Der Drachentöter
sich.
»Alle Mann sofort in die Messe«, befahl er.
Es entstand eine kurze Pause. Dann fragte ein Krultch: »Wahrscheinlich alle Mann bis auf die Notbesatzung der Energie- und Waffenstationen, Erhabener?«
»Ich sagte alle Mann, verdammt!« erwiderte der Kapitän. Er schaltete die Verbindung ab. »Ich weiß nicht, was Sie damit erreichen wollen«, sagte er zu Retief. »Ich habe dreihundert furchtlose Krieger an Bord dieses Schiffes; Sie werden niemals lebend hier fortkommen.«
Zwei Minuten vergingen. Der Lautsprecher knisterte. »Alle Mann versammelt, Sir.«
»Willie, sehen Sie den großen weißen Hebel?« fragte Retief sanft. »Ziehen Sie ihn nach unten – und den daneben ebenfalls.«
Der Kapitän machte eine Bewegung, und Retief hob sofort die Waffe. Willie ging an dem Krultch vorbei und zerrte die Hebel nach unten. Ein deutliches Zittern durchlief das Schiff.
»Was war das?« fragte der Liliputaner.
»Die Notversiegelungen haben sich geschlossen«, sagte Retief.
»Die dreihundert furchtlosen Krieger können nicht mehr aus der Messe.«
Der Kapitän wirkte mit einem Mal hilflos und matt. »Weshalb wissen Sie soviel über mein Schiff?« fragte er. »Die Konstruktion ist geheim …«
»Das kommt davon, wenn man anderen Rassen die Baupläne stiehlt. Man muß damit rechnen, daß sie allgemein bekannt sind. So, Willie, und nun lassen Sie Julius und die restlichen Truppenmitglieder herein. Ich glaube, wir können die Kapitulationsbedingungen besprechen.«
»Dieser Tag wird in die Annalen des Verrates eingehen«, sagte der Kapitän dumpf.
»Oh, das ist gar nicht nötig«, tröstete ihn Retief. »Vielleicht können wir zu einer Privatregelung kommen …«
*
Eine Stunde nach Sonnenuntergang trennte sich das rasch einberufene Kabinett von Gaspierre. Botschafter Sheepshorn war in eine freundschaftliche Unterhaltung mit einem unbehaglich dreinsehenden Krultch-Offizier verwickelt. Er blieb stehen, als er Retief erkannte.
»Ah, da sind Sie ja, mein Junge. Ich machte mir schon Sorgen, als Sie gestern abend nicht zurückkehrten, aber wie ich dem Kapitän eben erklärte, handelte es sich um ein großes Mißverständnis. Als wir hörten, daß die Krultch wirklich nichts anderes als Tierzucht und Volkstänze im Sinne hatten und Kriegsabenteuer jeder Art verabscheuen, unterzeichnete das Kabinett sofort den Freundschaftsvertrag.«
»Das hört man gern, Herr Botschafter«, sagte Retief und nickte dem Krultch-Kommandanten zu. »Wir werden uns also in freundschaftlichem Wettstreit miteinander messen und die umständlichen Verhandlungen beiseite lassen.«
Am Ende des Korridors entstand eine Bewegung. Ein verwirrter Krultch-Offizier kam heran. Er hatte im Schlepptau einen schmutzigen Matrosen.
»Erhabener!« Er salutierte. »Dieser Mann scheint eben aus einer sonderbaren Lähmung erwacht zu sein …«
»Der hier war es!« Der Matrose deutete auf Retief. »Er und die anderen.« Er sah Retief vorwurfsvoll an. »Das mit der Bombe war ein hinterhältiger Trick; wir zitterten die ganze Nacht, daß sie losgehen würde – bis wir entdeckten, daß es sich um ein Rauschgiftstäbchen handelte.«
»Tut mir leid«, sagte Retief.
»Hören Sie, Erhabener, ich muß Sie warnen«, flüsterte der Seemann. »Der große Terry mit dem geschwänzten Mantel und dem Feueratem – er ist ein Zauberer. Wenn er winkt, erscheinen gigantische weiße Vögel …«
»Still, du Schwachkopf!« brüllte ihn der Kapitän an. »Du hast wohl keine Augen im Kopf. Das sind keine echten Vögel, die da erscheinen – die Leute können sich verwandeln! Und jetzt ab mit dir. Ich habe die Absicht, in ein Kloster einzutreten, sobald wir in der Heimat sind, und ich möchte schon jetzt mit der Meditation beginnen.« Er nickte kurz und verschwand mit klappernden Hufen.
»Komischer Kerl«, stellte Sheepshorn fest. »Wovon hat er wohl geredet?«
»Wahrscheinlich ein subtiler Humor seiner Rasse, den wir nicht begreifen«, meinte Retief. »Aber etwas anderes – diese Terranergruppe, die hier unverschuldet in Schwierigkeiten geriet – , ich sprach gestern davon …«
»Ja, ich war vielleicht ein wenig schroff zu den Artisten, Retief. Aber ich hatte soviel mit der bevorstehenden Konferenz zu tun. Ich gestatte Ihnen also, ein gutes Wort für die Leute einzulegen.«
»Ich nahm mir die Freiheit und tat noch etwas mehr«, sagte Retief. »Da in dem neuen Vertrag auch eine Klausel über Kulturaustausch enthalten ist, unterzeichnete ich einen Halbjahresvertrag mit
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