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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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mit dreißig sterben, Mr. O’Hanrahan.« Er öffnete die Faust wieder und musterte seine Hände, strich über sie, als wolle er sie besänftigen. Ruhiger fuhr er fort: »Die Freuden des Lebens bis ins Alter aufzusparen ist ein Merkmal des klassischen Temperaments, also etwas, das hier in unserem Land und in unserer Zeit gefährdet ist. Chester …«
    O’Hanrahan sagte nichts, als die Stimme seines Besuchers gedankenverloren verebbte. Bald sprach Merriwether weiter. »Mein Vater hoffte, die Gesellschaft an meinen Bruder weiterzugeben, aber dann musste er leider mit mir vorliebnehmen.«
    »Sie haben Ihre Sache ziemlich gut gemacht«, meinte O’Hanrahan und richtete sich in den Kissen etwas auf, um sich besser unterhalten zu können – obwohl Merriwether offensichtlich nicht auf einen Dialog aus war. »Ihr multinationaler Konzern steht auf Platz 30 der internationalen Fortune Top, nicht wahr?«
    Merriwether nickte. »Ich habe eine Reihe von Stahlwerken der sterbenden Schwerindustrie in eine multinationale Kapitalgesellschaft mit Aktiva in Milliardenhöhe verwandelt, Mr. O’Hanrahan. Und das bringt uns zu Chester IV.« Merriwether lehnte sich zurück, betrachtete verdrießlich seine rechte Hand und nahm geistesabwesend eine silberne Nagelfeile aus der Innentasche seines Anzugs.
    »Der Sohn Ihres Bruders?« »Nein. Mein Sohn.« Ohne ein Gefühl zu zeigen oder den Tonfall zu ändern, sprach Merriwether ruhig weiter: »Sie haben Ihren Sohn verloren, Dr.
    O’Hanrahan, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und Ihre Frau?«
    »Ja.«
    »Ich will Ihren Kummer nicht herunterspielen, mein Freund, aber einen solchen Verlust kann man auch auf andere Art erleiden als durch den Tod.
    Meine Frau hat sich bei der Scheidung Millionen unter den Nagel gerissen – es wären Milliarden gewesen, aber ich habe meinen Rechtsanwälten ein Vermögen gezahlt, ein Vermögen, das ich lieber in den Müll geworfen hätte, als zuzulassen, daß sie es bekommt. Und mein Sohn ist für mich verloren. Chester.«
    O’Hanrahan war so mutig, eine Frage zu riskieren: »Will er nicht in Ihre Fußstapfen treten?«
    Merriwether legte die Nagelfeile nieder und faltete die Hände auf dem Bauch. »Er ist im Aufsichtsrat. Die letzten vierzig Jahre über habe ich mir einzureden versucht, daß mein einziges Kind kein Idiot sei; ich habe ihm den Weg geebnet, ihm die besten Ratgeber angeheuert; ich habe ihn auf die besten Schulen geschickt und die besten Leute bestochen, damit der die Abschlüsse bestand … aber wozu war es nütze? Sein erstes Treuhandvermögen, das größte, hat er bei der ersten Scheidung verloren. Dieser männermordenden Debütantin folgte eine brasilianische Tänzerin, nein, kein Witz – und auch sie hat sich mit einem Batzen Geld davongemacht. Seine dritte Frau war eine Drogensüchtige aus den oberen Zehntausend, seine Kinder, meine Enkel, wandern von einer psychiatrischen Klinik in die andere. Vor zwei Wochen hat sein ältester Sohn einen verpfuschten Selbstmordversuch gemacht und sich den halben Kopf weggeschossen … Noch mehr Geld hat die Hände gewechselt, um diesen Leckerbissen über Jung-Charles aus den Boulevardshows im Fernsehen und den Skandalme dien der gesamten Nation herauszuhalten.«
    Der Enkel, der nach ihm benannt ist, dachte O’Hanrahan grimmig. Ihm fiel nichts ein, was er hätte sagen können.
    »Der Aufsichtsrat wird höflich warten, bis ich in den Ruhestand gehe, und dann diesen Trottel von einem Sohn hinauswerfen. Die einst stolzen Merriwether Industries werden keine Merriwethers mehr haben.«
    »Sie könnten beschließen, nicht in den Ruhestand zu gehen«, sagte O’Hanrahan, der sich wieder schwächer fühlte. »Wie Paley und Getty, einfach weitermachen.«
    »Ich befasse mich mit Tatsachen, Mr. O’Hanrahan. Wenn ich nicht zum vereinbarten Zeitpunkt abtrete, werden meine Aufsichtsratsmitglieder mich ihrerseits absetzen – darüber mache ich mir keine Illusionen.
    Obwohl ich die Saat zu meiner Wiedergeburt schon ausgebracht habe.«
    O’Hanrahan nahm seine Kräfte zusammen, um seinen Besucher herauszufordern. »Es fällt mir schwer zu glauben, daß Sie sich nur mit Tatsachen befassen, Mr. Merriwether.«
    Merriwether polierte sich den Daumennagel. »Ach. Was veranlasst Sie, das zu sagen?«
    »Weil Sie mit einem Verrückten, der das Leben in der Entrückung im Fernsehen übertragen will, unter einer Decke stecken. Und mit einem CIA-Schurken, der versucht, Armageddon herbeizuführen; und Ihr persönlicher Handlanger vor Ort ist ein

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