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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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fliegen­de Untertassen oder Funkgeräte. Deshalb könnte man erwarten, daß viele Arten im Verlauf konvergierender Evolution unabhängig voneinander die Specht-Nische besetzten. Sie bietet zuverlässige Futterbestände in Form von Insekten, die unter der Baumrinde oder im Stamm leben, und Saft. Da Baumstämme das ganze Jahr über Insekten und Saft enthalten, bleiben den Besetzern der Specht-Nische saisonale Wanderungen erspart.
    Der zweite Vorteil der Specht-Nische ist ihre erstklas­sige Eignung zum Nestbau. Eine Bruthöhle in einem Baum bedeutet eine stabile Umwelt mit relativ konstan­ter Temperatur und Luftfeuchtigkeit, Schutz vor Wind, Regen, Austrocknung und Temperaturschwankungen und ein Versteck vor natürlichen Feinden. Andere Vo­gelarten sind zwar in der Lage, abgestorbene Bäume aus­zuhöhlen, eine geringere Leistung, aber natürlich gibt es viel weniger tote als lebende Bäume.
    All das bedeutet, daß, wenn wir schon auf eine kon­vergierende Evolution der Funkkommunikation set­zen, wir gewiß mit einer konvergierenden Evolution des Spechttums rechnen können. Kein Wunder, daß Spechte sehr erfolgreiche Vögel sind. Es gibt fast 200 Arten, von denen viele eine weite Verbreitung haben. Ihre Größe reicht vom Spatzen- bis zum Krähenformat. Mit weni­gen Ausnahmen, auf die ich noch eingehen werde, kom­men sie fast überall auf der Welt vor.
    Wie schwer mag es sein, durch Evolution zum Specht zu werden? Zwei Gedanken legen die Antwort nahe: »Nicht sehr schwer.« Spechte sind keine extrem beson­dere, alte Artengruppe ohne enge Verwandte, wie etwa eierlegende Säugetiere. Vielmehr stimmen Ornitholo­gen seit langem darin überein, daß die nächsten Ver­wandten der Spechte die afrikanischen Honiganzeiger, die Tukane und Bartvögel der tropischen Alten Welt sind, denen die Spechte ziemlich stark ähneln, sieht man von den Anpassungen für ihre spezielle Lebens­weise ab. Spechte besitzen eine Vielzahl solcher Anpas­sungen, von denen aber keine so außergewöhnlich ist wie der Bau von Funkgeräten, und alle sind leicht als Erweiterungen von Anpassungen erkennbar, die auch andere Vögel besitzen. Sie lassen sich in vier Gruppen einteilen.
    Die erste Gruppe von Anpassungen ist am auffallend­sten und dient dem Bohren von Löchern in Holz. Dazu zählen der kräftige, gerade, meißeiförmige Schnabel mit harter, horniger Spitze, Federn zum Schutz der Nasen­löcher vor eindringendem Sägemehl, ein dicker Schädel, eine kräftige Kopf- und Nackenmuskulatur, eine brei­te Schnabelbasis und ein Gelenk zwischen ihr und der Schädelvorderseite, um die Erschütterungen beim Hacken zu verteilen, und möglicherweise eine Gehirn-/Schä-delkonstruktion wie bei einem Fahrradhelm, um das Gehirn vor Erschütterungen zu schützen. Diese Merk­male lassen sich viel leichter zu Merkmalen anderer Vo­gelarten zurückverfolgen als Funkgeräte auf primitive Vorläufer bei den Schimpansen. Viele andere Vögel, zum Beispiel Papageien, hacken oder beißen Löcher in totes Holz. Manche Bartvögel bringen sogar Höhlen in leben­dem Holz zustande, sind dabei allerdings viel langsa­mer und ungeschickter als Spechte und hacken von der Seite statt von vorn. Innerhalb der Spechtfamilie gibt es große Unterschiede im Hackvermögen – manche Arten können überhaupt keine Höhlen bohren, viele sind auf weichere Holzsorten spezialisiert und manche eben auf Hartholz.
    Eine zweite Gruppe von Anpassungen erlaubt es dem Specht, an Bäumen mühelos auf- und abwärts zu klet­tern. Dazu zählen die steifen Schwanzfedern als Stütz­vorrichtung, starke Muskeln zur Kontrolle des Schwan­zes, kurze Beine, lange Zehen mit stark gekrümmten Krallen und eine Mauserung des Schwanzgefieders, bei der das zum Abstützen unentbehrliche Paar Schwanz­federn erst ganz zuletzt abgeworfen wird. Die Evolution dieser Anpassungen läßt sich noch leichter zurückver­folgen als die Anpassungen an das Bohren von Löchern in Stämmen. Selbst von den Angehörigen der Spechtfa­milie besitzen nicht alle steife Schwanzfedern zum Ab­stützen. Viele Arten, die nicht zu den Spechten zählen, zum Beispiel Baumläufer und Zwergpapageien, haben andererseits steife Schwanzfedern, mit denen sie sich auf der Rinde Halt verschaffen.
    Die dritte Anpassung ist die extrem lange, weit vor­streckbare Zunge, die bei manchen Spechtarten der des Menschen in der Länge nicht nachsteht. Ist ein Specht an einer Stelle in das Tunnelsystem holzbewohnender Insekten eingedrungen, kann

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