Der Drachentoeter
Problem.
Wenn ich weiter nach dem Tuch suche, wird es natürlich schwer werden, mir diese mörderischen Leute vom Hals zu schaffen, die glauben, ich hätte es bereits. Aber das wiederum ist mein Problem.
Am Abend tobt das Leben in der Rächenden Axt. Söldner, Hafenarbeiter, Arbeiter, Pilger, Seeleute, Händler aus dem Viertel und ihre Angestellten trinken aus Leibeskräften und spülen sich ihre Sorgen hinunter. Die jungen Cimdy und Bertax tauchen ebenfalls auf, kramen ihre Mandolinen, Flöten und Lauten heraus und unterhalten die Menge mit einigen zotigen Saufliedern, stampfenden traditionellen Volksliedern und einigen sentimentalen Balladen, die den einsamen Herzen in der Kaschemme gewidmet sind. Es sind gute Musiker und sie kennen ihre Pappenheimer. Das ist auch ganz gut so, sonst würde ihnen nämlich noch Schlimmeres widerfahren als die ganz normalen Schmähungen und Beschimpfungen wegen ihrer grell gefärbten Haare, der bunten Kleider und der durchbohrten Ohren und Nasen. Ghurd bezahlt sie mit Freibier. Wirklich keine schlechte Sache. Ich wünschte, ich könnte auch ein Instrument spielen.
Trotz all der Ausgelassenheit wirkt Ghurd griesgrämiger als eine niojanische Hure und reagiert nicht einmal, als ich ihm auf die Schulter schlage und ihn frage, ob er sich noch daran erinnert, wie wir uns in der Simlan-Wüste plötzlich nur mit einem Messer bewaffnet vierzehn Halb-Orgks gegenübersahen und trotzdem die Oberhand behielten. Er sieht mich nur finster an und fragt mich, ob ich wohl morgen zu ihm kommen könnte.
Ich nicke, obwohl ich mich auf dieses Gespräch nicht gerade freue. Es dreht sich vermutlich um die Köchin, Tanrose, in die Ghurd – wie er sagt – möglicherweise verliebt ist. Als eingefleischter Junggeselle, der den größten Teil seines Lebens damit verbracht hat, als Söldner in der Weltgeschichte herumzustreifen, findet Ghurd das höchst verwirrend. Er kann sich nicht entscheiden, was er tun soll. Er will ihr nicht die Hand zum Bund fürs Leben reichen, und dann feststellen müssen, dass das, was er für Liebe hielt, nichts weiter war als eine Vernarrtheit in ihr ausgezeichnetes Hirschragout. Er fragt mich in dieser Angelegenheit recht häufig um Rat, obwohl ich ihm immer wieder versuche klarzumachen, dass ich sicher nicht der richtige Beistand in Herzensangelegenheiten bin. Trotzdem kann es nicht schaden, ihm ein mitfühlendes Ohr zu schenken. Dadurch ist er etwas nachsichtiger, wenn ich mal wieder mit der Miete im Verzug bin.
Die Leute lachen, tanzen, spielen, erzählen sich Geschichten und reden über den Skandal des Tages. Im Licht der Öllampen verfallen Cimdy und Bertax in einen wilden Rhythmus, bei dem die ganze Kaschemme entweder tanzt oder mit den Füßen stampft. Ich knalle meinen Humpen im Rhythmus auf die Tischplatte und stimme lautstark in den Refrain ein: »Mehr Bier«. Alles in allem ist es eine sehr nette Nacht in der Rächenden Axt. Jedenfalls habe ich mit den Armen von Zwölf Seen mehr Spaß, als ich jemals mit den Aristokraten bei gesellschaftlichen Veranstaltungen im Palast gehabt habe. Irgendwann bin ich ganz fürchterlich betrunken, was eigentlich auch ganz in Ordnung ist. Doch gerade als mich Ghurd und Makri nach oben schleppen, taucht Prätor Zitzerius auf. Er ist Turais berühmtester Advokat und besitzt sehr viel Einfluss in der Stadt. Er informiert mich, dass ich sofort zum Palast kommen soll. Ich habe eine Privataudienz bei Prinzessin Du-Lackai.
Ich brauche eine Weile, bis ich begreife, was er will, und genauso lange versuche ich, dem Prätor klarzumachen, dass das keine gute Idee ist. Ich hätte die Gerüchte über seine Frau zwar gehört, aber ich würde keine Scheidungsermittlungen durchführen.
»Es gibt keine Gerüchte über meine Frau«, knurrt Zitzerius mich an. Der Prätor ist kein Mann, mit dem man einfach so herumalbern kann. Sondern er ist um die fünfzig, dünn, grauhaarig, streng und berüchtigt für seine Unbestechlichkeit. Ich lade ihn ein, mit mir in ein kleines, obszönes, barbarisches Trinklied einzustimmen, das ich von Ghurd gelernt habe. Er lehnt höflich, aber bestimmt ab.
»Warum greift Ihr hier in der Stadt eigentlich nicht mal richtig durch, Prätor?«, will ich wissen. Ich bin plötzlich aggressiv. »Alles geht zum Teufel, und die Regierung ist in etwa so nützlich wie ein Eunuch in einem Bordell.«
Das Gesicht des Prätors verliert plötzlich merklich an Farbe. Ghurd und Makri treten sichtlich angewidert einige Schritte von mir weg.
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