Der dreizehnte Apostel
lauerten einfach auf seinen ersten Verstoß gegen die Gesetze.
»Gibt es eine Möglichkeit, diese ganze Angelegenheit zu bereinigen?« fragte O’Hanrahan.
»Wir haben einige sehr gravierende Anklagepunk te , Sir. In Ihrem Zimmer steht eine leere Flasche, in der Alkohol war.«
Der Eigentümer, dessen Bediensteter für O’Hanrahan Bier geholt hatte, stieß nun fanatische Verwünschungen gegen den Dämon Alkohol hervor, pries die Weisheit des Propheten, der ihn für immer verboten hatte, und den Ruhm der Regierung, die diese Prohibition durchsetzte. Wie wachsam und gerecht war die Regierung!
Der Beamte schob den Hotelbesitzer zur Seite. »Außerdem glaube ich, daß diese Frau ganz und gar nicht Ihre Tochter ist, Sir.« O’Hanrahan bewahrte Ruhe. Ruhig zu bleiben bedeutete den Unterschied zwischen ein wenig Bakschisch oder einer größeren Investition, um die Aufmerksamkeit der islamischen Behörden von sich zu lenken. »Meine Stieftochter, Major Nessim. Deshalb haben wir nicht denselben Nachnamen. Ich begleite sie, damit sie Ihr wundervolles Land sehen kann. Sie studiert Islamistik.«
Das gab dem Beamten erst einmal zu denken. Lucy lächelte zaghaft und hatte panische Angst, man könne sie etwas Islamisches fragen. Plötzlich tauchte die Frau des Hotelbesitzers auf und sagte etwas auf arabisch -Lucy erriet, daß die MasterCard ihrer Schwester ebenfalls storniert worden war. Jetzt waren sie wirklich pleite.
»Ich glaube, es ist wirklich am besten, wenn Sie mit auf die Polizeiwache kommen, Sir.«
O’Hanrahan kniff die Augen zusammen; nun zeigte sich seine Schlauheit. »Nur noch ein Anruf, dann werde ich Sie gerne begleiten, Officer.« Er wandte sich an den Hotelbesitzer und sagte: »Mein Freund, Ihr Verlust wird nicht ersetzt werden, wenn ich mich nicht um meine Finanzen kümmern kann. Mit einem Anruf kann ich mir telegraphisch Geld anweisen lassen, und Sie bekommen Ihre Rechnung bezahlt. Sehe ich in Ihren Augen wie ein Verbrecher aus?«
Der Mann schüttelte den Kopf, ebenso wenig begeistert über die Aufmerksamkeit der Polizei für sein Hotel wie O’Hanrahan. »Ein Ortsgespräch?«
»Ja, mit der US-Botschaft.«
Der Hotelbesitzer sah auf Lucy und O’Hanrahan und überlegte … »Oder vielleicht«, flüsterte O’Hanrahan mit starrem Lächeln, »sollte ich dem Officer von Ihrem Kühlschrank und seiner köstlichen Getränkesammlung erzählen, hm?«
Mit einer Verbeugung gab der Hotelbesitzer nach. Seine Frau wählte die Nummer, die im Telefonbuch von Khartum rasch gefunden war. In der Zwischenzeit gab O’Hanrahan unauffällig seine Aktenmappe an Lucy weiter; nun war sie damit betraut, das Matthäusevangelium zu verstecken. O’Hanrahans Anruf wurde zur US-Botschaft durchgestellt. »Hallo, verbinden Sie mich bitte mit der zuständigen Stelle für Notfälle.«
22.-23.-August.1990
Mit einem zischenden Geräusch holte Colonel Westin Luft und schüttelte mit gönnerhaft enttäuschter Miene den Kopf. »Patrick, Patrick«, sagte er. »Darf ich Sie Patrick nennen?«
»Wenn Sie wollen«, gestand O’Hanrahan seinem Retter widerwillig diese Freiheit zu.
»Wie Sie sich denken können, haben wir einen frei verfügbaren Etat vom Außenministerium, bestimmt für unvorhersehbare Situationen, für Notfälle unserer Landsleute in den jeweiligen Ländern, je nachdem.« Der Professor versuchte zu lächeln. Er lenkte sich ab, indem er auf das Foto des grinsenden, leutseligen George Bush sah, das im Büro der US-Botschaft hing.
Westin war aus Jerusalem hergeflogen, um ihn gegen Kaution hier herauszuholen und alle Schwierigkeiten und den gesamten Behördenkram zu erledigen
– was anscheinend weit über seine Pflicht hinausging. Niemand war mehr erschrocken als O’Hanrahan, als innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach diesem inszenierten Verhör in Khartum Colonel Westin auftauchte. Offensichtlich wurde Geld verteilt, und die ganze Sache löste sich in Wohlgefallen auf. O’Hanrahan wurde von der Polizei freigelassen, aber er musste seinen und Lucys Pass abgeben, damit sie Khartum nicht verlassen konnten. »Was ist mit unseren Pässen, Colonel?«
»Wir haben sie«, erwiderte Westin beflissen. »Sie werden mit einem äthiopischen Visum gestempelt.«
»Äthiopien?«
»Wie ich schon sagte, Patrick: Wir haben einen Sonderfonds, aber das ist ziemlich wenig Geld, mit dem wir auskommen müssen, und so haben wir für Sie und Miss Dantan einen Regionalflug nach Addis Abeba gebucht. Wir hätten Sie nach Kairo geschickt, aber
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