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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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Der Fahrer ließ den Motor laufen, und er und der Soldat halfen O’Hanrahan auf und führten ihn zum Auto. O’Hanrahan zitterte, seine Glieder waren taub, aber der Schmerz war nicht mehr so stechend. Eine merkwürdige Atempause. Vielleicht wusste sein Körper, daß er in ein paar Augenblicken Percodan bekommen würde. O’Hanrahan wurde zum Hotel gefahren. Er hielt sich die Seite, als er ausstieg, und ging zusammen mit dem Soldaten zur Rezeption, um seinen Schlüssel zu holen. »Glauben Sie wirklich, daß es Ihnen wieder besser gehen wird?« fragte der Soldat.
    »Lassen Sie mich einen Arzt rufen«, meinte der Mann an der Rezeption.
    »Nein, ich bin selbst Arzt«, schwindelte O’Hanrahan. Der Mann sah nach und stellte fest, daß im Hotel ein Dr. Patrick V. O’Hanrahan eingetragen war. »Es geht schon wieder«, sagte der Professor, der sich wirklich etwas besser fühlte.
    Er dankte dem jungen Soldaten überschwenglich, dankte auch dem barmherzigen Samariter, der sein Auto zur Verfügung gestellt hatte. Dann war er im Aufzug und endlich in seinem Zimmer, wo er mit dem Verschluss des Tablettenröhrchens kämpfte. Er legte sich aufs Bett und wusste , daß er dem Ende nahe gewesen war. Langsam wurde das Schmerzmittel durch seinen Körper geschwemmt. Seine Hände fühlten sich leicht an, dann war der Schmerz in seiner Seite nur noch dumpf. Dann eine zweite Welle, mit der warmes, seichtes Wasser hereinzuschwappen schien, die ihn über die Unwürdigkeit des körperlichen Verfalls hinwegtrug. Ah, er atmete tief, als er sich wieder besser fühlte, hier ist Würde, hier ist Gott. Hier ist der Himmel.
    (Wenn Wir nur sicher sein könnten, daß du auf dem Weg dorthin wärst.)
    8. August
    Das Telefon weckte O’Hanrahan. Er erwachte mit dem Gefühl, daß es schon eine Weile geläutet haben musste . Er tastete nach dem Hörer und erschrak erneut, weil seine Finger so taub waren, seine Durchblutung so schlecht. »Hallo?«
    Es war die Rezeption, die sich erkundigte, ob er da war. »Ja, hier bin ich«, sagte er kurz angebunden.
    Seit gestern Abend seien fünf oder sechs Anrufe gekommen, darunter einige von einem sehr dringlich klingenden Mann namens Pater Vico. O’Hanrahan wollte die Rezeption schon scharf kritisieren, weil sie ihn um diese Zeit weckte, aber dann sah er auf den Wecker. Halb zwei Uhr nachmittags. Er hatte siebzehn Stunden lang geschlafen.
    »Danke«, murmelte er. »Ich werde gleich nach unten kommen.« Kaum hatte er aufgelegt, da läutete es schon wieder. Es war Lucy vom Zimmer nebenan: »Soll ich Ihnen einen Arzt holen, Dr. O’Hanrahan?«
    »Was meinen Sie?« fragte er und stöhnte im selben Augenblick, als er den K opf hob. Mit rauher Baß stimme krächzte er dann: »Es geht mir himmlisch.«
    »Sie sind nicht zurück in das Café gekommen, Sir, und ich hatte nicht genügend Geld, um die Rechnung zu bezahlen – ich musste meine Brieftasche dort lassen . Aber, was viel wichtiger ist, ich bin gestern Abend noch bei ihnen hereingekommen, weil Sie nicht geantwortet haben und der Mann an der Rezeption sagte, daß Sie schwerkrank ausgesehen haben.«
    »Völlige Überdramatisierung«, erklärte er und fragte sich, ob Lucy und eine Prozession von anderen um sein Bett herumgestanden hatten, während er nicht bei Bewusstsein gewesen war. »Ich würde Sie gerne zu meiner morgendlichen Audienz einladen, Miss Dantan, aber die Badewanne wartet. Es sei denn, Sie wollen mir den Rücken schrubben.«
    Lucy war nicht zu Scherzen aufgelegt. »Rabbi Hersch kommt zum Lunch-Büffet; wir sind dann unten.«
    Bei dem Gedanken an Essen wurde O’Hanrahan übel. Er legte auf und ließ sich wieder auf das weiche Kissen fallen. Wahrscheinlich sollte ich den ganzen Tag im Bett bleiben, dachte O’Hanrahan, aber der Tag verspricht ereignisreich zu werden, bei allem, was ich in Bewegung gesetzt habe …
    Während er sich rasierte, fragte er sich, warum Lucy und Mordechai sich zum Lunch trafen. Zwei Menschen, bei denen er sicher gewesen war, daß sie nie Freunde werden würden – und nun schienen sie plötzlich doch dicke Freunde zu sein.
    Morey versucht ihr einzureden, daß sie mich im Stich lassen soll, stellte er sich vor. Morey will, daß sie zurück nach Chicago geht, mich auch dorthin mitschleift und dazu bringt, ärztlichen Rat zu suchen, wieder eine Rund e von Treffen der Anonymen Alko holiker oder eine Klinik vielleicht. Zur Hölle damit.
    (Es würde nicht schaden, weißt du.)
    Wenn ich die letzte Nacht überstanden habe, Herr, dann

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