Der Drachentoeter
Baum.«
Sie wischt unter einem Stuhl, wirft ihn dabei um und zertrampelt ihn vor Wut zu Kleinholz.
Die Kunden, die zu einem Morgen-Bierchen hereinkommen, beenden unser Gespräch. Ich verwünsche die zartbesaitete Seele meiner axtschwingenden Freundin und bereite mich auf einen Tag voller anstrengender Ermittlungen vor. Ich gehe zur örtlichen Wachstation der Zivilgarde, weil ich herausfinden will, ob Zivilgardist Inkorruptox vielleicht etwas Licht in die ganze Sache bringen kann. Ich habe früher einmal meinen Einfluss spielen lassen, um Inkorruptox’ Vater vor der Bruderschaft zu schützen. Sie bedrohten damals seine Existenz als unabhängiger Buchmacher im Stadium Superbius. Seitdem ist Inkorruptox wesentlich hilfsbereiter mir gegenüber als die anderen Zivilgardisten.
»Irgendwelche Spuren, was den Diebstahl des Roten Elfentuches angeht?«
Inkorruptox wird von meiner Frage überrascht. »Du arbeitest an der Sache?«
Ich setze meine ausdruckslose Miene auf, und er dringt nicht weiter in mich. Inkorruptox hat von dem Kampf mit dem Freundeskreis in meinem Haus gehört, aber er weiß weder, warum sie mich überfallen haben, noch kann er mir einen Tipp geben, wieso alle glauben, ich hätte das Elfentuch. Aber er verrät immerhin, dass der Freundeskreis mit dem Diebstahl in Verbindung gebracht wird. Aber Genaueres weiß man bislang nicht.
»Willst du damit sagen, dass sie es nicht mehr haben?«
»Gut möglich.«
Ich bitte ihn, mich zu informieren, wenn die Zivilgarde Fortschritte machen sollte. Vor allem interessiert mich der Name des Zauberers, der mit dem Freundeskreis zusammenarbeitet. Inkorruptox verspricht es mir. Dann will er wissen, wie ich in diese Sache hineingeschlittert bin.
Natürlich bin ich nicht geneigt, es ihm zu erklären. »Wie hoch ist die Belohnung?«
»Sie ist eben auf fünfhundert Gurans erhöht worden.« Ein nettes Sümmchen, vor allem für jemanden, der dringend Geld braucht. Plötzlich taucht Tholius auf, der Präfekt von Zwölf Seen und befördert mich umgehend hinaus. Er mag mich nicht. Kein Präfekt mag mich. Denn jedes Mal, wenn ich wieder einen vertrackten Fall gelöst habe, fühlen sie sich inkompetent.
Vor der Wache der Zivilgarde schreit mir ein junges Bürschchen von den Kool-Tiens irgendeine verächtliche Obszönität hinterher. Etwas von fetten Kerlen, die immer auf die falschen Wagen setzen. In einer einzigen, fließenden Bewegung bücke ich mich, greife mir einen Stein und schleudere ihn nach dem respektlosen Kerl. Er trifft ihn mitten auf die Nase, und unser kleines Großmaul bricht in Tränen aus. »Verspotte nie einen ausgebildeten Soldaten, Balg!« Cimdy und Bertax spielen am Hafen. Sie sind beide in ihre üblichen bizarren Klamotten gehüllt. Die Kleidungsstücke sind zwar verschlissen, aber schön bunt. Und sie haben sich mit vielen Perlenschnüren und Ohrringen ausstaffiert. Außerdem tragen sie beide Stiftschrauben-Piercings an ihren linken Augenbrauen, und auch noch an vielen anderen, zumeist verborgenen Teilen ihrer Anatomie. Ihr Haar ist so kreischbunt gefärbt, dass allein der Anblick genügt, jeden normalen Bürger erblinden zu lassen. Aber als Fahrende Gaukler haben sie eine Art Freibrief für so was. Ihr Pferde-wohnkarren ist hinter Ghurds Kaschemme abgestellt. Als ich sie das erste Mal sah, war ich schockiert und habe Ghurd empfohlen, sie von seinem Grund und Boden zu vertreiben. Aber mittlerweile habe ich mich an sie gewöhnt. Eigentlich sind sie ein ganz nettes junges Paar, und wir gehen recht freundlich miteinander um. Trotzdem ist mir schleierhaft, warum sie sich so seltsam zurechtmachen müssen. Also wirklich: durchbohrte Nasen und Augenbrauen? Das ist doch lächerlich. Ich höre ihnen eine Minute zu und werfe dann eine Münze in ihren Humpen.
Es wird Zeit, die Mehrjungfrau zu besuchen, so ziemlich die übelste Kaschemme von Zwölf Seen, und das will was heißen. Noch mehr Jungs von den Kool-Tiens machen sich über mich lustig, als ich an ihnen vorbeischlendere. In Zwölf Seen kennt mich jeder, aber ich will nicht behaupten, dass ich besonders populär bin. Die Huren und die Boah-Händler ignorieren mich, als ich vorsichtig über die dreckstarrende Straße gehe.
Normalerweise hängt Kerk hier herum. Als Boah-Dealer erfährt er schon durch seinen Beruf häufig interessante Neuigkeiten. Bedauerlicherweise ist er einer der eifrigsten Konsumenten seines eigenen Produktes und deshalb ständig knapp bei Kasse. Ich finde ihn vor der Kaschemme, wo er
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