Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Auge. Nur für den Fall, dass einer von ihnen auf den Gedanken kommen könnte, sich die Drachen der Königin unter den Nagel zu reißen.« Grinsend schob er die Unterlippe vor. »Wohin der Rest von ihnen wollte …« Er hob die Schultern. »Keine Ahnung, interessiert mich auch nicht. Ein kluger Mann könnte die Vermutung hegen, sie seien wie geplant zum Adamantpalast weitergeflogen. Ihr seid jedoch ein Alchemist, was wohl bedeutet, dass Ihr ein kluger Mann seid und Euch dieser verwegene Gedanke bereits selbst gekommen ist.«
»Nun ja … Aber warum … warum sind wir nicht mit ihnen geflogen?«
Der Große kicherte. »Wie soll ich das wissen? Vielleicht gab es beunruhigende Neuigkeiten. Vielleicht traut Eure Königin dem Sprecher nicht über den Weg. Ich habe gehört, dass er in letzter Zeit einen richtigen Wanst bekommen hat. Oder vielleicht haben wir auch echt keine Ahnung.« Die Söldner warfen sich wieder amüsierte Blicke zu.
»Hat eigentlich irgendjemand was davon gesagt, dass wir den Alchemisten im Auge behalten sollen?«, fragte der Kleine. Der Große schüttelte den Kopf. Sollos, rief sich Huros erneut ins Gedächtnis. Sein Name war Sollos. Er schien der Anführer zu sein.
»Ich glaube nicht.«
»Nein, ich glaube auch nicht.«
Sollos lächelte das wohl bedrohlichste Lächeln, das Huros je gesehen hatte. »Wir sind bloß Söldner. Wir führen nur Befehle aus und gehen dorthin, wo man uns hinschickt. Niemand gibt uns Gründe, und wir fragen nie nach. Warum nervt Ihr nicht den Reiter dort drüben, sobald er Euren Knappen zusammengestaucht hat. Wahrscheinlich weiß er mehr als wir. Solange Ihr nicht erwartet, dass er beim Gepäck hilft. Wenn Ihr jedoch in der Zwischenzeit die Freundlichkeit besäßet, uns zu helfen, wären wir Euch außerordentlich verbunden. Außerdem glaube ich, dass ein Teil davon Euch gehört.«
Der Kleine nickte wissend. »Das Zeug ganz unten. Es könnte ein wenig eingedellt sein. Unter Umständen sogar zerquetscht.« Er sah den anderen Söldner an. »Wenn ich so darüber nachdenke … Ist dir eigentlich auch aufgefallen, dass da irgendeine Flüssigkeit aus einer der Kisten tropft?«
Seine Elixiere!
Huros rannte, so schnell ihn seine Beine trugen, zum Fluss. Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass ihn die Söldner auslachten.
Ein Schatten glitt vor die Sonne. Huros blieb stehen und blickte auf. Drachen flogen am Himmel und tauchten im Sturzflug zum Fluss ab. Vier an der Zahl, also mindestens einer mehr als es eigentlich hätten sein dürfen. Und es waren Jagddrachen, keine Kriegsdrachen, was bedeutete …
Der Drache, der die anderen anführte, öffnete den Mund, und der Fluss ging in Flammen auf.
7
Die Glaskathedrale
A llein auf Mistrals Rücken zu sein war einer der Vor – teile, den eine Königin genoss. Alle Drachenritter mussten ihre Reittiere mit einer Schar Höflinge aus dem Palast teilen, dem zusätzlichen Aufgebot an Heckenrittern, auf denen Lady Nastria bestanden hatte, und natürlich den Alchemisten und Knappen aus dem Drachennest. Ganz zu schweigen von dem ganzen Gepäck.
Shezira seufzte. Von hier oben sah alles so klein aus. In ihrem Rücken, im Westen der Reiche, erhob sich das vulkanische Weltenkammgebirge und zog sich vom Meer bis zur Wüste, und soweit Shezira wusste, erstreckte es sich bis zum Ende der Welt. Nördlich von Sheziras Nest ging das Drachenland in die unwegsamen Sand-, Stein- und Salzwüsten über. Am anderen Ende der Reiche war König Tyans Hauptstadt am Ufer des Unendlichen Meeres der Stürme gebaut. Wenn sie sich im Gebirge oder in den leeren Weiten der Wüste befand, schien alles so unermesslich groß zu sein. Und dennoch, von hier oben war alles unbedeutend.
»Ich kann das leise Flüstern der Länder jenseits des Meeres hören«, wisperte sie Mistral ins Ohr. »Denkst du, das sind die Geheimnisse von König Tyan, so wie nur wir das Rätsel kennen, das jenseits der Steinwüste liegt?«
Sie seufzte erneut und versuchte, um Mistrals riesigen Kopf zu spähen. Etwas dort unten …
Südlich von König Valgars Nest erstreckten sich die Gipfel der Purpurnen Berge bis tief ins Herz der Drachen – reiche. Eingebettet in die Ausläufer des Gebirges und eingeschlossen von den Spiegelseen lag der Adamantpalast. Shezira war schon häufig zwischen seinen Festungswällen gelandet, doch jedes Mal, wenn er in Sicht kam, in der Sommersonne schimmernd und leuchtend wie ein weit entfernter Schatz, setzte ihr Herzschlag für einen Moment
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