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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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die Spritze. »Ich will nur, daß der Rabbi schläft und m ir ungefähr achtundvierzig Stun den lang nicht in die Quere kommt … Wäre ja nicht sehr sinnvoll, wenn er zurück nach Israel sausen und zur Presse oder einer Behörde rennen würde, während wir versuchen, Sie aus diesem sowjetischen Loch herauszuholen, nicht wahr?« Eine klare Flüssigkeit tropfte aus der Spritze, als der Colonel sie gegen das Licht hielt. »Es ist nur ein Schlafmittel, Rabbi. Und wenn Sie wieder aufwachen, sind wir längst über alle Berge …«
    »Wenn Sie ihm etwas tun, werde ich … Meine Mitarbeit ist nicht garantiert, Colonel! Wenn ihm irgendetwas passiert, können Sie keinerlei Kooperationsbereitschaft von mir erwarten!«
    »Nun gut, da kommt dann Miss Dantan ins Spiel«, konterte der Colonel, während sein Assistent den Rabbi festhielt. »Zwingen Sie uns nicht dazu, Miss Dantan als … wie soll ich sagen? … als Hebel zu benutzen.« Das Gesicht des Rabbis war vollkommen ausdruckslos, in seinen Augen lag der müde Blick der Schicksalsergebenheit, der ihn mit all den Jahrhunderten verband, in denen Gott es zugelassen hatte, daß seine Auserwählten Beute der Gottlosen wurden. Rabbi Hersch sah O’Hanrahan an, der ihn sprachlos anstarrte. Sollte das ihr letztes Wiedersehen sein? Die resignierte Miene des Rabbi brannte sich in Lucys Gedächtnis ein. Könnte sie nur ihre Anschuldigungen widerrufen … Mit Tränen in den Augen wandte sie sich ab. Westin rollte den Ärmel des Rabbis hoch, Thorn hielt die Spritze.
    Plötzlich versuchte der Rabbi, sich loszureißen, wurde aber von Thorn, der wortlos wie ein Roboter die Befehle befolgte, niedergedrückt. Thorn brummte einen frommen Spruch und Schloss mit den Worten: »Im Namen Jesu, amen.« Dann war es vorbei.
    »Sehen Sie zu, daß er richtig liegt«, befahl Westin. »Er wird eine Weile in dieser Lage verbringen, und wir wollen nicht, daß der Kreislauf aussetzt oder so.«
    »Paddy, ich …« Der Rabbi spürte, wie ihn eine Welle der Schläfrigkeit überspülte.
    »Alles wird in Ordnung kommen, Morey, das verspreche ich dir«, sagte O’Hanrahan verzweifelt. Lucy starrte auf ihre zitternden Hände, die sich ebenso schwach anfühlten wie ihre Knie.
    »Wir müssen einen Flug um 12.30 Uhr erreichen, meine Freunde. Thorn wird Ihnen gerne beim Packen helfen.«
    »Und was ist mit …«
    »Ja«, nickte der Colonel, der seine Gedanken erriet. »Wir haben Ihr Gepäck durchsucht, Patrick, und die ersten sechs Kapitel sind nun in unserem Besitz. Man kann sagen, das Matthäusevangelium ist jetzt vollständig.«
    Der Rabbi stöhnte, und O’Hanrahan sah aus, als werde er sich gleich wie ein wilder Stier auf Colonel Westin stürzen.
    Aber der blieb ganz ruhig. »Ich muss leider so unfein sein, Sie zu warnen, daß wir hier in Addis Leute haben, die es Ihrem Freund sehr, sehr schwer machen würden, aus die sem Dritte-Welt-Land zu entkom men, wenn Sie sich als unkooperativ erweisen oder etwas Unbedachtes versuchen sollten. Was wäre, wenn man – sagen wir einmal, Kokain – in seinem Gepäck finden würde … In den Überresten seines Gepäcks. Sieht so aus, als brauchten Sie neue Samso nites , großer Rabbiner, hehe.«
    »Ich sehe, Sie haben die besseren Trümpfe«, erklärte O’Hanrahan. » Wo genau werden Sie uns hinbrin gen?«
    Westin lächelte den Professor verbindlich an. »Würden Sie mir gla uben, wenn ich sagte: ins Gelob te Land?«
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    Thorn saß am Steuer, Colonel Westin neben ihm, O’Hanrahan und Lucy auf dem Rücksitz. Die schwarze Botschaftslimousine brachte sie zur Rollbahn des internationalen Flughafens von Äthiopien. »Genau rechtzeitig«, murmelte der Colonel, denn das erwartete Flugzeug befand sich gerade im Anflug. Schweigend beobachteten alle vier, wie die Maschine landete und wendete, so daß sie direkt in der Nach mittagssonne funkelte. Die Boeing 737 leuchtete weiß mit einem schmalen, hellblauen Längsstreifen. Auf den Seitenflügeln prangten ein hellblaues Kreuz und die Buchstaben TPL. Lucy und O’Hanrahan sahen zu, wie das Flugzeug über die Landebahn zur Abferti gungshalle rollte. O’Hanrahan bemerkte, daß ein Stapel Holzkisten mit den Aufschriften MEDIKAMENTE und LEBENSMITTEL auf der Park-position stand, die das Flugzeug ansteuerte.
    »TPL«, murmelte O’Hanrahan. »The Promised Land Ministries. Diese ekstatische Sekte in den Staaten.« Colonel Westin blieb stumm.
    »Haben Sie jetzt diese Bibeleiferer als Aushängeschild für den CIA, Colonel?« fragte

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