Der Dreissigjaehrige Krieg
höchst ungewöhnlich, aber eben auch eine gute Tarnung.
Der König in Madrid war zwar befremdet, dass er auf Vorschlag seiner Tante Isabella, der Herrscherin über die spanischen Niederlande, ausgerechnet einen Maler mit solch großen Angelegenheiten betrauen sollte. Doch die Infantin wusste gut, wie erfahren ihr Untertan und ergebener Hofmaler war. Schon als 25-Jähriger hatte Rubens in Diensten des Herzogs von Mantua als Teilnehmer einer Gesandtschaft nach Spanien beobachtet, wie Politik gemacht wird. Als er 1609 an den Hof der Infantin Isabella nach Brüssel kam, erkannte diese rasch die Qualitäten des jungen Weltmannes. Wiederholt schickte sie ihn zu heiklen Verhandlungen in die abtrünnigen Nordprovinzen, die von ihren anglikanischen Glaubensbrüdern in England mit Truppen und Geld unterstützt wurden. Rubens bediente sich dabei eines weitgespannten Netzwerks von Verwandten, Freunden und Geschäftspartnern, über das er indirekt Verhandlungen mit den Engländern aufnehmen konnte.
1628 schickt ihn die Infantin nach Madrid: Offiziell soll er die königliche Familie malen. In Wirklichkeit aber hat sich der seit 1621 regierende König Philipp IV. dem Wunsch seiner »guten Tante« gebeugt. Rubens will dem König persönlich über den Stand der Verhandlungen mit England berichten. Über sieben Monate hält sich der Maler am spanischen Hof auf; die Politik scheint keine Eile zu haben. Rubens nutzt die Zeit, acht Gemälde an den König zu verkaufen, ihn fünfmal zu porträtieren und in der Umgebung wandern zu gehen. Erst als Anfang 1629 Habsburgs Erzfeind Frankreich in Oberitalien eine neue Front gegen Spanien eröffnet, wird die Londoner Mission dringend.
Am 25. Juni 1629 steht Rubens in Greenwich wieder vor Charles I. Der englische König, gerade einmal 28 Jahre alt, gilt als steif und schüchtern, aber in Gesellschaft des weltgewandten Künstlers taut er schnell auf. »Bei Gott, von ganzem Herzen«, so gesteht er Rubens, wünsche er sich den Frieden mit Spanien. Doch zustimmen könne und werde er nur dann, wenn seinem Schwager, dem exilierten böhmischen »Winterkönig« Friedrich V. , die Pfalz samt allen ererbten Rechten zurückerstattet würde. Rubens weiß, wie unmöglich das ist. Er antwortet ausweichend: Ihm stehe nicht zu, über solch gewichtige Dinge zu verhandeln. Dem König ist klar, wie viel er fordert; schließlich schlägt er eine Botschafterkonferenz aller betroffenen Mächte vor. Im intensiven Briefwechsel mit dem spanischen Minister Olivarez drängt Rubens auf Fortschritte, denn auch Frankreich buhlt um die Gunst des englischen Königs. Doch die Sache zieht sich weiter hin, bis die Engländer an den guten Absichten der Spanier zu zweifeln beginnen.
Rubens nutzt die Zeit für das, was er am besten kann: Er malt – unter anderem die gewaltige Allegorie »Frieden und Krieg«, die er Charles als Geschenk überreicht. Auf der üppigen Leinwand drängt Minerva, die behelmte Göttin der Weisheit, mit entschlossenem Griff den Kriegsgott Mars zurück. Und siehe da: Im November 1630 besiegeln Spanien und England tatsächlich einen »Treaty of Peace and Alliance«, einen Friedens- und Bündnisvertrag, der immerhin 24 Jahre Bestand hat. Sein emsiger Vermittler wird mit Ehren überhäuft und zum Ritter der britischen Krone geschlagen. Noch das Grabmal von Peter Paul Rubens erwähnt unter seinen Erfolgen ausdrücklich die Friedensmission nach England.
TEIL II
EUROPA IM CHAOS
»DER LÖWE AUS MITTERNACHT«
Bei seinem Einmarsch in Deutschland
präsentierte sich König Gustav II. Adolf von Schweden
als Beschützer der Protestanten.
Doch er betrieb vor allem Machtpolitik.
Von
Uwe Klußmann
E ine bewegende Szene spielt sich am 29. Mai 1630 vor den Mitgliedern des schwedischen Reichsrates und Reichstages ab. König Gustav II. Adolf, ein hochgewachsener, blonder Mittdreißiger mit blauen Augen, nimmt seine dreieinhalbjährige Tochter Christina auf die Arme. Der Herrscher will die Versammlung auf das Mädchen als künftige Regentin Schwedens einstimmen, für den Fall, dass er nicht lebend zurückkehrt. Der König hat sich zu einem folgenreichen Wagnis entschlossen. Gustav Adolf will in den Krieg eingreifen, der seit 1618 im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation tobt.
»Gott nehme ich zum Zeugen«, ruft der begabte Redner den Männern zu, »dass ich das nicht aus Lust am Kriege tue, sondern dazu getrieben worden bin.« Geboten sei eine Art humanitäre Intervention zugunsten der vom Kaiser bedrängten
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