Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Hütten«, sagte der Tote.
Der Alchemist hob eine Hand. »Genug. Äh … Söldner, geht und bringt Reiter Semian zu mir!«
»Dann ist er also wahrscheinlich tot.« Sollos verzog das Gesicht. »Wie schade!«
»Ihr solltet jetzt gehen«, sagte der Alchemist.
Kemir grunzte. »Ich will aber mehr über diesen Maryk erfahren. Woher kommt er? Warum hat ihn der Drache gesucht?«
»Ich möchte, dass ihr uns jetzt … äh … allein lasst, Söldner. Holt Reiter Semian. Äh, sofort!« Der Alchemist kaute vor Erregung auf der Lippe.
»Können Tote lügen?«
Der Alchemist drehte sich um und sah Kemir an. Für einen furchtsamen Mann lag ein bedrohlicher Ausdruck in seinen Augen. Und Angst. »Genauso gut wie die Lebenden, Söldner. Ich sagte: Verschwindet!«
Kemir verdrehte die Augen. »Ich frag ja bloß! Wenn Reiter Rotznase zurückkommt, könntet Ihr dann bitte unseren knusprigen Freund hier fragen, ob wir ihn erstochen haben? Nur um auf Nummer sicher zu gehen.«
»Es gibt … äh … keine Wunden«, sagte Huros mit zusammengebissenen Zähnen. »Ihr habt ihn hundertprozentig nicht getötet. Und jetzt los !«
Sollos wandte sich um, verschwand und zog Kemir hinter sich her.
Kemir lachte still in sich hinein.
»Nun, er schien nicht besonders erfreut zu sein.«
»Musst du sie dermaßen ärgern?«
»Ärgere ich sie etwa?«
»Geht die Sonne im Osten auf? Irgendwann wird einer der Drachenritter die Beherrschung verlieren und seine Wut an dir auslassen.«
»Soll er nur! Ich werde ihn mit einem Pfeil durchbohren, noch bevor er sich erinnern kann, an welcher Seite sein Schwert steckt.«
»Ja. Und was stellst du mit den anderen fünf an?«
»Da muss ich dann wohl ganz schnell die Beine in die Hand nehmen.« Kemir lachte erneut und klopfte Sollos auf den Rücken.
»Ich finde das nicht besonders lustig.« Sollos rümpfte die Nase und entwand sich aus Kemirs Griff. »Irgendetwas stimmt hier nicht.«
»Du wiederholst dich. Meiner Meinung nach stimmt hier bloß nicht, dass wir für Drachenritter arbeiten.«
»Wir arbeiten schon seit Monaten für Drachenritter!«
»Dann lass es mich so formulieren: Mir gefiel die Arbeit besser, als wir Drachenrittern geholfen haben, andere Drachenritter abzumurksen. Die sind dermaßen blöde. Die haben den Tod verdient.«
Sollos schüttelte den Kopf und ging hastig zum Fluss.
»Genau das sind sie!«, rief ihm Kemir hinterher. »Keine sichtbare Wunde? Das ist einfach. Öffne einem Mann gewaltsam den Mund, ramm einen Spieß in den weichen Gaumen und stocher ein bisschen herum. Oder durch den Hintern, wenn er bewusstlos ist. Oder durch die Nase, wie ich es liebend gerne bei Reiter Rotznase tun würde.«
»Hältst du endlich mal die Klappe!« Sollos war mit seiner Geduld am Ende. Was auch immer sie beide von den Drachenrittern hielten, so ein Kampf würde niemandem von ihnen helfen, und Kemir musste das früher oder später einsehen. Nach Möglichkeit besser früher.
»Söldner!«
Sollos trat aus den Schatten der Bäume. Reiter Semian wartete schon auf ihn. Sollos seufzte. Er brachte es nicht über sich, eine Verbeugung zu machen, sondern beließ es bei einem zögerlichen Kopfnicken.
»Reiter. Meister Huros verlangt nach Euch. Vermutlich hat er Informationen, die Ihr hören solltet.«
Semian warf ihm einen misstrauischen Blick zu, und Sollos wappnete sich gegen die unausweichliche, spöttische Schimpftirade, die dann jedoch ausblieb. »Also schön, Söldner. Derweilen kannst du dich hier nützlich machen. Ich brauche ein Feuer.«
Sollos betrachtete amüsiert die glimmende Asche, die überall um sie herum verteilt lag. »Das dürfte kein Problem sein.« Selbst für einen Drachenritter.
»Ich brauche Rauch, Söldner, und zwar viel Rauch. Schluss mit dem ziellosen Herumwandern durch dieses verfluchte Flussbett. Wir beenden die Suche auf die Art, wie sie auch hätte begonnen werden sollen. Auf dem Rücken eines Drachen.«
28
Nadira
D ie Outsider kamen, während Schneeflocke auf der Jagd war. Sie hatte Kailin vom schneebedeckten Hochgebirge in den Regen und die immerwährende Feuchtigkeit der Talsohlen gebracht. Überall war Wasser. Winzige Bäche schlängelten sich die bewaldeten Berghänge hinab und mündeten in wild rauschenden Flüssen und lang gezogenen, ruhigen Seen. Auf allem, was kein Fluss, See oder scharfkantiger Felsbrocken war, wuchs ein Baum. Kletterpflanzen überzogen die Bäume, und Grasbüschel wucherten auf den Kletterpflanzen, und alles wogte hin und her und
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