Der Drachenthron: Roman (German Edition)
plump in die Lüfte.
Er ist dort. Nicht sehr weit weg. Ich kann seine Gedanken spüren. Ihm ist kalt, sehr kalt, das ist alles, was ich weiß.
Wo?
Irgendwo. Genau dort, wo ich nichts mit Sicherheit sagen kann.
Dann fackel ihn ab. Fackel alles ab.
Fackel alles ab.
»Der Fluss«, rief Kemir. Semians Schild war verschwunden. »Er muss im Fluss sein.« Aber im Fluss trieben so viele Bäume, dass die Drachen das Wasser aus der Luft wahrscheinlich gar nicht sahen. Kemir stand am Waldrand und blickte ihnen nach. Am liebsten wollte er selbst die Verfolgung aufnehmen. Um Sollos endlich in Frieden ruhen zu lassen.
»Denkt dran, ihr wollt ihn lebend!«, brüllte er, als die erste Feuerfontäne auf die Bäume herabprasselte. Semian hatte längst sein Schwert zurück, und Kemir würde den Ritter vielleicht erst entdecken, wenn er ihm zufällig über den Weg stolperte. Und wollte er tatsächlich einen verzweifelten Reiter jagen, während zwei Drachen über ihnen unkontrolliert Feuer spuckten? Nein, vermutlich nicht.
Er holte tief Atem. Wenn Reiter Rotznase die Wahrheit in Bezug auf das Gift gesagt hatte, und wenn alle Drachen davon gegessen hatten und wenn sie alle starben, was wäre dann? In einem Tal voller wütender Soldaten und Alchemisten festzusitzen war mit zwei mordgierigen Drachen an seiner Seite nicht besonders übel gewesen. Aber ohne sie wäre auf einmal er der Gejagte.
»Verdammt«, knurrte er. »Dann eben wann anders, Reiter Rotznase. Falls die Drachen dich nicht kriegen, werde ich immer noch eines Tages in den Schatten auf dich warten.« Er setzte sich und beobachtete Schneeflocke und den Aschgrauen, die den Wald niederbrannten. Irgendwann werden sie einfach aufhören. Das ist das Problem mit den beiden. Keine Geduld. Sind alle Drachen so?
Auf einmal schlingerte der Aschgraue in der Luft. Er drehte scharf ab, flog beinahe geradewegs auf Kemir zu und landete schwerfällig neben dem Fluss. Noch bevor er zum Stehen kam, rollte er sich schon ins Wasser. Heiß! Zu heiß! Ich brenne im Innern! Der Aschgraue drückte den Kopf ins eiskalte Wasser, nahm einen großen Schluck und spritzte sich dann das kühle Nass über den Rücken. Im nächsten Augenblick dampfte er leicht.
Kemir wich zurück.
»Das ist das Gift, du blöder, gieriger Drache! Das geschieht, wenn Drachen sterben. Sie verbrennen innerlich.« Er rang verzweifelt die Hände und sah sich hastig nach Nadira um. Es war nicht verwunderlich, dass der Aschgraue das erste Opfer war, immerhin hatte er wahrscheinlich mehr als alle anderen Drachen zusammen gefressen. Aber Kemir hatte nicht angenommen, dass die Wirkung des Gifts so schnell einsetzen würde. Wie lange war es her? Zehn Minuten? Die Alchemisten in den Höhlen hingegen wüssten vermutlich ganz genau, wie lange es dauerte, bis das Gift wirkte. Und sie aus den Höhlen kommen und jeden erledigen konnten, der dumm genug war, hier herumzulungern.
Er sprang auf einen Felsbrocken und ließ den Blick über das Tal gleiten. »Nadira!«, rief er. Er sah sie nicht. »Schneeflocke!«
Aschgrauer. Hier, das wird dich kühlen . Schneeflocke landete, kauerte sich neben den Aschgrauen und übergoss ihn mit Flusswasser. Die drei Drachen vor den Höhleneingängen schienen gesund und munter zu sein. Noch.
»Schneeflocke! Hast du von den Toten gegessen?«
Ja .
»Wie viele?«
Ich zähle keine Bissen, Kemir. Aber was spielt das schon für eine Rolle? Das Gift steckt in mir.
»Aber nicht so viele Soldaten wie der Aschgraue.«
Viel, viel weniger.
»Vielleicht so wenige, dass dir dasselbe Schicksal wie ihm erspart bleibt.« Erneut hielt Kemir im Tal nach Nadira Ausschau. Dieses Mal sah er sie, nicht weit entfernt. Sie saß mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt und bürstete sich das Haar. Für einen kurzen Moment fragte sich Kemir verwundert, wo sie die Bürste gefunden hatte. »Nadira!«
Aschgrauer! Du musst wach bleiben! Kemir konnte die Verzweiflung in Schneeflockes Gedanken fühlen, ebenso wie ihre tiefe Traurigkeit. Sonderbarerweise jedoch kaum Wut. Kemir, ich kann es nun auch in mir spüren. Ich muss die Alchemisten rasch vernichten, solange mir noch genügend Kraft bleibt.
»Nein! Du solltest wegfliegen, solange du es noch kannst.« Er winkte Nadira zu sich. In der Nähe der Höhlen hatte sich einer der anderen Drachen ins Wasser gelegt.
Ich kann den Aschgrauen nicht zurücklassen. Er wird in eine Art Kältestarre fallen. Das ist unser Weg, die Hitze in uns in Schach zu halten, wenn sie übermächtig
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