Der Drachentoeter
angesehen. Es ist eine vornehme, rechtschaffene Rasse, gute Krieger, exzellente Dichter, wunderbare Sänger, lieb zu Bäumen, eins mit der Natur und so weiter … Aber ich habe da so meine Bedenken. In meinem Berufszweig sind mir viele Beweise für elfisches Fehlverhalten untergekommen, von denen andere Leute keinen blassen Schimmer haben. Zugegeben, ich bin noch nie einem Elf begegnet, der ein Gewaltverbrecher war, wie einige Menschen, die meinen Weg gekreuzt haben, aber ich habe einige erlebt, die durchaus zu gewissen kriminellen Handlungen neigen. Und außerdem verheißt in meiner Berufssparte der Besuch von Elfen normalerweise Ärger. Wenn sie nämlich nur ein kleines Problem haben, regelt das ihr Botschafter. Der kann sich dabei auf die rückhaltlose Unterstützung der einschlägigen Behörden verlassen, die es sich auf keinen Fall mit den Elfen verscherzen wollen.
Und nun stehen zwei junge Elfen hier vor mir, in kleidsames Grün gehüllt, groß, schön und goldäugig, und wollen mich engagieren. Und zwar, damit ich ihr Rotes Elfentuch auftreibe. Dieser Stoff verfolgt mich geradezu. Ich habe ihnen gerade erklärt, dass meine Verwicklung in diese Angelegenheit höchst zufälliger Natur ist.
»Wenn Ihr ein Gerücht gehört habt, dass ich das Zeug habe, dann ist es eben genau das: ein verdammtes Gerücht.
Ich weiß nicht, wer es in Umlauf gebracht hat, aber ich weiß, dass ich nicht weiß, wo sich das Tuch befindet.«
»Gerüchte dieser Art sind uns keineswegs zu Ohren gekommen«, erwidert Kallos-al-Dent, der ältere der beiden. »Wir sind hier, weil unser Vetter Vases-al-Gipt, loyaler Ratgeber unseres Lords Khurd-al-Dah, der das Tuch Eurem König geschickt hat, Euch als klugen und vertrauenswürdigen Menschenmann empfohlen hat.«
Es gefällt mir, wenn man mich für klug und vertrauenswürdig hält. Ich betrachte die jungen Elfen mit erheblich mehr Sympathie. Aber was noch wichtiger ist: Der Name Vases-al-Gipt versetzt mich mit einem Schlag in meine Vergangenheit. Er war einer der sehr wenigen Elfen, mit denen ich wirklich befreundet war. Er kam während der letzten Orgk-Kriege mit einem Elfen-Bataillon von den südlichen Inseln. Nachdem die westlichen Streitkräfte mächtig einen auf den Deckel bekommen hatten, landeten wir gemeinsam in einem Graben, in dem wir uns zwar wenig ruhmreich, aber dafür umso klüger vor einer orgkischen Drachenpatrouille verborgen hielten, die das ganze Gebiet absuchte. Wir versteckten uns drei Tage und schlugen uns schließlich wieder bis zu unseren Linien durch. Genauer gesagt, wir schlichen uns zu unseren Linien zurück, aber wir mussten uns durch eine Gruppe von orgkischen Kriegern schlagen, bevor wir wieder in die Stadt gelangten. Es ist eine unserer Lieblingskriegsgeschichten. Ich spule sie wenigstens einmal in der Woche herunter – unten in der Kaschemme.
»Wie geht es denn dem alten Vas so zur Zeit?«
»Es geht ihm gut. Der Baum seines Lebens wächst unaufhaltsam in den Himmel.«
Was das genau bedeuten sollte, war mir nicht klar, aber ich beschloss, das Thema nicht weiterzuverfolgen.
»Bevor wir die Inseln verließen, riet er uns, dass wir uns an Euch wenden sollten, wenn wir selbst nichts erreichen würden.«
Die Elfen sind also von den südlichen Inseln von ihrem Elfen-Lord losgeschickt worden, um das verschwundene Rote Tuch aufzuspüren, haben aber keine zählbaren Ergebnisse erzielen können. Und jetzt sind sie hier. Sie sind bei ihrem Botschafter gewesen, haben unseren Konsul besucht, und sogar der Palastwache eine Visite abgestattet. Sie haben die Zivilgarde um Rat gefragt und die Meinungen verschiedener Ermittlungs-Magier der Oberstadt eingeholt. Alles ohne Erfolg. Was sie letztlich nach Zwölf Seen geführt hat. In das Viertel der verfaulenden Fischköpfe, der stinkenden Abwasserkanäle und der preiswerten Detektive. Willkommen in der großen Stadt.
Ich zucke mit den Schultern. Da ich ohnehin schon in die ganze Sache verwickelt bin, kann mich auch ruhig jemand dafür bezahlen – besonders, da mich gerade die Prinzessin gefeuert hat. Ich erkläre mich bereit, den Fall zu übernehmen. Die Elfen, Kallos-al-Dent und sein Gefährte Jares-al-Manach, teilen mir mit, was sie wissen, und das ist nicht sehr viel. Ihr Elfen-Lord, Khurd-Al-Dah, hat das Rote Tuch mit dem Schiff nach Turai geschickt. Dieses Schiff musste jedoch südlich von Mattesh einen Hafen anlaufen, weil es in einem Sturm beschädigt worden war. Anstatt solange zu warten, bis die Reparaturen beendet
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