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Der dritte Berg

Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.F. Dam
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was Soma war. Denen ging es im Mittelalter um die Katalogisierung von Krankheiten, um die drei Körpersäfte und die acht Substanzen, aus denen wir bestehen. Irgendwie doch recht langweilig, insbesondere, wenn man tausend Jahre zuvor noch Soma hatte. Selbst wenns dann doch nur ’ne abgefahrene Droge gewesen sein sollte.«
    Sophias Augen glänzen. Es ist nicht nur der Alkohol. Sie zeigt unerwartete Souveränität, und sie rückt näher an mich heran. Schmithausen applaudiert ihr gemessen.
    »Details?«, sage ich.
    »Leider weiß ich gar nix«, flötet Sophia so nah an meinem Ohr, dass sie es dabei mit den Lippen berührt. »Das sind wissenschaftliche Geheimnisse, mein Lieber. Ge-heim-nisse.« Und lauter dann: »Und jetzt fragt mich bitte überhaupt keiner, woher Christian seine verdammten Hinweise hat, wo sie stehen und was er damit alles anstellen will. Seit Jahr und Tag macht er dicht, wenn man ihn auf dieses Thema anspricht. Jawoll, mîne Herren.« Sophia nickt heftig, ihr Kinn stößt dabei fast auf ihr Brustbein; dann lässt sie ihren Kopf auf meine Schulter fallen.
    »Wie ich schon einmal sagte, Sophia, Sie haben hier schlecht gewählt.« Das gibt Schmithausen so zweideutig und trocken von sich, dass man denken könnte, er sei eifersüchtig. Doch wäre in diesem Fall nicht zu erkennen, auf wen. Christian. Mich.
    Alles, was ich nun mache (ich bin etwas ins Nachdenken gekommen), ist, vier Dinge nebeneinanderzustellen. Das Ergebnis ist nichts weniger als verrückt. Bestenfalls ist es abenteuerlich. Aber habe ich es hier nicht mit Verrückten zu tun? Und Sophia, sie auch? Und wird wahre Wissenschaft denn nicht vor allem von wahnsinnigen Genies gemacht?
    Das sind die vier Punkte auf meiner famosen Liste:
    das letzte Ding (in Edgar Whininghams Theorie vom letzten Ding und vom letzten Ort , von der mein Vater sprach)
    Soma
    der Quell des Lebens
    Maettgens Vortrag über Unsterblichkeit

    Tja, jetzt fülle ich mein Glas mit der goldenen Flüssigkeit aus der dritten Flasche Merlot, die hiermit leer ist. Sophia lehnt inzwischen ganz an mir. Man könnte die Meinung vertreten, sie sei richtig betrunken. Schmithausen lächelt ihr sonderbar zu. Ich reagiere in keiner Weise auf Sophia.
    Dann überlege ich einen nächsten, letzten Satz.
    »Der Quell des Lebens?«, sage ich. Es hört sich an, als spräche ich einfach über Soma. Es ist ein Köder, oder ein Vorwurf, was dasselbe sein könnte.
    Schmithausen blickt mich verdutzt an und erinnert sich an seine Notiz. Und er sieht, dass ich keine Ahnung habe, wovon ich spreche.
    »Ach, bloß eine Legende, aus der Antike«, erklärt er. »Ein winziger Scherz.«
    »Wo hast’n das denn her?«, sagt Sophia, deren Stimme frivol zwitschert.
    »Sagen wir, man hat es mir offenbart«, erkläre ich mit unüberhörbarem Spott; Sophia gibt sich mit dieser Antwort tatsächlich zufrieden.
    »Mysterien«, sagt Schmithausen ungerührt, »Mysterien. Dort spielt die große Musik.« Dann schaut Schmithausen etwas verschämt drein. Verwenden doch Wissenschaftler im Allgemeinen nicht gerne das M-Wort.
    »Ja, Schmithausen …«, sagt Sophia, die Schmithausen bloß immer Schmithausen nennt, und wirft ihren Arm in die Luft. Er landet auf meinem Nacken. Der weiterführende Satz ist ihr in dieser Bewegung abhandengekommen. Doch dafür trippelt dann Sophias Hand durch mein Haar.

    Ein halbe Stunde später habe ich ein Problem am Hals. Sophia hat ihre Arme um meinen Nacken gekeilt, hängt im Fahrstuhl an mir (wir sind nicht allein), treibt einen Oberschenkel in meinen Schritt und haucht bloß immer wieder »wow« in das Ohr, an dem sie saugt. Ich verteile ein entschuldigendes, peinliches Lächeln in die anwesende Gruppe von Chinesen.
    Ich hasse mich aber nachher dafür, Sophia einfach zurückgewiesen zu haben. Selbst als sie im leeren, dunklen Hotelkorridor in meine Hose langte und ihre Brüste entblößte. Selbst als sie sich bereits, ich stand in ihrer offenen Zimmertür, auszog und sich, nur noch im Slip, an mich warf. Ihr Körper ist biegsamer als Maggies und nicht ungern hätte ich den Rest der Nacht mit Sophia verbracht. Aber ich wollte Strafe, Strafe. Selbst als sie sagte: »Ist es diese anhimmelnde Fotze von der Rezeption? Das mit Christian, versteh doch, es ist nichts weiter, ich bin manchmal bloß einsam.«
    Ich denke (und es dient mir als Rechtfertigung), Sophia will mich vögeln, bloß damit ich Schmithausen nicht bei seinem nächtlichen Stelldichein über den Weg laufe.

II
    In dieser Stunde vor

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