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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie in der Umlaufbahn des Mars entdeckt hatten: Das Zonenschiff.  Eine unheimliche Bezeichnung, fand Charity. Sie wußte nicht, was sie bedeutete, ja, nicht einmal, ob es wirklich die richtige Bezeichnung war, oder ob Gurk sich diesen Namen vielleicht in genau dem Augenblick ausgedacht hatte, als sie das Objekt zum erstenmal gesehen hatte. Aber gleich wie – Charity fand diesen Namen passend. Er erweckte Bilder von Dunkelheit in ihrem Inneren, von unendlicher Leere und Öden, lebensfeindlichen Welten. Gedanken an düstere, verbotene Dinge und Bereiche des Weltalls, in denen nichts Lebendiges Bestand haben konnte.  Der Tod, hatte Gurk gesagt. Unser aller Tod. Natürlich kannte Charity die Vorliebe des Zwerges für dramatische Auftritte und geheimnisvolle Andeutungen. Gurk liebte es, sich zu produzieren, vor allem in den unpassendsten Augenblicken. Aber die Angst, die sie in seinen Augen gesehen hatte, war echt gewesen. »Unheimlich, nicht?« Sie hatte nicht einmal bemerkt, daß Skudder zurückgekommen war, aber er stand jetzt hinter ihr und blickte stirnrunzelnd auf die Bilder, die vor Charity auf der Tischplatte lagen. Skudder hatte die Aufnahmen mindestens ebensooft gesehen wie sie, aber ganz offensichtlich konnte auch er sich ihrer beunruhigenden Wirkung noch immer nicht entziehen. Das konnte niemand. Einem Impuls folgend, wollte Charity die Hand heben und die Bilder herumdrehen, um dem beunruhigenden Anblick des Objekts darauf zu entgehen, aber dann begriff sie, wie diese Geste auf Skudder wirken mußte. Statt dem albernen Impuls nachzugeben, nickte sie nur und sagte: »Ja. Ich frage mich, was es ist. Ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen.« »Das hat niemand«, sagte Skudder achselzuckend, drehte sich herum und trat an die Anrichte, um zwei Tassen herauszunehmen. »Gurk offenbar schon«, widersprach Charity. Skudder machte ein abfälliges Geräusch. »Du solltest nicht alles glauben, was dieser Zwerg erzählt«, sagte er. Charity sah ihn scharf an. »Hat Drasko dich mit seinem Mißtrauen schon angesteckt?« »Nein«, antwortete Skudder. Er stellte zwei Tassen mit dampfend heißem Kaffee auf den Tisch und zog sich einen Stuhl heran. »Ich sage ja nicht, daß Gurk lügt. Aber du weißt, wie sehr er es liebt, Spielchen zu spielen.« »Das war kein Spiel. Hast du in seine Augen gesehen? Es war halb verrückt vor Angst, als er dieses… Ding gesehen hat.« Charity stieß heftig mit dem Zeigefinger auf eines der Fotos hinunter, aber sie wagte es nicht einmal, die Fotografie des Zonenschiffes zu berühren, sondern tippte nur auf die schwarze Fläche des Weltraums dahinter. »Warum hat er uns dann nicht gesagt, was er weiß?« Skudder schüttelte heftig den Kopf. »Wenn er wirklich auf unserer Seite steht, dann sollte er uns verdammt noch mal sagen, was er weiß!« »Vielleicht hatte er gute Gründe, es nicht zu tun.« Es fiel Skudder offenbar immer schwerer, sich zu beherrschen. Er antwortete nicht sofort, sondern griff nach seiner Kaffeetasse und trank einen langen Schluck, aber Charity sah, wie die Sehnen auf seinem Handrücken sichtbar hervortraten, und wie seine Augen sich vor Zorn verdüsterten. »Schade, daß er keine Gelegenheit mehr hatte, uns seine guten Gründe zu erläutern«, meinte er schließlich. Er gab sich keine Mühe, seine Stimme irgendwie anders als höhnisch klingen zu lassen. »Was willst du damit sagen?« fragte Charity scharf. »Nichts«, antwortete Skudder. »Nur keine Sorge. Ich werde nicht an der Loyalität deines Freundes zu zweifeln wagen.« »Jetzt klingst du wirklich wie Drasko«, antwortete Charity. »Aber weißt du – der Zyniker steht dir nicht.« Mit einer zornigen Bewegung stand sie auf und wandte sich zur Tür, doch Skudder griff blitzschnell zu und hielt sie am Handgelenk fest. »Was soll das?« fragte er. »Wo willst du hin?« Charity riß sich los. »Raus«, antwortete sie. »Ich gehe spazieren. Allein!« Und damit fuhr sie herum, stürmte aus dem Zimmer und war wenige Augenblicke später aus dem Haus. 

Kapitel 8 
    Dunkelheit und Kälte umfingen sie, doch weder das eine noch das andere war so intensiv, wie sie es erwartet hatte. Trotz der frühen Stunde herrschte auf der Basis bereits rege Betriebsamkeit. Die meisten Gebäude waren erleuchtet, überall wurde gearbeitet, repariert, erneuert. Charity nahm in diesem Moment jedoch kaum etwas davon zur Kenntnis, sondern eilte mit raschen Schritten quer über das Landefeld auf den Hangar zu, in dem

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