Der Dreissigjaehrige Krieg
Dierdorf. Ein gar schlechtes Land, lauter Wald und Wildnis. Hier haben wir Kommiß bekommen, die Hunde haben es nicht wollen fressen. Hier habe ich mich den Abend ein wenig bezecht und bin des Morgens einen Steinwurf hinter dem Regiment verblieben, wegen Kopfweh. Es sind 3 Bauern in der Hecke gesteckt, auf mich dort wacker zugeschlagen, meinen Mantel, Ranzen, alles genommen … So bin ich also zerschlagen zum Regiment gekommen, haben mich nur ausgelacht.«
Was aufgebrachte Bauern sonst mit Soldaten machen, die sie in ihre Gewalt bekommen, hat der Schotte Robert Monro beschrieben. Als Kommandeur eines Regiments, das unter König Gustav Adolf focht, führte er jahrelang ein Kriegstagebuch. »Die Bauern behandelten unsere Soldaten aufs grausamste«, heißt es da, »sie schnitten ihnen Nasen und Ohren, Hände und Füße ab, stachen ihnen die Augen aus und verübten noch manch andere grausame Tat an ihnen.« Für die Bauern ist es ein Segen, wenn es einmal keinen Feldzug gibt, wenn ein Frieden wenigstens für kurze Zeit hält oder Nässe und Kälte die Gefechte zum Erliegen bringen. Auch die Kriegsknechte sind Wetter und Jahreszeiten ausgeliefert. Ist eine Kampagne beendet, meist vor Einbruch des Winters, bekommt der »Krieg ein Loch«. Aus dem Krieger wird ein Arbeitsloser; die »Gartzeit« beginnt.
Wer Glück hat, macht sich mit seinem Abzugsgeld, meist einem halben Monatssold, auf den Weg. Doch wohin? Manche kehren in die Heimat zurück, einige üben ihr erlerntes Gewerbe aus. Andere dienen als Burgbesatzung; manche schlagen sich als Sänger und Gaukler durch. Geld verdienen müssen die Männer in jedem Fall: Sie haben Familien zu ernähren; viele stöhnen unter Schulden bei Kameraden und Geldverleihern.
Nach dem Westfälischen Frieden standen bei den kriegführenden Parteien in Deutschland noch 210.000 Soldaten unter Waffen. Die meisten waren Söldner, die nun dauerhaft entlassen wurden. Hatte einer seinen Sold gespart, gute Beute gemacht oder begehrte Fertigkeiten erlernt, konnte er sich schnell eine bürgerliche Existenz aufbauen und ins zivile Leben zurückfinden. Den Offizieren bot der allmähliche Aufbau von stehenden Heeren eine Perspektive. Den vielen tausend Krüppeln an Körper und Geist aber blieb nur die elende Existenz am Rand der Gesellschaft.
ANGRIFF AUS DEM BUSCH
Im Harz formierte sich eine Partisanenbewegung
gegen die Kaiserlichen.
Von Uwe Klußmann
Pferdegetrappel schreckt die Bewohner des Dorfes Benneckenstein im Oberharz auf, am Mittwoch, dem 21. Juli 1627. Korporal Hans Müller, Anführer eines Trupps bewaffneter Bauern, feiert Hochzeit. Seine Gäste samt der Hochzeitsgeiger hat er längst begrüßt. Aber die etwa 200 Dragoner, die sich jetzt Müllers Haus nähern, hat niemand eingeladen. Es sind im Wortsinne Party-Töter. Die Kämpfer der kaiserlichen Truppe, geführt von Oberhauptmann David Peckherr aus Halberstadt, umzingeln das Dorf.
Die Benneckensteiner wehren sich, töten einen der Angreifer und verletzen fünf weitere. Schreie hallen über die Hochebene. Dorfbewohner, die in den nahen Harzwald flüchten wollen, werden von den Soldaten niedergemacht. Ihr Anführer Peckherr lässt das Dorf in Brand setzen, etwa 30 Leute kommen in den Flammen um. Die Angreifer finden Korporal Müller nahe der brennenden Mühle des Ortes in einem Versteck und nehmen ihn fest. Auch seine Frau und weitere 23 Menschen einschließlich der Musikanten geraten in die Hände der Soldaten. Die bringen ihre Gefangenen nach Halberstadt in eine Folterkammer, wo sie »schwitzen müssen«, wie Peckherr sich gegenüber Vorgesetzten brüstet.
Der Vernichtungsschlag gegen Benneckenstein – heute ein Luftkurort mit rund 2000 Einwohnern – ist ein Racheakt der kaiserlichen Armee. Denn Müller und seine Männer zählen zu den »freyen Harzschützen«. Seit 1626 hat sich diese Gruppierung bewaffneter Rebellen formiert; es sind Haufen von Bauern, Handwerkern und Bergleuten in einer geschätzten Gesamtstärke von 600 bis 800 Mann. Ihre Gegner sind die Truppen der kaiserlich-katholischen Liga, die von 1625 an die Harzbevölkerung terrorisieren. Bekleidet teils wie Soldaten, teils wie Jäger, tragen die meisten Harzschützen eine Schusswaffe, viele sind beritten. Ihre mobilen Trupps agieren nahezu im gesamten Harz, vor allem zwischen Bad Harzburg, Wernigerode, Quedlinburg, dem Brocken und Nordhausen.
Die Harzschützen verwandeln die bewaldete Bergregion in einen unberechenbaren Unruheherd. Jede Expedition, jeder Transport
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