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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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Rosen je kennengelernt, Paddy?«
    »Ich habe ihn einmal bei einem Abendessen gesehen. Ich kannte ihn vom Sehen, und ich wusste ganz sicher, wer seine Frau war.« Er und Rabbi Hersch lachten glucksend. »Was ist so Besonderes mit seiner Frau?« fragte Lucy. »Sie war dreiundzwanzig«, erklärte O’Hanrahan. »Und er war vierundachtzig oder fünfundachtzig.«
    »Sie war zweiundzwanzig«, korrigierte der Rabbi. »Es war eine Scheinheirat nur wegen des Visums, um sie aus der Sowjetunion herauszubekommen. ›Mrs. Rosen‹ war eine der schönsten Frauen, die ich je gesehen habe.«
    »Sie war dreiundzwanzig«, beharrte O’Hanrahan. »Ich habe auf einer Party eine Stunde lang mit dem Versuch verbracht, mich mit ihr zu verständigen. Herrliche dunkle Gesichtszüge. Na, egal, sie blieb auf jeden Fall im Haus von Rabbi Rosen, bis man ein anderes Quartier für sie fand, und die Witze … nun, Sie können sich die Witze ja vorstellen. Eine dreiundzwanzigjährige Sexbombe und ein vierundachtzig jähriger Mann.«
    »Warum verbesserst du mich dauernd?« fragte Rabbi Hersch. Dann schluckte er plötzlich heftig.
    »Ist etwas nicht in Ordnung, Rabbi?« fragte Lucy. O’Hanrahan sah von seiner Zeitung auf, um zu se hen, ob der Rabbi krank geworden war.
    »Nein«, sagte Rabbi Hersch kurz angebunden, abgelenkt. »Jesus«, murmelte er vor sich hin, »natürlich.« Er stand auf.
    »Ich habe eine Verabredung vergessen«, setzte er hinzu und schien sich selbst zu verwünschen. »Mit jemandem, den ich schon hundertmal versetzt habe – ich muss gehen. Nicht zu glauben …«
    »Warum rufst du nicht einfach an?« schlug O’Hanrahan vor.
    »Nein«, lehnte der Rabbi ab und schlüpfte in sein Sportsakko. »Ich muss los.«
    Rabbi Hersch brach auf, und O’Hanrahan und Lucy saßen einander schweigend gegenüber.
    Lucy sah dem Rabbi nach, wie er sich durch die Menschenmenge drängte, bis sie ihn aus den Augen verlor. Sie hatte das Gefühl, daß Gabriel diesen Mann falsch eingeschätzt hatte. Okay, er war also im Frühjahr in Rom gewesen, als er eigentlich nicht dort hätte sein sollen, anscheinend hinter O’Hanrahans Rücken. Er musste einen Grund dafür gehabt haben.
    »Ich wollte Sie etwas fragen, Sir«, begann Lucy. »Darüber, was dieses Frühjahr in Rom passiert ist. Wissen Sie, mit Gabriel und allem.«
    »Ist das wieder ein Versuch, mich dazu zu bringen, daß ich mich mit diesem Wurm aussöhne?«
    »Nein, es geht um die Tatsachen.«
    Mit einer Geste forderte er sie auf fortzufahren, zog aber rasch die Hand zurück und umklammerte sie mit der anderen, um einen plötzlichen Schmerz zu betäuben. Ah, schon wieder die Schmerzen! »An dem Tag im April, als Gabriel in Rom die Rolle gestohlen hat und damit durchgebrannt ist, waren Sie da zusammen mit Rabbi Hersch?«
    »Nein, er war in Jerusalem.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich habe ihm von der Fähre aus zum Abschied gewunken.« Unauffällig massierte er seinen Arm. »Haben Sie andere Informationen?« Lucy zuckte die Achseln.
    O’Hanrahan trank sein Glas aus und beschloss , Lucys Frage nachzugehen. Vielleicht hatte sie etwas herausgefunden … aber gerade in diesem Augenblick durchzuckte ein bohrender Schmerz seine linke Hand. Rasch stellte er die Flasche ab, aus der er sich nachgeschenkt hatte, und umklammerte die Hand auf dem Schoß mit der anderen. Hatte Lucy es gesehen? Er sah auf, aber sie hatte nichts bemerkt, sondern sich gerade seine Herald Tribune geliehen.
    O’Hanrahan fühlte in seiner Tasche. Oh, großartig, einfach großartig: Sein Percodan war im Hotel König David. Sein Pass war in diesem Jackett gewesen, und als er sich im Hotel umgezogen hatte, war das Percodan in dem Jackett geblieben, das er aufs Bett geworfen hatte. Schön, vielleicht würden diese verdammten Durchblutungsstörungen mit ihren Begleitschmerzen aufhören. Seine linke Hand pochte, und die rechte tat es ihr aus Sympathie nach.
    Sein Zustand wurde offenbar schlimmer: Wenn er morgens aufwachte, waren seine Hände eiskalt, und manchmal hatte er Schmerzen in Händen und Füßen. Dann stand er auf und stellte sich hin, damit das Blut in seine Füße floss und rieb sich die Hände unter heißem Wasser, aber in letzter Zeit hatte das nichts mehr gegen das Zusammenwirken von blockiertem Blutkreislauf, Arthritis, labilem Blutdruck, verkalkten Arterien und was sonst noch ausgerichtet.
    (Ist das so erstaunlich, Patrick?)
    Er blickte auf sein Glas Wein und hob es trotzig an die Lippen. Wenn ich an Zirrhose umkommen soll, dann

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