Der Drachentoeter
von der Tötung selbst nichts bemerkt hat«, berichtet Makri, der bei der Konversation offenbar sehr unwohl ist. Als sie das letzte Mal mit Orgks geredet hat, war sie ihre Sklavin, eine Erinnerung, die sie nur ungern hegen und pflegen möchte. »Aber er ist ziemlich aufgeregt. Er mochte den Drachen.«
»Er mochte ihn?«
»Er hat ihm Gutenachtgeschichten vorgelesen.«
»Frag ihn, ob er den Schlafzauber an jemanden anderen als Attilan verkauft hat.«
Pazaz streitet ab, dass er den Schlafzauber überhaupt verkauft hat, aber wir wissen, dass er lügt. Ich drohe ihm, seinen Botschafter zu informieren, und sofort bricht er zusammen. Er gibt zu, dass er Attilan eine Kopie verkauft hat, schwört aber Stein und Bein, dass dies die einzige war.
Es ist schwierig zu entscheiden, ob er die Wahrheit sagt. Zu den meisten Verdächtigen entwickle ich eine Intuition, aber die Emotionen hinter diesem runzligen Gesicht sind merkwürdig und unentzifferbar. Ich lege noch einige Karten auf den Tisch und verrate ihm, das ich den Plan kannte, das Rote Elfentuch nach Gzak zu schaffen. Jetzt macht er sich wirklich Sorgen. Selbst wenn er unter diplomatischem Schutz steht, dürfte er sich recht bald in einer höchst ungemütlichen Lage befinden, wenn die Bevölkerung von Turai die Sache spitz kriegt. In der Stadt herrscht schon genug Unwillen darüber, dass überhaupt Orgks hier sind, auch ohne dass ich ihre Pläne, unsere magischen Geheimnisse zu stehlen, an die große Glocke hängen muss.
Aber nichts an seinen Antworten bringt mich der Lösung der Frage näher, wer den Drachen getötet hat, oder wo sich das Elfentuch jetzt befinden könnte. Prätor Zitzerius hat mir gesagt, dass die religiöse Zeremonie, an der die königliche Familie teilgenommen hat, nur eine knappe halbe Stunde gedauert hat. Wer auch immer den Drachen getötet hat, muss einen guten Informanten im Palast gehabt haben. Aber in einer so korrupten Stadt wie Turai sind interne Informationen für jedermann zu erwerben. Es ist schlicht eine Preisfrage. Noch interessanter ist jedoch, dass es den Ermittlungsmagiern der Palastwache nicht gelungen ist, die Aura irgendwelcher ungewöhnlichen Zoobesucher aufzuspüren – was die Lage der Prinzessin nur noch schlimmer macht. Trotzdem ist es, da der Drache jedes magische Feld unterbricht, nicht absolut auszuschließen, dass ein Fremder hier gewesen ist.
»Es kann nicht einfach gewesen sein, den Drachen zu töten und das Tuch herauszuholen, mit oder ohne Zauberspruch. Ist denn niemand hier gewesen, der auffälliges Interesse an den Gewohnheiten des Drachen gezeigt hat?«
Niemand, meinte Pazaz. Es hat überhaupt niemand mit ihm gesprochen, außer Bischof Gabrielius, der einen oder zwei Versuche gemacht hat, ihn zum Wahren Glauben zu bekehren. Beinah tut der Orgk mir leid. Bischof Gabrielius versucht immer, seine Bischofskollegen zu übertrumpfen. Wahrscheinlich wollte er eine Orgk-Seele als Trophäe vorweisen können.
Wir müssen gehen. Abgesehen davon, dass mein Verdacht, was Attilan betraf, bestätigt wurde, habe ich nicht viel erfahren. Im Palast brennen immer noch die Lichter, als wir über das Gelände zu den Toren geführt werden. Ich vermute, dass drinnen alles wegen der Verhaftung der Prinzessin im Aufruhr ist. Die Zeiten ändern sich. Früher einmal wäre eine Prinzessin in Turai nie und nimmer unter Arrest gestellt worden, ganz gleich, welchen Verbrechens sie beschuldigt worden wäre. Und der Sohn eines Prätors wäre ebenfalls nicht wegen ein paar Säcke Drogen einkassiert worden. Aber jetzt, da Senator Lohdius’ Populäre Partei immer mehr an Macht gewinnt, zwackt das auch die Oberklasse. Vielleicht tut es ihnen ja gut, wenn sie zur Abwechslung mal die Gesetze ihres Landes befolgen müssen.
Ich bin todmüde. Die Hitze der Nacht drückt mich nieder. Ich könnte mich gut und gerne hinlegen und auf der Stelle einschlafen. Die Anstrengungen des Tages und meine Müdigkeit bereiten mir pochende Kopfschmerzen. Die Aussicht, in die Ruinen meiner Zimmer zurückkehren zu müssen, verstärken sie noch. Wir fahren schweigend zurück nach Zwölf Seen. Makri denkt über Orgks nach. Später sagt sie, dass sie Pazaz einmal in einer Arena kämpfen gesehen habe, was ihren Drang, ihn umzubringen, beinah unerträglich verstärkt hätte.
»Wenn ich das nächste Mal einem Orgk begegne, braucht es mehr als diplomatische Immunität, um zu verhindern, dass ich ihm den Kopf von den Schultern trenne«, sagt sie, bevor sie in brütendes
Weitere Kostenlose Bücher