Der Dreissigjaehrige Krieg
durch diese Gegend im Herzen Deutschlands wird für die Kaiserlichen zu einem unkalkulierbaren Risiko. »Insbesonderheit bei Sommerzeit, da der Busch grün und dicke«, so ein Kundschafterbericht vom Juni 1627 an den schwedischen Hof, überfallen Harzschützen kaiserliche Transporte. Im Dickicht dunkler Wälder rund um den Brocken legen die Kämpfer geheime Lager und Vorratskammern an – als professionelle Partisanen. Ein Mythos entsteht, von dem bald die Sagen der Region künden sollen.
Als die Freischärler Anfang Juli 1627 die beiden Burgen Klettenberg und Stiege im Harz stürmen, entschließen sich die Kaiserlichen zum Vergeltungsschlag gegen die Harzschützen. Die Hochburg Benneckenstein und auch andere Widerstandsnester fallen. Danach ist die Bewegung geschockt und geschwächt; viele Kämpfer resignieren. Doch der Widerstand geht weiter. 1631, nach der Zerstörung Magdeburgs, erleben die Harzschützen wieder einen Aufschwung. Von den Kämpfern aus Benneckenstein ist da schon niemand mehr am Leben. Der kaiserliche Offizier Peckherr hatte, wie eine Chronik berichtet, die »Hartzbauren gar erbärmlich hinrichten, rädern, spießen« und anderweitig zu Tode quälen lassen, auch »mit glühenden Zangen«.
IM AUFTRAG DES KÖNIGS
Der Maler-Star Peter Paul Rubens vermittelte als Diplomat
den Frieden zwischen Spanien und England.
Von
Philipp Duckensell
D ünkirchen, Mai 1629. Peter Paul Rubens steht auf der Kaimauer und blickt nachdenklich auf die Schiffe im Hafen. Neben den flämischen Heringsfischern hat eine Patache festgemacht, ein schnelles Kriegsschiff. Am Heck weht das rot gezackte Andreaskreuz, die Flagge der spanischen Monarchie.
Für den Malerstar ist das nichts Ungewöhnliches. Dünkirchen ist Heimathafen der Flandernflotte Spaniens, das seit den Tagen Karls V. über die Niederlande herrscht. »Untrennbar« sei dieser Besitz mit Spaniens Krone verbunden, hat Karls Enkel Philipp III . verkündet – und das Land für »unteilbar« erklärt. Doch Holland und sechs weitere Provinzen im Norden rebellieren gegen die katholischen Könige im fernen Madrid. »Wie von Schwindsucht befallen« sei seine Heimatstadt Antwerpen dahingesiecht, als die Holländer begannen, den Hafen zu blockieren, klagte der Flame Rubens 1627. Auch jetzt lauern vor Dünkirchen neun holländische Schiffe auf Beute. Wie gelangt Rubens bloß nach London?
Als Künstler steht der 51-Jährige im Zenit seiner Karriere. Er gilt als »Apelles unserer Zeit«, nach dem legendären Maler, den Alexander der Große in seinem Atelier besucht haben soll. Rubens geht mit den Mächtigsten der Epoche um; er spricht sechs Sprachen und ist gebildet in Philosophie, Geschichte und Politik. Zeitgenossen beschreiben ihn als anregenden Gesprächspartner, der »wegen seiner Wolredenheit und höflichen Wandels bey jederman in hohes Ansehen kommen ist«.
Quelle: AKG
Peter Paul Rubens: Selbstporträt mit Isabella Rubens
in der Geißblattlaube (1609)
Monarchen porträtiert Rubens ebenso wie Staatsmänner und reiche Bürger, und er lässt sich fürstlich bezahlen. Sein Freund und Geschäftspartner Jan Brueghel der Ältere nennt ihn 1624 einen »Günstling Fortunas«. Doch die Schicksalsgöttin zeigt sich auch wankelmütig. Rubens’ Frau Isabella stirbt 1626. Mit ihr hatte er sich einst auf dem Gemälde »Die Geißblattlaube« porträtiert, großbürgerlich die Hand am Degen, dem Statussymbol des Adels. Nun, drei Jahre später, ist er wahrhaftig Sekretär des Geheimen Rats der Niederlande. Aber auch dieser Titel, verliehen vom spanischen König, könnte ihn vor holländischen Schiffskanonen nicht schützen.
Es ist Englands König persönlich, der den in Dünkirchen ausharrenden Künstler aus seiner Klemme befreit. Charles I. schreibt an den Kapitän der Korvette »Adventure«, Rubens solle »schnellstmöglich in unser Königreich gebracht werden, mit seinen Bediensteten und seinem Gepäck«. Spricht da der leidenschaftliche Sammler? Ist Charles so ungeduldig, die neuesten Werke aus der Antwerpener Werkstatt zu sehen?
Schiffe der Engländer, die mit den Spaniern im Krieg liegen, haben von den Holländern nichts zu fürchten. Am 3. Juni 1629 landet Rubens an Bord der »Adventure« in Dover. Schon drei Tage später wird er zur Audienz nach Greenwich gebeten. Denn es geht um viel Wichtigeres als Gemälde: Rubens kommt in diplomatischer Mission, er ist Emissär für den Frieden mit Spanien. Ein Bürgerlicher aus Antwerpen als außenpolitischer Unterhändler –
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