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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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es denn keinen Weg, ihn aufzuhalten? »Und schönen Rückflug nach Amerika. Wenn Sie je das Glück haben sollten, in die Heilige Stadt zu kommen, rufen Sie doch bei mir an, hm?«
    »Äh, ja … vielen Dank, Rabbi«, antwortete sie matt, als er zur Tür hastete und noch einmal winkte, mit den Gedanken bereits anderswo.
    Lucy verließ die Teestube und spazierte ziellos in Oxford herum, tief in Gedanken versunken. Sie sah auf zu dem grauen, bewegten Himmel über ihr. Komisch, als sie und der Rabbi vorhin zur Teestube gingen, schien fast die Sonne. Wovon zum Teufel haben diese beiden alten Käuze Wind bekommen? Wie konnte Gabriel Dr. O’Hanrahan betrügen? Wie konnte Gabriel nur so etwas … Heimtückisches und Verwegenes tun? Schließlich stand sie wieder vor O’Hanrahans Zimmer.
    »Wer ist da?« rief O’Hanrahan durch die Tür. »Ach, als ob ich es nicht schon wüsste !« Der Professor öffnete die Tür, seine Augen sahen verschlafen aus, sein weißes Haar stand nach allen Richtungen ab. »Ich wollte Sie nicht bei Ihrem Nickerchen stören …«
    »Ich habe nicht geschlafen«, erklärte er wenig überzeugend, »ich habe gearbeitet. Oder vielmehr, ich ha be versucht, hier ein wenig zum Arbeiten zu kommen. Ich dachte, Sie würden erst zurückkommen, wenn …« Er sah, daß sie ihm eine Scheckhülle, gefüllt mit Pfundnoten, entgegenstreckte. »Oh.«
    »Ungefähr 300 Dollar, Sir.« Während er zählte, spähte Lucy dezent in das verrauchte Zimmer: Texte waren auf dem Schreibtisch verstreut, Bücher lagen aufgeschlagen oder mit Lesezeichen versehen herum, ein unordentlicher Koffer lag geöffnet auf dem Bett. Lucy entdeckte darin zerknitterte Kleidungsstücke neben einer großen Kamera und verschiedenen Notizbüchern; neben dem Aschenbecher mit einer glimmenden Zigarre stand ein halbleeres Glas Jamesons. »Gut, gut«, brummte er. »Und trotzdem, wie unzureichend, wenn man es mit meinen riesigen
    Ausgaben vergleicht. Sie können jetzt gehen«, fügte er hinzu und wollte schon die Tür schließen.
    »Warten Sie! Ich habe noch nicht geraten.«
    »Wissen Sie«, nörgelte O’Hanrahan, »300 Mäuse für sechs Rateversuche sind verdammt wenig. Hatten wir uns nicht auf 100 Dollar pro Versuch geeinigt?«
    »Nein. Hatten wir nicht.« Sie seufzte. »Ich nehme an … ich nehme an, ich könnte noch ein wenig mehr Geld bekommen«, fügte sie zögernd hinzu und zückte innerlich schon Cecilias Kreditkarte. O’Hanrahans Gesicht hellte sich auf, ein Lächeln spielte um seine Lippen. » Heute Abend , Miss Dantan? Fünfhundert Dollar oder so?«
    »Uff, eher um die 300 Dollar, Sir. Jetzt zu meinen Rateversuchen. Ich denke, da die Hebräische Universität so interessiert ist und der Rabbi so versessen darauf, könnte es eine Schrift von Simon dem Zeloten sein, hinter der Sie her sind, da jüdischer Nationalismus …«
    »Falsch!«
    »Oh.« Das war ihr so einleuchtend erschienen. Sie beschloss , zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, indem sie auf Jakobus tippte, ohne zu sagen, welchen der beiden sie meinte.
    »Leider«, erwiderte der Professor, »weder Maior noch Minor. Das waren jetzt drei …«
    »Nein! Ich habe einen Jakobus geraten.«
    O’Hanrahan sah so müde aus, wie ein alter Mann nur aussehen kann. »Es ist wirklich jemand, der in der Bibel unter den zwölf Aposteln erwähnt wird, ja?«
    »Ja, gottverdammt, er steht ganz richtig im Neuen Testament, einer der großen zwölf. Sie haben einfach nicht die Fähigkeit, das herauszubekommen, und unsere kleine Transaktion ist erledigt!« Sachte legte er die Hand auf den Knauf der Tür, bereit, sie zuzuschlagen. »Sir, wegen Gabriel …«
    »Um Ihnen den Mund zu stopfen«, presste er hervor, »will ich Ihnen sagen, daß Ihr hinterlistiger kleiner Freund mir gefolgt ist, seit ich aus Rom abgereist bin. Er war überall, wo ich gewesen bin. In Oxford habe ich ihn noch nicht gesehen, aber ich habe auch nicht Ausschau gehalten. Also sagen Sie seinen Eltern
    – was für Halunken müssen sie sein, um eine solche Ratte zum Sohn zu haben –, daß ihr kleiner Judas noch lebt. Das könnte sich aber rasch ändern, wenn er mir noch einmal über den Weg läuft! Und jetzt, um die Apostelgeschichte 15,29 zu zitieren, Lebt wohl!« Er knallte die Tür zu.
    Nervös holte Lucy Luft. »Äh, Dr. O’Hanrahan?«
    »Waaas?« brüllte es von drinnen.
    »Wann soll ich wiederkommen? Ich meine, wenn ich das Geld für Sie habe. Ich meine, es ist eigentlich nicht meine Kreditkarte …«
    Die Tür ging auf.

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