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Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Titel: Der Drachenthron: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Deas
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übrigens nicht auf ihr reiten. Sie sagt, dein Name lautet Nadira.«
    Sie ist verwirrt. Sie versteht nicht, wie wir hierhergekommen sind. Sie glaubt weiterhin, dass wir ihr Böses wollen.
    »Wir haben uns verflogen«, sagte Kailin. »Wir kommen von Königin Sheziras Drachennest. Du hast wohl noch nie etwas von ihr gehört, oder?«
    Nein.
    »Königin Sheziras Tochter wird König Tyans Sohn heiraten. Schneeflocke und ich waren ihr Hochzeitsgeschenk. Wir wurden von anderen Drachenrittern angegriffen. Ich weiß nicht, wer sie waren. Wir sind ihnen jedenfalls entkommen und fortgelaufen. Jetzt irren wir schon seit Wochen in diesen Bergen umher. Vermutlich weißt du nicht, wo wir uns befinden?« Kailin spannte die Schultern an und zuckte vor Schmerzen zusammen.
    Sehr zögerlich schüttelte die Frau den Kopf.
    Mein Kleiner Kailin, was ist Seelenstaub?
    »Das weiß ich nicht.« Kailin sah zu der Frau. »Was ist Seelenstaub?«
    Erschrocken blickte sie weg, und Kailin bemerkte, wie sich ihre Augen auf etwas hefteten, das zwischen den Steinen lag. Ein winziger Lederbeutel.
    Männer, die es herstellen, haben sie zu ihrem Vergnügen gekauft. Sie will es. Sie braucht es wie Essen oder Trinken. Sie hat etwas genommen und ist weggelaufen. Aus diesem Grund ist sie bestraft worden. Strafe. Rache. Vergeltung. Ja, das verstehe ich. Es ist sinnlos. Dumm.
    »Sie haben ihr das angetan, weil sie die Männer bestohlen hat?«
    Das lese ich in ihrem Bewusstsein. Ein anderer Kleiner, Maryk, ist derjenige, der das hier getan hat. Ich sehe diesen Namen auch in deinen Gedanken.
    »Sie haben sie vergewaltigt und geschlagen und dann zum Sterben zurückgelassen. Sie haben auch mich zum Sterben zurückgelassen. Warum?«
    Wir sind uns ähnlich. Wir vermissen beide unsere Artgenossen auf dieselbe Weise. Wir vermissen, was sie sein könnten oder sein sollten, aber nicht, was sie in Wirklichkeit sind. Ich muss jetzt gehen, mein Kleiner Kailin. Für heute ist meine Jagd noch nicht zu Ende. Ich bin bald wieder zurück.
    Schneeflocke drehte sich um, und Kailin beobachtete, wie sie sich flussabwärts wandte, in die Richtung, in der die Männer verschwunden waren. Das hätte purer Zufall sein können, doch etwas an dem Tonfall ihrer letzten Gedanken verstörte ihn. Sie hatte sich aufgemacht, um die Männer zu finden. Sie blickte sich nicht um, und als Kailin sich hastig aufrappelte und ihr hinterherrief, war sie schon zu weit weg, um ihn zu hören.
    Nach ihrer Rückkehr wollte er sie eigentlich fragen, was sie getan hatte, und ihr erklären, dass es falsch war. Aber dafür blieb keine Zeit. Noch während sich die Gedanken in seinem Kopf formten, drängte sich Schneeflocke mit aller Gewalt in sein Bewusstsein.
    Viele Drachen sind auf dem Weg hierher.

29
     
    Jäger und Gejagte
     
    D ie Rückkehr des weißen Drachen kam völlig überraschend. Sollos hatte kaum das Feuer entfacht, als sich ein riesiger Schatten am Himmel abzeichnete. Die Ritter blickten auf und starrten den Drachen an, der über ihren Köpfen weite Kreise zog. Das Tier hält etwas in seinen Klauen , bemerkte Sollos erstaunt. Sie spreizte die Flügel und streckte die mächtigen Hinterkrallen aus, bevor sie wie ein Adler auf sie herabschoss. Während sie im Flussbett landete und ein paar Schritte machte, um das Gleichgewicht zu finden, schienen die Berge regelrecht zu erzittern. Dann stand sie da, starr, majestätisch, auf den Hinterläufen, hatte die Schwingen nicht wieder vollständig angelegt, den Kopf ein wenig vorgereckt, den mächtigen Schwanz zum besseren Halt nach hinten ausgerollt.
    Sollos wich langsam von der Feuerstelle zurück und schlich in den Wald. Es war nicht das erste Mal, dass er einen nervösen Drachen gesehen hatte. Auch den Rittern, die vom Fluss in alle Himmelsrichtungen stoben, war der Anblick offensichtlich nicht fremd.
    »Wie lange dauert es, bis Eure eigenen Drachen hier sind, Reiter Semian?«, murmelte Sollos. Doch Semian war längst verschwunden, und das sagte Sollos alles, was er wissen musste. Zu lange .
    Behutsam streckte der Drache einen Vorderlauf aus und öffnete eine Klaue. Auf einmal war ein Mann zu sehen, der dort zusammengekauert hockte.
    Heilige Vorfahren! , dachte Sollos, als der Mann aufstand. Es ist der Knappe . Er sah überraschend gut aus. Vielleicht ein bisschen steif und mitgenommen, und auch sein Gang war ein wenig sonderbar, aber für einen Burschen, der sich einen Monat allein im Weltenkamm herumgetrieben hatte, war er bemerkenswert lebendig.

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