Der dreizehnte Apostel
Dank, Miss Dan-tan aus den Allerheiligsten Staaten von Amerika, für den selbstlosen Beitrag für Ihren einzigen Freund und strategischen Verbündeten im Nahen Osten. Ihren Freund, dem Sie edelmütig so viel Geld geben, ohne einen einzigen Hintergedanken an Ihre eigenen globalen Interessen. Wie können wir Ihnen genug danken?«
Lucy gab klein bei. »Wie ich sagte, Sie gewinnen, wenn wir diskutieren …«
»Im allgemeinen gewinnt die Person, die recht hat.«
Schön, dachte Lucy, jetzt stecken wir mittendrin. »Ich kann nicht glauben, daß nicht ein Teil von Ihnen eine Nation, die auf der Grundlage des Zionismus gegründet ist, ein Auserwähltes Volk, eine Herrenrasse auf theologischer Basis, wenn Sie so wollen, für schlicht und einfach rassistisch hält.«
»Natürlich ist das Rassismus«, erwiderte der Rabbi zur Belustigung der Studenten, die an der Bushaltestelle warteten. »Jeder Jude, der behauptet, es sei nicht so, hat keine Ahnung. Und – ist das eine große Neuigkeit? Die Franzosen kümmern sich um französische Interessen, die immer und ausnahmslos gegen jüdische Interessen gerichtet sind. Die Engländer tun alles, um das englische Volk zu fördern. Araber vereinigen sich begeistert unter einem Verbrecher wie Nasser oder einem Ungeheuer wie Hussein, weil sie glauben, daß dadurch die Interessen ihrer Rassen gefördert werden. Aber in Ihrem Weltbild scheint es keinen Raum dafür zu geben, daß Juden dasselbe tun. Als Amerikanerin irischer Abstammung sollten Sie besser als die meisten Leute wissen, wie der Gegensatz ›Sie oder wir‹ die Struktur des irischen Lebens bestimmt.«
»Aber es sollte nicht so sein.«
»In einer vollkommenen Welt, nein. Aber wir leben in dieser hier, und solange sie nicht perfekt ist, werden sich die Juden, wenn Sie nichts dagegen haben, um ihre Interessen kümmern, ihre Kultur, ihre Spra che, ihr Volk, ihre Geschichte und ihr Land, das sie im Augenblick besetzen und das bequemerweise zufällig auch ihr Heimatland ist. Wir haben ein Kunst Museum , eine moderne Universität, wir pflegen die bildende Kunst, Poesie, Literatur, klassische Musik – mehr übrigens als Ihr Land, Schätzchen –, und wo sehen Sie hier in dieser Region etwas Vergleichbares? Wir haben Theater, wir haben ein Symphonieorchester. Die Vorstellung der islamischen Welt von Kultur ist eine öffentliche Auspeitschung oder eine inszenierte Kundgebung von Millionen für Anführer wie Gaddafi, Hussein oder Assad. Hey, amerikanische Flaggen zu verbrennen, das ist große Kunst, wie? Und diese intelligenten Sprechchöre: ›Tod für Amerika!‹ ›Tod für Bush!‹ ›Dschihad! Dschihad!‹ Aber wo waren wir? Bei ein paar Dingen über Israel, die Sie so schrecklich finden, hm?«
»Tribalismus.« Sie holte tief Luft. »Der Grund dafür, warum die Schwarzen in Südafrika sich gleich nach dem ersten Hauch von Unabhängigkeit und Befreiung gegenseitig ausrotten. Schmutziger, ordinärer Tribalismus.« Der Rabbi war leicht amüsiert über ihren Redeschwall. »Das, was die Höhlenmenschen getan haben. Das, woran der Ku-Klux-Klan und Louis Farrakhan und Jassir Arafat und Meir Kahane appellieren –«
»Eine Menge Leute in diesem Land hassen Meir Kahane. Ich halte ihn für ein Schwein. Aber wer von den Palästinensern hasst ihre Extremisten, Abu Nidal, Abu Abbas? Wenn palästinensische Dissidenten ihre Meinung laut sagen, dann sind sie tot. Das ist die arabische Art. Warum werden die Juden an einer Moral Skala gemessen, die hoch wie die Alpen ist? Man hört die Amerikaner nie wegen der Gräueltaten jammern, die von den Arabern begangen werden, obwohl sie unzählbar sind, unzählbar! Ein Punk, der erschossen wird, nachdem er die Soldaten den ganzen Tag mit Steinwürfen bombardiert hat – und ich höre schon den amerikanischen Nachrichtensprecher: ›Sie haben nur mit Steinen geworfen‹, als ob ein Stein nicht töten könnte! Es ist eine Sache für die UNO! König Hussein von Jordanien hat 5000 Palästinenser umbringen lassen, weil sie ihm nicht in den Kram passten . Ich habe von niemandem einen Pieps gehört. Israel marschiert im Libanon ein – ein Fehler, das gebe ich zu –, und was tun die Juden dann? Sie führen eine öffentliche Untersuchung durch, um zu sehen, ob Sharon dafür verantwortlich war. Sehen Sie diese Art von Gewissen irgendwo, an einem einzigen Ort in der arabischen Welt? Ich will auf der Stelle tot umfallen, wenn mir so etwas je zu Ohren kommt! Assad in Syrien – er hat ein Drittel seiner
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