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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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nur so plötzlich. Und dauert so lang.«
    Er lächelte. »Weißt du, was du da sagst? Dass ich dir fehlen werde.« Er strich die Karte auf meinem Schoß glatt. »Schau mal her: Da ist Boston. Und da bin ich, ganz allein auf all diesen Straßen - keine Kollegen zum Blödsinn Reden und Mittagessen, keine Nachbarn gegenüber.«
    »Du könntest dir ein paar Hörbücher mitnehmen.«
    »Darum geht’s nicht. Worum’s mir geht, ist: Wer wird wen mehr vermissen? Du mich? Oder ich dich?«
    »Du mich?«
    »Keine Frage. Wie kannst du überhaupt eins mit dem anderen vergleichen? Ich lebe praktisch im Auto, und spätestens am dritten Tag wird mir vom Geruch von Kakaobutter schon kotzübel. Glaubst du, ich würde das tun, wenn ich nicht unbedingt müsste?«
    Nein, sagte ich, natürlich nicht. Tut mir Leid. Hier ist meine Bankomat-Karte. Bring sie gleich wieder zurück.
    »Schon als ich dich zum ersten Mal sah, wusste ich, das ist eine Frau, die immer verstehen wird, dass die Arbeit an erster Stelle kommt.« Er küsste mich auf die Stirn und sagte leise: »Ich tu das für uns. Das glaubst du mir doch, oder?«
    Ich sagte ja. Und das Schlimmste dabei: Ich meinte auch ja.
    Eine Woche später erhielt ich eine Einladung zu meiner eigenen Hochzeit - Mr. und Mrs. Bertram Thrift baten um die Ehre meiner Anwesenheit bei meiner Verehelichung mit Mr. Raymond Joseph Russo in sieben Wochen.
    Wie war ich denn auf meiner eigenen Gästeliste gelandet? Sollte das ein Probedruck sein? Ein Souvenir? Ein Symbol dafür, dass ich von außen hineinsah? Es stellte sich heraus, dass die kosmetische Kalligrafin und ihr niedriger IQ daran schuld waren. Trotzdem war es beunruhigend. Ich schickte die adressierte Antwortkarte umgehend an die Gastgeber und kreuzte nach einem Blick auf die Alternativen »Huhn« an.

30
    FREI UND UNGEBUNDEN
    Nein, tut mir Leid: Bei der Feier selbst gab es keinen dramatischen Zwischenfall.
    Alle sagten, ich hätte hinreißend ausgesehen. Die Reinigung hatte Wunder gewirkt, mein Kleid kam fleckenlos, an den richtigen Stellen geändert und mit weißem Seidenpapier ausgestopft zurück. Meine Schuhe passten haargenau zu dem creme-rosa Kleid, und ich verblüffte alle mit den Perlen meiner Mutter und einer beinahe-roten Blüte hinter einem Ohr. Was den Brautstrauß betrifft, dazu kann ich nichts sagen, den hatte ich anderen Leuten überlassen.
    Meine Mutter hatte die Kirche mit Birkenfeigen und anderen überdimensionierten Topfpflanzen geschmückt und dazu sowohl eine Baumschule als auch einen Floristen verpflichtet. Die Bankseite des Bräutigams war spärlich besetzt: ein paar namenlose Verwandte, die Begleiterinnen der beiden Cousins, und George und Jerome selbst - einer Trauzeuge, der andere Zeremonienmeister. Eine Frau war da, die Ray angeblich die Buchhaltung machte; eine andere, die angeblich in der Telefonzentrale des Stammhauses der Schokoladenfabrik saß. Sollte es noch andere Anwesende gegeben haben, so habe ich sie vergessen.
    Ich fand die Zeremonie ziemlich hochfliegend, dafür dass es sich bloß um eine Wiederaufführung handelte. Wir benutzten dieselben goldenen Ringe, die wir schon beim ersten Mal ausgetauscht hatten. Nach dem modernen unitarischen Wortlaut versprach ich, Ray zu lieben, zu ehren und zu achten. Ihm zuzuhören, von ihm zu lernen, mit ihm zu teilen und ihn hochzuhalten, woraufhin er dasselbe gelobte. Als wir zu Mann und Frau erklärt wurden, küsste mich Ray, unter den gegebenen Umständen, ein wenig zu inbrünstig für meinen Geschmack. »Es ist schon ewig her«, sagte er zu Reverend Walter Webb.
    Man könnte meinen, den Auszug aus der Kirche hätte ich nur durch einen Nebelschleier gesehen, der mich daran hinderte, meine Umgebung richtig wahrzunehmen. Doch dem war nicht so. Ich bemerkte jedes Gesicht, jede Besonderheit des Ausdrucks: meine Tanten Janet und Patricia, die Ray abschätzend betrachteten. Nachbarn vom Einstein Drive, denen offensichtlich sehr daran gelegen war, nach Hause zu kommen, ehe die Hochzeitsgäste ihre Einfahrten blockierten. Leo im dunklen Anzug und Sylvie in einem schwarzen Kleid, mit sorgenvoller Miene in der letzten Bank.
    Den Umweltauflagen der Kongregation folgend bewarfen uns die Gäste mit Vogelfutter statt mit Reis. Einige schleuderten ihre Ration mit deutlich größerem körperlichen Einsatz als andere - auch das blieb mir nicht verborgen.
    Es war grau und feucht, bei knapp 40 Grad. Das Zelt trug noch das Seine zu dieser Schwüle bei. Von Norden und Westen kam Donnergrollen.

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