde nicht gefunden.
    Schneeflocke schlief vier Wochen, nicht zwei. Inzwischen bestand der Knappe nur noch aus Haut und Knochen. Kemir und Nadira hatten ihn wie gewöhnlich am Morgen beim Drachen zurückgelassen. Als sie zurückkamen, lange nach Sonnenuntergang, war er fort. Der Drache war wach. In der Luft hing der Geruch von Blut.
    Fleisch!
    Kemir erstarrte einen kurzen Moment, dann schob er Nadira den Weg zurück, den sie gekommen waren. »Lauf! Schnell!« Er legte die Reste des Wildschweins, das er erjagt hatte, auf den Boden. Er konnte Schneeflocke in seinem Kopf spüren, die beinahe verrückt vor Hunger war, und sah, wie sie ihn scharf beäugte.
    »Alchemisten«, sagte Kemir laut. »Ich bringe dich zu den Alchemisten. Erinnerst du dich? Friss mich, und du wirst sie nie finden.« Er trat vom Schwein weg. Der Drache stürzte sich auf das Tier und schlang es mit einem einzigen Bissen hinunter.
    Hunger! Essen! Ein verärgerter Unterton schwang in ihren Gedanken mit.
    »Wo ist Kailin?«
    Der Drache wich einen Schritt zurück. Kemir erspürte etwas in seinem Bewusstsein, das sich nach Scham anfühlte.
    Kleiner Kemir, ertönte die Stimme des Drachen nun sanfter in Kemirs Kopf, ich war lange fort. Ich bin sehr, sehr hungrig. Ich brauche Nahrung und kann erst jagen, wenn die Sonne aufgeht. Es wäre besser, wenn ihr geht.
    Kemir kletterte die Schlucht hinab und verbrachte die Nacht neben Nadira, zitternd und dicht an sie gedrängt. Ohne die Hitze des Drachen war eine Nacht in den Bergen – selbst an einer windgeschützten Stelle -, unangenehm kalt.
    Am nächsten Morgen war der Drache verschwunden. Sie suchten kurz nach Kailin, aber es gab keine Spur von ihm, und Kemir war nur halbherzig bei der Sache. Als Schneeflocke am späten Nachmittag zurückkehrte, waren ihre Schnauze und Klauen blutverschmiert, und ihr Atem stank faulig. Sie sah fett aus, dachte Kemir.
    Sie flogen nach Norden, da sich die Alchemisten dort versteckt hielten. Der Drache erwähnte Kailin mit keiner Silbe, und Kemir bohrte nicht nach.

 
    Teil 3
     
    Der Zehnt des Drachenkönigs
     
    Falls der Reiter mit seinem Goldenen Ei der Gunst des Dra – chenkönigs teilhaftig wird, kommt er wahrscheinlich noch viele Male zu Besuch, bevor ein passender Drache schlüpft. Bei jedem Besuch bringt er dem Drachenmeister ein Geschenk mit, und diese Geschenke sind von allergrößter Wichtigkeit, denn ihre Qualität und Großzügigkeit bestimmen die Fürsorge, die dem ausgewählten Drachen zuteil wird. Sobald der passende Drache letztlich schlüpft, wird der Preis vom Drachenkönig festgesetzt. Dieser Preis wird auch der Zehnt des Drachenkönigs genannt.
     
    Normalerweise wird der Zehnt lange im Vorhinein verkündet, doch bis die vereinbarte Summe tatsächlich bezahlt wird, kann der Reiter nie ganz sicher sein, ob sich der Preis nicht doch noch im letzten Moment ändert. Manchmal verschlingt der Zehnt alles, was der Reiter besitzt; manchmal wird

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