Der dritte Schimpanse
Wäre der Bau von Funkgeräten mit dem Spechttum vergleichbar, so hätten wohl manche Arten bestimmte Funkelemente entwickelt, obgleich nur einer Art die Entwicklung des gesamten Bündels gelang. Beispielsweise hätten wir dann womöglich entdeckt, daß Truthähne Sender bauen, aber keine Empfänger, während Känguruhs das Umgekehrte tun. Fossilien würden uns vielleicht zeigen, daß Dutzende inzwischen ausgestorbener Tierarten über die letzte halbe Milliarde Jahre mit Metallurgie und immer komplexeren elektronischen Schaltkreisen experimentierten, mit dem Ergebnis, daß elektrische Toaster im Trias, batteriebetriebene Rattenfallen im Oligozän und schließ-lich Funkgeräte im Holozän auftauchten. Womöglich fänden wir fossile 5-Watt-Sender, gebaut von Trilobiten, 200-Watt-Sender zwischen den Knochen der letzten Dinosaurier und 500-Watt-Sender von Säbelzahntigern, bis schließlich der Mensch kam und die Sendeleistung so weit steigerte, daß er der erste wurde, der auch ins Weltall senden kann.
Doch nichts von alledem geschah. Weder Fossilien noch lebende Tiere – nicht einmal unsere nächsten Verwandten, die gewöhnlichen und die Zwergschimpan sen – besaßen auch nur so etwas wie entfernte Vorläufer von Funkgeräten. Aufschlußreich sind auch die Erfahrungen der Menschheit selbst. Weder Australopithecinae noch der frühe Homo sapiens entwickelten Funkgeräte. Bis vor 150 Jahren hatte der moderne Homo sapiens noch nicht einmal die Ideen gehabt, die schließlich zum Bau von Funkgeräten führten. Die ersten praktischen Experimente fanden erst um 1888 statt, und seit Marconi den ersten Sender mit weniger als zwei Kilometern Reichweite baute, sind noch keine 100 Jahre vergangen. Auch heute senden wir noch keine Signale zu anderen Sternen, wenngleich das Arecibo-Experiment von 1974 ein erster dahingehender Versuch war.
Ich erwähnte an früherer Stelle in diesem Kapitel, daß die Existenz von Funkgeräten auf dem einzigen uns bekannten Planeten zunächst nahezulegen schien, daß es sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf anderen Planeten geben muß. Bei genauerer Betrachtung belegt die Geschichte der Erde jedoch das genaue Gegenteil : Die Wahrscheinlichkeit für eine Evolution des Funks war verschwindend gering. Nur eine der Milliarden Arten auf der Erde zeigte überhaupt eine entsprechende Neigung, und auch das erst im letzten Siebzigtausendstel ihrer sieben Millionen Jahre langen Geschichte. Wäre ein Besucher aus dem All im Jahre 1800 n. Chr. zur Erde gekommen, so hätte er die Aussichten für die Entwicklung des Funks auf diesem Planeten sicher gleich Null geschätzt.
Sie mögen einwenden, daß ich bei der Suche nach frühen Vorläufern des Funks zu strenge Maßstäbe anlege und lieber Ausschau nach den beiden Eigenschaften halten sollte, die als Voraussetzung notwendig sind : Intelligenz und handwerkliches Geschick. Aber auch da ist die Situation nicht ermutigender. Aufgrund der jüngsten evolutionsgeschichtlichen Erfahrungen unserer eigenen Spezies sind wir so arrogant anzunehmen, daß Intelligenz und Geschicklichkeit der beste Weg zur Beherrschung der Welt seien und ihre Entwicklung zwangsläufig erfolge. Denken Sie ruhig noch einmal über den Satz aus der Encyclopaedia Britannica nach : »Es ist kaum denkbar, daß auf anderen Planeten Leben entstanden sein soll, ohne sich in Richtung höherer Intelligenz zu entwickeln.« Die Geschichte der Erde belegt nämlich genau den umgekehrten Schluß. Nur eine verschwindend kleine Zahl von Tierarten scherte sich auf unserem Planeten um Intelligenz oder Geschicklichkeit. Kein Tier besitzt auch nur von einer dieser beiden Eigenschaften annähernd so viel wie wir ; jenen Arten, die wenigstens von einer Eigenschaft ein wenig abbekamen (kluge Delphine, geschickte Spinnen), fehlt es an der anderen gänzlich ; und die einzigen Arten außer uns, die von beiden Eigenschaften ein gewisses Maß erwarben (gewöhnliche und Zwergschimpansen), waren nicht gerade erfolgreich im Daseinskampf. Wirklichen Erfolg hatten dagegen dumme, ungeschickte Ratten und Käfer, die bessere Weg zu ihrer gegenwärtigen Vorherrschaft fanden.
Bleibt noch die letzte Variable der Green Bank-Formel zur Berechnung der Anzahl von Zivilisationen im Universum, die zu interstellarer Funkkommunikation in der Lage sind : die Lebensdauer solcher Zivilisationen. Intelligenz und Geschicklichkeit, für den Bau von Funkgeräten
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